Wolfgang Drexler: Teufel blockiert Bundeshilfen für die Kommunen, kürzt ihnen im Landeshaushalt zugleich massiv die Mittel – und will jetzt auf schäbige Weise auch noch Familien und Normalverdiener abkassieren“

Reinhold Gall: „Weil er mit seinem Haushaltslatein am Ende ist, schmarotzt Teufel bei den Kommunen“

Im Vorfeld wichtiger Haushalts- und Reformentscheidungen auf Landes- und Bundesebene erhebt SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler schwere Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten. Teufel blockiere aus rein parteiegoistischen Gründen alle Bundeshilfen für die Kommunen und kürze zugleich im Landeshaushalt massiv zu Lasten von Städten und Gemeinden. „Mit seiner extrem kommunalfeindlichen Politik hat Erwin Teufel die Städte und Gemeinden im Land in den Würgegriff genommen“, so Drexler. Reflexartig lehne Teufel als angeblich ungerecht grundsätzlich alles ab, was von Berlin z.B. bei der vorgezogenen Steuerreform oder bei der Rentenreform vorgeschlagen werde, um dann umso ungenierter bei den Bürgerinnen und Bürgern im Land und den Kommunen abzukassieren.

Teufels Politik sei aber auch zutiefst familien- und frauenfeindlich, was insbesondere bei Teufels Unterstützung für das so genannte Herzogsche Kopfpauschalen-Modell überdeutlich zum Ausdruck komme. Immer offener lege Erwin Teufel das soziale Mäntelchen ab, mit dem er sich früher gern umgeben habe. Immer unverhüllter erhebe Erwin Teufel politische Forderungen, die einschneidende Konsequenzen insbesondere für Normalverdiener und Familien hätten.

Drexler wörtlich: „Mit Kirchhoff verlangt Teufel weniger Steuern, vor allem für Gutverdiener, mit Herzog aber fordert er mehr Steuern, um die offenkundige familienpolitische Ungerechtigkeit dieses Modells bemänteln zu können.“

Ständig fordere Teufel vom Bund finanzielle Entlastungen für die Bürger, unterstütze selber aber steuerpolitisch mit dem Kirchhoff-Modell, gesundheitspolitisch mit dem Herzog-Modell und kommunalpolitisch bei der Gewerbesteuer nur Vorschläge, die Familien, Normalverdiener und die Kommunen teuer zu stehen kämen.

Lautstark verlange Teufel vom Bund immer noch mehr Geld für den Straßenbau, selber aber kürze er im Landeshaushalt beim Straßenbau 52 Mio. € weg und nehme dann auch noch den Kommunen 53 Mio. € aus der Kfz-Steuer-Verbundmasse, die den Gemeinden nun beim Straßenbau fehlten.

Drexler: „Wenn Erwin Teufel mit dieser heuchlerischen Politik so weitermacht, könnte er bald der erste Politiker sein, der noch zu Lebzeiten scheinheilig gesprochen wird.“

Teufel verweigert den Kommunen bei der Gemeindefinanzreform 420 Mio. € …
Aufgrund der derzeitigen weltwirtschaftlichen Schwächephase sind die Steuereinnahmen in den letzten Jahren weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die Haushaltslage von Bund, Ländern und Gemeinden hat sich dementsprechend in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Dabei ist das Aufkommen aus der stark konjunkturabhängigen Gewerbesteuer überproportional stark zurückgegangen. Noch in den Jahren 1999 und 2000 waren aufgrund der damaligen guten konjunkturellen Lage die Verhältnisse umgekehrt. In diesen Jahren konnten die Gemeinden in Baden-Württemberg erstmals seit vielen Jahren nicht nur auf neue Schulden verzichten, sondern sogar Schulden abbauen. Der Reformvorschlag der Bundesregierung zielt deshalb darauf ab, die besondere Abhängigkeit der kommunalen Finanzen von der jeweiligen aktuellen wirtschaftlichen Situation zu verringern.

Den Städten und Kommunen im Land brächte diese Reform der Gewerbesteuer jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 420 Mio. €. Die Ausweitung der Bemessungsgrundlage und die Absenkung der Gewerbesteuerumlage von 29% auf etwa 21% entsprechen in hohem Maße den Vorstellungen der kommunalen Spitzenverbände im Bund und im Land.

Teufel jedoch halte verbissen daran fest, die Gewerbesteuer ganz abzuschaffen. Die Zeche dafür sollen dann die Bürger bezahlen, die durch einen kommunalen Hebesatz auf die Einkommensteuer belastet werden sollen. Nach dem „Teufel-Döring-Modell“ sinkt der Beitrag der Wirtschaft zu den Gemeindefinanzen von jetzt gut 52% auf ca. 36% ab, während der Anteil der Bürgerinnen und Bürger über die Lohn- und Einkommenssteuer von jetzt knapp 48% auf etwa 64% ansteigt. Drexler: „Eine derart unverschämte Umverteilung von steuerlichen Belastungen lehnen wir entschieden ab.“

Die kommunal- und bürgerfeindliche Haltung der Landesregierung finde selbst in der Bundes-CDU keine Mehrheit. Da die Union bei der Gemeindefinanzreform völlig zerstritten sei, wolle sie diese wichtige Reform nun auf die lange Bank schieben – „zum Schaden unserer Städte und Gemeinden“.

