Wolfgang Drexler: „Humanitäre Maßstäbe gelten offenbar nur für Flüchtlinge in Teufels Wahlkreis, bei den anderen werden die Vorschriften eiskalt exekutiert“

Landesregierung hat Petitionsausschuss über Modalitäten der Wiedereinreise der Vietnamesen belogen

Die SPD-Landtagsfraktion verlangt von der Landesregierung Auskunft darüber, wie sie die offensichtliche Ungleichbehandlung beim Umgang mit Flüchtlingen erklärt und warum der Landtag darüber belogen wurde. Hintergrund ist der Fall der zwei abgeschobenen und jetzt wiedereingereisten vietnamesischen Geschwister Thi und Duc aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, der in der Öffentlichkeit großen Wirbel verursacht hatte. Die Wiedereinreise bereits abgeschobener Flüchtlinge wird in Baden-Württemberg stets von der Begleichung aller Abschiebekosten abhängig gemacht, nicht aber in diesem Fall. Nach Informationen der SPD-Landtagsfraktion gab es sogar eine ausdrückliche Anweisung des Innenministeriums, dass bei Thi und Duc entgegen der sonstigen Praxis keine Abschiebekosten berechnet werden dürfen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler kritisiert die offensichtliche Ungleichbehandlung: „Humanitäre Maßstäbe und Überlegungen müssen für alle Flüchtlinge in gleicher Weise gelten, nicht nur im Wahlkreis des Ministerpräsidenten. Was in diesem Fall möglich war, muss auch anderswo möglich sein, statt nur Vorschriften eiskalt zu exekutieren.“ Es sei mit dem Gebot der Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren, dass Flüchtlinge nur deshalb schlechter behandelt werden, weil sie nicht im Wahlkreis des Ministerpräsidenten wohnen und nicht dessen persönliche Fürsprache genießen.

Die 19-jährige Thi und der 17-jährige Duc waren zusammen mit ihren Eltern im Oktober des vergangenen Jahres nach Vietnam abgeschoben worden, obwohl die Kinder kurz vor dem Abschluss ihrer schulischen Ausbildung standen. Eine Wiedereinreise, um das Abitur bzw. die Realschule abzuschließen, lehnten die Behörden strikt ab. Aufgrund des großen öffentlichen Drucks intervenierte dann der Wahlkreisabgeordnete, Ministerpräsident Teufel, und setze die Wiedereinreise gegen alle Behörden durch.

Als „skandalös“ wertete SPD-Fraktionschef Drexler das Verhalten der Landesregierung im Petitionsausschuss des Landtags, als es genau um diesen Fall ging. Die Landesregierung habe die Abgeordneten schlicht angelogen, so der Vorwurf Drexlers. Ein SPD-Abgeordneter habe im Petitionsausschuss im April dieses Jahres die Regierung ausdrücklich danach gefragt, ob auch im Fall Thi und Duc – wie bei allen anderen Fällen – die Wiedereinreise von der Bezahlung der Abschiebekosten abhängig gemacht werde. Die Antwort des Innenministeriums im Petitionsausschuss war ein klares „Ja“. Die Ausländerbehörde werde die Wiedereinreise der Geschwister davon abhängig machen, dass alle Abschiebekosten beglichen werden.

Die SPD-Landtagsfraktion fordert den Ministerpräsidenten nun auf, diesen Vorgang im Landtag schnellstens aufzuklären. Drexler will vom Regierungschef aber auch wissen, ob die Landesregierung künftig generell auf die Begleichung der Abschiebekosten vor einer Wiedereinreise verzichten wird, oder ob die Behandlung von Flüchtlingen künftig stets davon abhängt, ob sie einen prominenten Fürsprecher finden.

Bereits im März hatte die SPD-Landtagsfraktion in einem Parlamentsantrag gefordert, die zuständigen Behörden anzuweisen, jugendlichen und heranwachsenden Flüchtlingen, die wie Thi und Duc unmittelbar vor einem Abschluss ihrer schulischen oder beruflichen Ausbildung stehen, den Aufenthalt in Baden-Württemberg bis zu diesem Abschluss zu gestatten und eine etwaige anstehende Abschiebung bis zu diesem Zeitpunkt auszusetzen.

Helmut Zorell
Pressesprecher