Wolfgang Drexler: „Landesregierung und EnBW machen den Energiestandort Baden-Württemberg mutwillig kaputt“
Verbraucher zahlen Zeche für verfehlte Energiepolitik der Landesregierung
Die SPD-Landtagsfraktion erhebt schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung und die EnBW. Durch ihr Desinteresse, möglicherweise sogar durch bewusste Blockade, hätten beide den Neubau eines hochmodernen Dampfturbinen-Kraftwerkes am Standort Obrigheim verhindert, so SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler. Nach gesicherten Informationen der SPD-Fraktion hat der Stadtwerkeverbund SüdWestStrom der EnBW schon Anfang dieses Jahres angeboten, in Obrigheim entweder allein oder mit der EnBW zusammen ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk mit etwa 400 MW Leistung zu errichten. Die EnBW habe jedoch keinerlei Interesse gezeigt und auch die Landesregierung habe nichts unternommen, um den Neubau von Kraftwerkskapazitäten in Baden-Württemberg zu forcieren. Nun will der Stadtwerkeverbund das neue Kraftwerk außerhalb der Landesgrenzen errichten, in einem benachbarten Bundesland.
Die SüdWestStrom ist ein Zusammenschluss von 41 baden-württembergischen Stadtwerken in der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH zur Bündelung von Ein- und Verkauf.
Drexler: „Eine Landesregierung, die tatenlos zusieht, wie investitionswillige Energieproduzenten außer Landes getrieben werden, handelt verantwortungslos und macht den Energiestandort Baden-Württemberg mutwillig kaputt.“
Gerade an diesem Vorgang werde deutlich, dass das Land mit dem Verkauf seiner EnBW-Anteile jeglichen Einfluss auf die Investitionspolitik im Energiesektor aufgegeben und den Energiestandort Baden-Württemberg dem Ausverkauf preisgegeben habe. Anders als von Teufel behauptet, würden die Landesinteressen auch nicht von den „oberschwäbischen Landräten“ in der OEW wahrgenommen. Auch die vollmundigen Ankündigungen Oettingers zur Energiepolitik erweisen sich nach den Worten Drexlers als „heiße Luft“. Während Oettinger darüber fabuliere, über die oberschwäbischen Landräte den verloren gegangenen Landeseinfluss auf die Energiepolitik wenigstens teilweise zurückzugewinnen, würden hinter den Kulissen längst harte Fakten gegen den Energiestandort Baden-Württemberg geschaffen.
Drexler: „Weder Oettinger, noch die Landesregierung, noch die OEW haben die EnBW daran gehindert, Baden-Württemberg vom Stromproduzenten zum Stromabnehmer zu degradieren.“
Angesichts der Restlaufzeiten der Kernkraftwerke Obrigheim, GKN I und Phillipsburg I hätten stattdessen schon längst Neubaumaßnahmen im Kraftwerksbereich in Baden-Württemberg eingeleitet werden müssen, so Drexler. Bereits im kommenden Frühjahr gehe Obrigheim endgültig vom Netz, im Jahr 2008 Neckarwestheim I. Zusammen mit den (bis 2014) altersbedingt vom Netz zu nehmenden Kohlekraftwerksblöcken müssten etwa 1.600 MW Kraftwerksleistung ersetzt werden. Rechne man die Abschaltung von Philippsburg I im Jahr 2011 ein, müsse für 2.500 MW Ersatz geschaffen werden.
Trotz des Einsatzes erneuerbarer Energien und massiver Energiesparmaßnahmen müssten deshalb einige Kraftwerke auf der Basis der fossilen Energieträger Gas und Kohle errichtet werden. Auch das auf die Energiewende und den Klimaschutz ausgerichtete Szenario des vom Land in Auftrag gegebenen Gutachtens des DLR und anderer (Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrt) sei vor zwei Jahren zu dem Schluss gekommen, dass einige neue Kraftwerke auf der Basis von Kohle und Erdgas errichtet werden müssen. Die bestehenden Kraftwerksstandorte in Mannheim, Obrigheim und Philippsburg sind aufgrund des vorhandenen Netzanschlusses sowie der Wasseranbindung für Transport und Kühlung nach Ansicht der SPD besonders gut für Kraftwerksneubauten geeignet.
Wegen der langen Vorlaufzeiten für die Errichtung solcher Kraftwerke sei es höchste Zeit, die Neuinvestitionen endlich anzugehen. Doch die EnBW wie auch die Landesregierung verweigerten sich dieser Aufgabe mit der fatalen Konsequenz, dass Stadtwerke aus dem Land neue Kraftwerke jetzt außerhalb der Landesgrenzen bauen müssten. Drexler: „Durch die Ausweisung zusätzlicher und die Modifizierung der bestehenden Kraftwerksstandorte könnte das Land viel zur Zukunft der Energieproduktion beitragen. Doch nicht einmal dieser Pflichtaufgabe zeigt sie sich gewachsen.“
Damit werde mittelfristig das Land als Energieproduktionsstandort aufgegeben. Wertschöpfung in großem Umfang finde dann nicht mehr hier statt, sondern anderswo, mit schlimmen Konsequenzen auch für die Arbeitsplätze im Energiesektor.
Drexler: „Die Zeche für diese verantwortungslose Politik zahlen schon jetzt die Energieverbraucher in Baden-Württemberg. Nirgendwo in Deutschland ist der Strom so teuer wie bei uns im Südwesten. Dafür tragen Ministerpräsident Teufel und CDU-Fraktionschef Oettinger persönlich die Verantwortung. Sie haben, wie die FDP, dem Verkauf der Landesanteile an die EdF zugestimmt und damit die Preislawine ins Rollen gebracht.“
Verschärft worden sei diese „Hochpreispolitik“ der Energieunternehmen noch zusätzlich durch die verbraucherfeindliche Entscheidung der Landesregierung, als einziges Bundesland auf die Genehmigung von Preiserhöhungen zu verzichten. Er forderte deshalb die sofortige Wiedereinführung der Preiskontrolle in Baden-Württemberg, zumindest solange die neue Regulierungsbehörde nach dem Energiewirtschaftsgesetz ihre Arbeit noch nicht aufgenommen hat.
Drexler: „Dass ausgerechnet die baden-württembergische Landesregierung vom Bund verlangt, die Energie-Preiskontrolle den Ländern zu überlassen, ist vor diesem Hintergund eine unglaubliche Heuchelei, die man dem Ministerpräsidenten auch in der Vorweihnachtszeit nicht durchgehen lassen darf.“