Wolfgang Drexler: „Um die Fiktion vom Teilzeit-Parlamentarier zu retten, macht sich der Präsident billige Vorurteile über Politiker als vermeintlich hoch dotierte Nichtstuer zu eigen“

Schreiben an den Landtagspräsidenten

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Wolfgang Drexler, wirft Landtagspräsident Peter Straub (CDU) vor, mit Äußerungen über den Arbeitsaufwand von Landtagsabgeordneten dem Ansehen des Parlaments und seiner Mitglieder Schaden zugefügt zu haben. Drexler bezieht sich in seiner Kritik auf eine Pressemitteilung des Landtagspräsidenten vom 8. Mai 2002, in der dieser das Argument vertritt, bei „durchschnittlich 7,5 Sitzungstagen pro Monat“ könne man „wahrlich nicht von einem Vollzeitparlament sprechen“.

Drexler weist dies nun in einem von der gesamten SPD-Landtagsfraktion beschlossenen und mit getragenen Schreiben an Straub als „falsche Sachdarstellung“ zurück. Es sei völlig unzulässig, die Abgeordnetentätigkeit auf die reine Anwesenheit während der Plenartage zu reduzieren. „Damit verbindet sich unmittelbar der Vorwurf des Nichtstuns, der Überdotierung und auch die Frage nach der grundsätzlichen Legitimation dieses Parlaments“, heißt es in dem Brief des SPD-Fraktionschefs.

Untersuchungen aus den 90er Jahren bezifferten den zeitlichen Aufwand zur Erfüllung eines Landtagsmandats auf rund 60 Stunden pro Woche, schrieb Drexler dem Landtagspräsidenten ins Stammbuch. Denn schließlich umfasse ein solcher Auftrag der Wählerinnen und Wähler nicht nur die Präsenz an Plenartagen, sondern beispielsweise auch die Vorbereitung auf Ausschuss- und Arbeitskreissitzungen, die Ausarbeitung von parlamentarischen Initiativen, die Bearbeitung von Einzelanfragen aus dem Wahlkreis, zahlreiche Gespräche mit Bürgern, Verbänden und Organisationen sowie vielfältige repräsentative Verpflichtungen.

„Um die Fiktion vom Teilzeit-Parlamentarier zu retten, macht sich der Präsident billige Vorurteile über Politiker als vermeintlich hoch dotierte Nichtstuer zu eigen“, tadelte Drexler. Es sei in hohem Maße befremdlich, dass ausgerechnet ein erfahrener und mit der hohen Autorität des Landtagspräsidenten ausgestatteter Abgeordneter wie Straub mit völlig wirklichkeitsfremden Behauptungen über den Arbeitsaufwand von Parlamentariern dem in der Bevölkerung ohnehin schon schlechten Image von Politikern gleichsam von offizieller Seite zusätzliche Nahrung zuführe.

„Wir bitten Sie daher nachdrücklich, bei künftigen Äußerungen mit höherer Sorgfalt auf das Ansehen des Parlaments und der ihm angehörenden Mitglieder bedacht zu sein“, schließt Drexler seinen Brief an Straub.

gez. Martin Mendler

Stellv. Pressesprecher