Der frühere Stuttgarter OB Manfred Rommel habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bürger in Großstädten gegenüber denen im „Speckgürtel“ beim „Teufel-Döring-Modell“ finanziell deutlich mehr belastet würden. Zudem werde ein völlig falsches wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisches Signal gesetzt: „Wesentlich ist, dass sich das Interesse der Gemeinden, besonders der Großstädte, von den Unternehmen und Arbeitsplätzen abwendet und auf das Interesse an mehr Einwohnern verlagert wird“ (Rommel in der StZ vom 21.10.2003).

knöpft ihnen im Landeshaushalt gleich noch rund 260 Mio. € ab…
Die extrem kommunalschädliche Haltung der Landesregierung bei der Gemeindefinanzreform wird nach den Worten von Wolfgang Drexler auf verhängnisvolle Weise durch eine nicht minder kommunalfeindliche Haushaltspolitik noch auf die Spitze getrieben. Insgesamt rund 256 Mio. €, also ein Viertel der von der Landesregierung im kommenden Haushalt einzusparenden Milliarde, werde in Wirklichkeit von den Kommunen geholt. Und dies, obwohl die Kommunen wegen des Steuerverbundes mit dem Land von den zurückgehenden Steuereinnahmen ohnehin schon massiv betroffen sind.

Dieser „dreiste Griff in die kommunalen Kassen“ entlarve Teufels immer wieder vorgetragenes Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung als „hohle Phrase“. In Wirklichkeit gehe es dem Regierungschef um „billige Selbstbedienung“, weil ihm die zu einem erheblichen Teil selbstverschuldeten Haushalts- und Finanzprobleme mittlerweile über den Kopf gewachsen seien.

… und setzt selber bei NSI 500 Mio. € in den Sand
Rund eine halbe Milliarde Euro habe der Ministerpräsident allein mit der Einführung neuer Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung in den Sand gesetzt. Und weil er zum Sparen im eigenen Bereich, etwa bei der Zahl der Ministerien oder den Ministerpensionen, nicht in der Lage sei, verlagere er nun die eigentlich vom Land zu erbringenden Einsparlasten auf die Kommunen, u.a. auch über die geplante Verwaltungsreform. Denn außer Teufel selber gehe niemand ernsthaft von einer 20%igen Effizienzrendite bei dieser „Reform“ aus, so Drexler. Auch hier würden letztlich die Bürgerinnen und Bürger über höhere Kreisumlagen für die verfehlte Politik Teufels zur Kasse gebeten.

Reinhold Gall: Teufels lange „Liste der Gemeinheiten“ gegenüber den Gemeinden
Reinhold Gall, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Landesgeschäftsführer der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), erläuterte vor der Presse Einzelheiten zu Teufels langer „Liste der Gemeinheiten“ gegenüber den Kommunen. Zusätzlich zu den 205 Mio. €, die allein beim kommunalen Finanzausgleich 2004 zu Lasten der Kommunen gekürzt werden, wies Gall auf eine Fülle weiterer Einschnitte hin.

