Redemanuskript Reinhold Gall
Zweite Beratung Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2018/2019

Einzelplan 02: Landtag

am 14. Dezember 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen sie mich zu Beginn ein paar trockene Zahlen vorwegschicken:

Der aktuelle Staatshaushaltsentwurf für die Jahre 2018/2019 enthält Posten und Titel mit einem Gesamtvolumen von knapp 49,8 Mrd. EUR (Plan 2018: 49.802.525.300 Euro, 2019: 51.092.393.000 Euro).

Davon verhandeln wir im Einzelplan 01 nicht nur die gesetzgebende Gewalt, den Landtag, sondern auch weitere Institutionen, wie

Kapitel 0103 Den Landesbeauftragten für den Datenschutz

Kapitel 0104 Die Landeszentrale für politische Bildung

Kapitel 0105 Den Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg

Der Landtag schlägt dabei mit 88,55 Mio. in 2018 und 2019 mit 86,93 Mio., also weniger als 0,2 Prozent des Gesamthaushalts zu Buche. Weniger als 0,2 Prozent! Umgerechnet auf die Einwohnerzahl unseres Landes sind das Kosten von rund 8,50 Euro pro Einwohner. Das heißt, wir sind damit deutlich günstiger als der Bundesschnitt, der immerhin rund 13 Euro beträgt. Jede/r Abgeordnete kostet den einzelnen Bürger/die einzelne Bürgerin damit rund 6 Cent in Jahr. Das sind 6 Cent für das Herzstück unserer Demokratie auf Landesebene.

Und dabei enthält diese Summe die Kosten für die 239 Personalstellen (2018: 136 Beamte und 103 Angestellte, 2019: -1), die unseren Betrieb hier ermöglichen: vom stenografischen Dienst über die Haustechnik, bis zum parlamentarischen Beratungsdienst. Inklusive aller Abgeordnetenbezüge und der Altersversorgung. Und nicht zu vergessen dem neuen Bürger- und Medienzentrum des Landtags.

Was effizienten Einsatz der Haushaltsmittel, die unseren Bereich betreffen, haben wir uns folglich nichts vorzuwerfen.

Dies gilt gleichermaßen für den Landesbeauftragten für Datenschutz, den wir in einem fraktionsübergreifenden Antrag zur oberen Landesbehörde aufwerten, und insgesamt besser ausstatten, um dem erhöhten Beratungsbedarf – auch dem der Regierung! – gerecht zu werden. Und dies gilt für die Landeszentrale für politische Bildung, die die AfD ja faktisch abschaffen möchte.

Abstriche machen wir beim Bürgerbeauftragten des Landes, der seine Berechtigung noch unter Beweis stellen muss, denn sie wissen, dass er eingerichtet wurde, weil es seitens der Grünen ein Grundmisstrauen gegenüber der Polizei gab. Deshalb wäre es an der Zeit, dass hier in Kürze ein Tätigkeitsbericht vorgelegt wird.

Neben der Betrachtung des Zahlenwerks möchte ich die Gelegenheit nutzen etwas grundsätzlicher zu werden…

Dem Parlament kommt in unserer parlamentarischen Demokratie nicht nur das Privileg zu Gesetze zu erlassen, sondern es kommt ihm auch die Rolle zu die Regierung zu kontrollieren.

Dieser Kontrollauftrag gilt jedoch nicht nur für uns als Opposition, sondern ebenso für die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Und deshalb ist es bedauerlich, dass die Regierungsfraktionen sich und das Parlament ausschließlich zum verlängerten Arm der Regierung machen, eigene Meinungsbildung unterlassen und nicht gestaltend in die politische Debatte und in den Gesetzgebungsprozess eingreifen und damit die Regierung der politischen Kontrolle des Parlaments ein stückweit entziehen.

Um ihre widerstreitenden Interessen zusammen zu halten, haben sich die Regierungsfraktionen im Landtag ein straffes Korsett angelegt bzw. anlegen lassen. „Gebändigt“ oder doch eher an der Nase herum geführt, will man da Fragen. Bei keiner anderen Regierung eines Landes ist dies so offensichtlich wie in dieser. Das, so möchte ich sagen, ist weder im Sinne unserer Verfassung, noch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.

Demokratie lebt von der Diskussion und dieses Privileg lassen wir uns auf Landesebene 6 Cent im Jahr pro Bürger und Abgeordneten kosten. Das ist kein zu hoher Betrag! Trotzdem einer den wir mit unserer Arbeit auch rechtfertigen müssen. Das gilt auch für die Regierungsfraktionen!

Hinzukommt, dass sie kategorisch jeden Oppositionsantrag ablehnen, selbst in den Ausschüssen kaum diskussionsbereit sind, dass Kabinettsunterlagen zuerst in der Zeitung zu lesen sind und das Erstverwertungsrecht missachtet wird.

Gerade zu peinlich wird zunehmend die geübte Praxis, den Regierungsfraktionen „Spielgeld“ zur Verfügung zu stellen. Fest im Haushalt eingeplant, dient es zunehmend als Feigenblatt dafür, Geld zur Verfügung zu stellen für Dinge die in den Ressortgesprächen abgelehnt wurden oder um den Regierungsfraktionen das Gefühl zu geben, dass sie doch am Haushalt mitbestimmen dürfen.

Was echte Haushaltsberatungen anlangt, könnten sie sich an anderen Bundesländern oder am Bundestag ein Beispiel nehmen. Was diesbezüglich in BW praktiziert wird ist meilenweit von echten und ernsthaften Beratungen entfernt.

Zum Abschluss: Als SPD-Fraktion begrüßen wir die Ausweitung der Öffentlichkeitsarbeit des Landtags über den Besucherdienst und das BMZ ausdrücklich und stimmen nicht nur deshalb, aber auch deshalb, diesem Entwurf zum Einzelplan 01 zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

+++Es gilt das gesprochene Wort.+++

Ansprechpartner

Nicolas Fink
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender

Max Yilmazel
Berater für Finanzpolitik, Europa und Internationales