Die SPD sagt Chaoten-Randale bei Fußballspielen den Kampf an. „Der Trend zu immer mehr Gewaltdelikten und einer immer größer werdenden personellen Belastung für die Polizei muss gestoppt werden“, sagte Fraktionsvize Sascha Binder. Er hat einen Zehn-Punkte-Plan für mehr Sicherheit in den Stadien vorgelegt. Darunter befindet sich auch die Absicht, eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Gebühren bei den Veranstaltern von Hochrisikospielen für zusätzlichen Polizeieinsatz zu schaffen.

Seit den Ausschreitungen beim Fußballspiel des VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 9. April 2017 ist die Gewalt bei Fußballspielen wieder stärker in den Mittelpunkt der
öffentlichen Diskussionen geraten. Der massive Einsatz von Pyrotechnik, Gewalt gegen Personen und Sachbeschädigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln mit Kosten im
sechsstelligen Bereich haben ein verheerendes Bild abgegeben. Beim Hochrisikospiel des VfB Stuttgart gegen den Karlsruher KSC waren über 1100 baden-württembergische
Polizisten im Einsatz, hinzu kamen Polizisten der Bundespolizei im dreistelligen Bereich.

Insgesamt waren in der Vorrunde der Saison 2016/2017 in den Spielen der ersten fünf Ligen in Baden-Württemberg rund 6 Prozent mehr Polizisten (durchschnittlich 81 Polizisten
pro Spiel) erforderlich als im Vorjahr, es wurden 78.000 Einsatzstunden geleistet, Strafanzeigen und Gewaltdelikte haben zugenommen.
Diese Entwicklung muss gestoppt werden, um die Sicherheit für Spieler, Fans, Polizei und Ordner vor, während und nach Fußballspielen zu erhöhen. Fußball muss ein freudiges
Erlebnis für die gesamte Familie bleiben. Deshalb treten wir der Verharmlosung von Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten beim Fußball entschieden entgegen. Das
Abbrennen von Pyrotechnik ist strafbar und muss mit aller Konsequenz verfolgt werden. Wir erkennen an, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den Vereinen
grundsätzlich gut funktioniert. Allerdings fordern wir eine konsequentere Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen. Dies gilt auch im Hinblick auf den angesetzten Sicherheitsgipfel
der Landesregierung. Wir halten es für zwingend notwendig, dass dort verbindliche Maßnahmen vereinbart werden, denen eine hohe Verbindlichkeit zukommt
und deren Umsetzung konsequent und laufend überprüft wird.

Unsere Forderungen:

1. Partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Polizei, Fanbetreuern und Fans Weder kann es allein der Polizei überlassen werden, Gewalt zu verhindern noch kann es den Vereinen und Fanprojekten allein obliegen, Gewalt zu beheben. Diese Aufgabe muss in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit bearbeitet werden. Fanprojekte können vor Ort dafür sorgen mit präventiver und sozialpädagogischer Arbeit insbesondere mit jungen Fußballfans Gewalt vorzubeugen. Sollte es dennoch zu Gewalt kommen müssen Polizei, Fanprojekte und Fans bzw. Fanbetreuer diese Ausschreitungen gemeinsam aufklären.

2. Frühzeitige Verhinderung des Stadionbesuchs von gewaltbereiten Personen
Gewaltbekannte Personen müssen möglichst frühzeitig gestoppt werden. Bei Personen mit Stadionverbot, polizeibekannten Störern und Gewalttätern ist zu prüfen, welche polizeirechtlichen Maßnahmen in Betracht kommen und diese sind dann konsequent anzuwenden. Den oben genannten Personengruppen sind Meldeauflage während der Spieltage am Wohnort aufzuerlegen, um Stadionbesuche zu verhindern. Hierzu wollen wir die Meldeauflage als Standardmaßnahme in das Polizeigesetz aufnehmen.

3. Stärkere Überwachung der Anreise
Die Anreise z.B. in Sonderzügen muss stärker überwacht und kontrolliert werden, um Störer und Gewalttäter bereits im Vorfeld zu identifizieren und zu verhindern, dass diese ins Stadion bzw. in die Nähe des Stadions gelangen. Wer schon bei der Anreise durch Gewalttätigkeiten auffällt, darf nicht ins Stadion kommen. Die erforderliche Identifizierung der tatverdächtigen Personen im konkreten Fall muss im Zweifel durch die mitfahrenden Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei erfolgen, die den Fußballvereinen
dann ein Stadionverbot empfehlen kann.

4. Konsequente privatrechtliche Stadionverbote für polizeibekannte Störer und Gewalttäter
Die Vereine bzw. DFB/DFL müssen konsequent Sanktionen gegen Randalierer im Rahmen
von Fußballspielen verhängen. Die Vereine dürfen auch vor langen und bundesweiten Stadionverboten nicht zurückschrecken. Die Scheu einzelner Vereine ist nicht angebracht. Sollten sich die Vereine nicht in der Lage sehen, Stadionverbote zu verhängen, müssen das DFL/DFB übernehmen.

