Rund ein Jahr nach der Einführung des Programms „Lernen mit Rückenwind“ an baden-württembergischen Schulen zweifelt die SPD-Landtagsfraktion an der Umsetzung im Land. Auf eine entsprechende Anfrage konnte das Kultusministerium von Theresa Schopper nur stark veraltete und kaum detaillierte Kennzahlen vorlegen. Die aus dem Ministerium wiederholt geäußerte Angabe, das Programm laufe erfolgreich, entbehrt also jedes Nachweises.
„Auch beim ‘Lernen mit Rückenwind’ scheint die Landesregierung wieder im Blindflug unterwegs“, sagt Dr. Stefan Fulst-Blei, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Anders ist es nicht zu erklären, dass uns im August Zahlen von Anfang Februar vorgelegt werden, die noch dazu weder umfangreich noch detailliert sind. Weder weiß die Landesregierung, wie viele Angebote in den Ferien stattgefunden haben, noch weiß sie, wie viele Schulen derzeit überhaupt am Programm teilnehmen. Dabei hat die Kultusministerin die Kritik am stotternden Start des Programms immer mit dem Hinweis abgetan, dass das Programm zwei Jahre laufe und man noch an den Stellschrauben drehe. Nur wo und wohin will das Kultusministerium drehen, wenn man gar keinen Überblick darüber hat, wo und wie das Programm überhaupt läuft?“
Verlierer dieses Blindflugs sind für Fulst-Blei die Schulen: „Einmal mehr werden die Schulen mit der Durchführung alleine gelassen. Und dem Ministerium fehlt nicht nur der Überblick und die Verantwortung, sondern auch jeglicher Wille, vorhandene Fehler überhaupt auszubügeln und Verbesserungen vorzunehmen. Man setzt ein Programm aufs Gleis, produziert eine Überschrift und geht dann wieder Schlafen. Ob das Programm überhaupt läuft, scheint nicht wichtig zu sein.“
Wie praxisfremd die Sicht des Kultusministeriums ist, offenbaren für die SPD mache Antworten. So genüge dem Ministerium der Hinweis darauf, dass 86 Prozent der Schulen bereits einmal im Onlineverfahren des Programms „aktiv gewesen“ seien. Ähnlich hohe Zahlen habe das Land dann auch dem Bund gemeldet. „Was das aber bedeutet, weiß das Ministerium selbst nicht“, so Fulst-Blei. Ebenfalls eher eine Nebelkerze sei offensichtlich die Ankündigung gewesen, für die Aufholprogramme auch die Ferienzeiten anzubieten: „Wir haben selbst größte Mühe gehabt, einzelne Schulen zu finden, in denen überhaupt irgendwelche Angebote in den Ferien gemacht werden“, so Fulst-Blei. Das Kultusministerium kann keinerlei Zahlen vorlegen, das Haus von Ministerin Schopper teilt der SPD aber mit, die Angebote würden „vielfach genutzt“.
„Leider wird aus den nebulösen Antworten vor allem deutlich, dass das Programm einen Großteil der Schülerinnen und Schüler im Land gar nicht erreicht. Laut Datengrundlage sind durch die geplanten Fördermaßnahmen überhaupt nur an rund 157 000 Schülerinnen und Schüler angesprochen – in einem Land mit gut 1,5 Millionen Schülerinnen und Schülern. Viel zu viele Kinder und Jugendliche spüren keinerlei Rückenwind und werden ihre Lernlücken aus der Pandemiezeit in nachfolgende Klassenstufen weitertragen. Das ist nicht nur ein Nachteil für die Schülerinnen und Schüler selbst, sondern auch für einen Wirtschaftsstandort wie Baden-Württemberg.“
Dr. Hendrik Rupp
Pressestelle