– Die von der Landesregierung geplante Neuregelung beim Flüchtlingsaufnahmegesetz wird bei den Stadt- und Landkreisen zu einer finanziellen Mehrbelastung von deutlich über 20 Mio. € führen.
– Die Erstattung des Landes bei der Sozialhilfe der Kommunen an Spätaussiedler soll 2004 um weitere ca. 4 Mio. € gekürzt werden, nachdem bereits in diesem Jahr 5 Mio. € gekürzt wurden. Damit werden in diesem Bereich im Jahr 2004 gegenüber 2002 insgesamt 9 Mio. €, das sind über zwei Drittel des früheren Ansatzes, zu Lasten der Kommunen eingespart.
– An den Ausfallleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz will die Landesregierung künftig die Kommunen beteiligen und spart dadurch 6 Mio. €.
– Die vorgesehene Kürzung bei der Musikschulförderung um 2,5 Mio. € führt zu zusätzlichen Belastungen bei den Gemeinden und Städten.
– Die Landesregierung hat bereits im Nachtragshaushalt 2003 die Fördermittel für die Schulsozialarbeit nahezu halbiert. Die Landesmittel wurden von bisher 2,18 Mio. € um 1 Mio. € gekürzt. Im kommenden Jahr ist nach den bisherigen Äußerungen der Landesregierung damit zu rechnen, dass die Landesförderung im nächsten Jahr ganz eingestellt werden soll.
– Die Zuweisungen des Landes an die Gemeinden für die , davon gut zwei Drittel für die Volkshochschulen, werden weiter gekürzt, für 2004 will das Land hier 1,3 Mio. € einsparen.
– Die Förderung des Landes für Theater und andere Kultur- und Kunsteinrichtungen der Kommunen sollen 2004 um weitere 2,5 Mio. € gekürzt werden.
– Die Landesregierung will 2004 bei der Sportförderung insgesamt 12 Mio. € kürzen mit entsprechenden Rückwirkungen und Kostenverlagerungen auf die Städte und Gemeinden bei Sportvereinen und Sportstätten.
– Mit der Kommunalisierung der Kindergartenversorgung ab Januar 2004 werden die bisherigen Landeszuschüsse zwar noch pauschal weitergezahlt, aber nur noch auf dem 2002 geltenden Niveau. Für Neuentwicklungen und zusätzliche Gruppen müssen künftig die Kommunen selber aufkommen.
– Durch Halbierung der Fördermittel für sozialpsychiatrische Dienste (2 Mio. € weniger) schon ab diesem Jahr ist die Versorgung psychisch kranker Menschen akut gefährdet. Die Kommunen und die freien Träger werden bei der Finanzierung dieser Dienste allein gelassen.
– Die Landesregierung hat die Fördermittel zur beruflichen Eingliederung Arbeitsloser von 5 Mio. € auf 2,5 Mio. € in diesem Jahr noch einmal halbiert. Bereits in den Vorjahren wurden diese Fördermittel drastisch gekürzt. 2001 standen noch Fördermittel in Höhe von 15,6 Mio. € zu Verfügung. In nur zwei Jahren erfolgte also eine Kürzung um insgesamt 84 Prozent. Im nächsten Jahr sollen die Förderprogramme ganz eingestellt werden. Die Kommunen werden mit den Kosten der Langzeitarbeitslosigkeit allein lassen.

Auch schon in den Jahren zuvor hat die Landesregierung nach den Worten Galls immer wieder einseitig finanzielle Lasten auf die Kommunen abgewälzt. So wurden etwa die Einführungskosten für die EDV an Schulen den Kommunen aufgebürdet und die Landeszuschüsse an die Stadt- und Landkreise zur Schülerbeförderung um jährlich rd. 50 Mio. € gekürzt.

Reinhold Gall: „Mit seiner kommunalfeindlichen Politik ist Erwin Teufel in ganz erheblichem Maße verantwortlich dafür, dass die Kommunen finanziell ausbluten. Dass er sich auch noch wie ein Schmarotzer aus den kommunalen Kassen bedient, ist verwerflich.“

Maßnahmen der SPD zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft
Die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung habe demgegenüber angesichts der schwierigen finanziellen Situation der Städte und Gemeinden bereits in diesem Jahr eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft beschlossen:
– So erhielten die Kommunen des Landes bereits in diesem Sommer eine finanzielle Entlastung vom Bund von über 120 Mio. € aus dem so genannten Flutopferfonds.
– Die von der Bundesregierung geplanten, von Union und FDP im Bundesrat aber blockierten Maßnahmen zum Subventionsabbau hätten die Kommunen des Landes in den nächsten Jahren mit jährlich ansteigenden Mehreinnahmen von rd. 40 Mio. € in diesem Jahr bis zu 370 Mio. € im Jahr 2006 finanziell spürbar entlastet.
– Aus dem Bundesprogramm zur Förderung der schulischen Betreuungs- und Infrastruktur erhalten die Gemeinden und Städte Baden-Württembergs in den nächsten Jahren für entsprechende Bau- und Umbaumaßnahmen von Schulgebäuden über 528 Mio. €.
– Mit dem Bundesprogramm zum Ausbau der Kinderbetreuung werden den Kommunen des Landes für derartige Maßnahmen künftig jährlich etwa 200 Mio. € zusätzlich zur Verfügung stehen.
– Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe vom kommenden Jahr an will die Bundesregierung die Kommunen zusätzlich finanziell entlasten.
– Mit dem Grundsicherungsgesetz verhindere die Bundesregierung verschämte Altersarmut. Anders als die Kohl-Regierung damals bei der Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz für Dreijährige werde die Bundesregierung Aufwendungen der Kommunen bei der Grundsicherung abgelten.

Sie stellt den Stadt- und Landkreisen dafür einen nach dem voraussichtlichen Bedarf geschätzten Betrag von bundesweit 409 Mio. € zur Verfügung. Nach zwei Jahren wird abgerechnet und wenn das zur Verfügung gestellte Geld nicht gereicht haben sollte, wird der Erstattungsbetrag des Bundes angepasst. Der Landkreis Göppingen z.B. hat mittlerweile bereits erklärt, dass er in diesem Jahr mit den zur Verfügung gestellten Geldern auskommen wird.

Helmut Zorell
Pressesprecher