5. Schnellverfahren bei Hochrisikospielen
Bei Hochrisikospielen müssen grundsätzlich Staatsanwälte vor Ort im Fußballstadion sein und eine ausreichende Anzahl von Ermittlungsrichtern Bereitschaftsdienst haben. Dadurch sollen Ausschreitungen konsequent begegnet werden können. Mithilfe von Videoaufnahmen können Gewalttäter identifiziert werden und der Staatsanwalt kann die betroffenen Personen festnehmen lassen und zügig Ermittlungen einleiten.

6. Vorausschauende Spieltagsplanung
Es muss Ziel sein, die Abstimmung zwischen Vereinen, DFB/DFL und Polizei bei der Spieltagsplanung weiter zu verbessern. Terminverschiebungen müssen möglich sein, wenn es sich abzeichnet, dass die Polizei am Spieltag z.B. durch weitere Veranstaltungen besonders gefordert ist. Hochrisikospiele sollten nicht am Abend stattfinden. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung muss immer Vorrang vor finanziellen Aspekten und Fernsehrechten haben.

7. Qualifizierung von Ordnern verbessern, Kontrolle stärken
Vor allem bei Hochrisikospielen wird neben dem vereinseigenen Sicherheitsdienst oftmals auch ein externer, privater Sicherheitsdienst eingesetzt. Dies birgt die Gefahr, dass die eingesetzten Personen nicht ausreichend geschult sind, insbesondere im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen zur Gewährleistung von Sicherheit bei Fußballspielen. Wir fordern von DFB/DFL die Einführung eines Zertifizierungsverfahrens für private Sicherheitsunternehmen. Dies soll sicherstellen, dass nur noch Kräfte von privaten Sicherheitsunternehmen in den Stadien eingesetzt werden, wenn diese Unternehmen zertifiziert sind. Die eingesetzten Ordner müssen eine ausreichende Qualifikation Maßnahmenkatalog zur Erhöhung der Sicherheit bei Fußballspielen 4
besitzen, die auch den fußballspezifischen Anforderungen gerecht wird. Je besser die Sicherheitskräfte geschult sind, umso reibungsloser gestaltet sich der Ablauf. Die Schulung muss auch den Umgang mit gewalttätigen Personen und Maßnahmen der Gewaltprävention umfassen.

8. Steuerung über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Vereine müssen als Steuerungsinstrument beim Erwerb von Tickets bzw. Fahrkarten genutzt werden. Darüber können bereits im Vorfeld von Spielen verbindliche Regelungen aufgestellt werden. Die Ticket-AGB der baden-württembergischen Fußballvereine sind auf Verbotstatbestände insbesondere hinsichtlich Vermummung und Mit-sich-führen von Gegenständen, die sich für eine Vermummung eignen zu überprüfen und im Lichte der Ausschreitungen der vergangen Monate bei Bedarf zu verschärfen.

9. Personalisierte Auswärtstickets
Sollte die Gewalt in Stadien weiterhin anhalten, ist auch über personalisierte Auswärtstickets nachzudenken. Die namentliche Ausstellung von Auswärtstickets ist eine ernstzunehmende Möglichkeit, um bekannte Gewalttäter und Störer von einem Stadionbesuch abzuhalten und so Gewalttaten in Stadien zu verhindern.

10. Kostenübernahme bei Fußballspielen durch DFL/Vereine
Bei Fußballspielen, besteht auch im Vergleich zu anderen kommerziellen Veranstaltungen, eine erhöhte Gefahr für Gewalttätigkeiten. Insbesondere bei Hochrisikospielen übersteigen die notwendigen Polizeikräfte den üblicherweise sonst erforderlichen polizeilichen Grundschutz. Dies führt dazu, dass die Arbeit der Polizei durch Fußballspiele besonders belastet wird. Vor diesem Hintergrund wird seit Jahren die Frage diskutiert, ob Veranstalter von Fußballspielen (DFB/DFL, Vereine) an den Kosten beteiligt werden sollen, die über das normale Maß anfallen. In Baden-Württemberg gab es von 1968 bis 1991 eine Regelung im Polizeigesetz zum Polizeikostenersatz. Die SPD-Landtagsfraktion spricht sich für das Schaffen einer gebührenrechtlichen Ermächtigungsgrundlage aus. Ersatzpflichtig sollen bei kommerziellen Großveranstaltungen die Sicherheitsmaßnahmen sein, die über das normale Maß an Polizeieinsätzen hinausgehen. Dies betrifft dann in der Praxis vor allem Hochrisikospiele. Die gebührenpflichtigen Maßnahmen und die Höhe der Gebühren sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Die Auswirkungen der gebührenrechtlichen Regelung sollen nach drei Jahren evaluiert werden. Sollte der Personalaufwand der Polizei infolge der gebührenrechtlichen Regelung zurückgegangen sein, wird die Rechtsgrundlage aufgehoben.

Ansprechpartner

Melbeck Fraktion
Malin Melbeck
Parlamentarische Beraterin für politische Planung und Strategie, Parlamentsrecht, Stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin