Wolfgang Drexler: „Der Ministerpräsident, der sich bei seiner Politik nur all zu gerne auf die Bedeutung von Gemeinschaftswerten beruft, gibt ohne vernünftigen Grund dem Druck der FDP nach und beugt sich kurzsichtigen wirtschaftlichen Überlegungen“

Die SPD-Landtagsfraktion macht Ministerpräsident Teufel wegen der nun im Kabinett beschlossenen Sperrzeitverkürzung für Spielhallen heftige Vorwürfe. Ohne vernünftigen Grund habe sich Teufel über die schwer wiegenden Bedenken von Kirchen und Verbände hinweggesetzt, die sie im schriftlichen Anhörungsverfahren vorgetragen hätten, sagte Fraktionschef Wolfgang Drexler.

So raten beispielsweise beide evangelischen Kirchen von einer Erweiterung der Öffnungszeiten „dringend“ ab. Die Gesetzesinitiative werde als „bewusster Rückzug des Landes aus den Bemühungen zum Schutz der Jugend vor Abhängigkeitsgefahren“ wahrgenommen, heißt es in der Stellungnahme der beiden Kirchen weiter. Gemeinsam wird die Auffassung vertreten, dass die Begründung der Regierung für die Verkürzung der Sperrzeiten „den Gefahrenbereich von Suchtverhalten in diesem Bereich völlig ignoriert“.

Scharfe Kritik kam im schriftlichen Anhörungsverfahren auch vom Städtetag Baden-Württemberg: „Die Absicht der Landesregierung, die Sperrzeit bei Spielhallen zu verkürzen, verträgt sich nicht mit einer Politik zur Verhinderung der Spielsucht. Es gibt in Baden-Württemberg kein flächendeckendes Präventionskonzept zur Verhinderung von Spielsucht.“

Nach der von der SPD im Landtag beantragten Aktuellen Debatte am 16. Mai dieses Jahres hatte Ministerpräsident Erwin Teufel noch Gesprächsbereitschaft signalisiert mit dem Hinweis, dass sich nach den Todesschüssen von Erfurt „veränderte Sichtweisen“ ergeben könnten. Diese vermeintliche Gesprächsbereitschaft entpuppt sich nun im Nachhinein nach den Worten von Wolfgang Drexler als „Täuschungsmanöver“. Unter dem Eindruck des Erfurter Massakers habe sich Teufel offensichtlich nicht getraut, längeren Öffnungszeiten bei Spielhallen, in denen teilweise auch üble „Ballerspiele“ angeboten würden, unumwunden das Wort zu reden.

Drexler: „Der Ministerpräsident, der sich bei seiner Politik nur all zu gerne auf die Bedeutung von Gemeinschaftswerten beruft, gibt ohne vernünftigen Grund dem Druck der FDP nach und beugt sich kurzsichtigen wirtschaftlichen Überlegungen. All die nachdenklichen Worte nach Erfurt haben sich bei Teufel in Luft aufgelöst.“

Die Sperrzeit der Spielhallen wurde 1993 auf Initiative des damaligen SPD-Innenministers Frieder Birzele von 24.00 Uhr auf 22.00 Uhr vorverlegt, um der Spielsucht entgegenzuwirken und die kommunale Entscheidungskompetenz zu stärken. Kommunen dürfen bereits jetzt nach dem „Regel-Ausnahme-Prinzip“ Spielhallen dann länger öffnen, wenn sie dafür ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse geltend machen können. Die FDP hatte in den vergangenen Jahren mit parlamentarischen Anträgen immer wieder versucht, eine Verkürzung der Sperrzeit zu erreichen. Vom zuständigen Innenminister wurden sie bis zuletzt mit der Begründung abgelehnt, dass sich die „schwer wiegenden Bedenken der Kommunen und anderer wichtiger Träger öffentlicher Belange“ gegen eine längere Öffnungszeit bei den Spielhallen in der Zwischenzeit keineswegs „vermindert oder gar zerstreut“ hätten.

Dass nun auch der Innenminister eingeknickt ist und längeren Öffnungszeiten bei den Spielhallen doch zustimmte, ist für die SPD ein „Armutszeugnis“ und ein „sicherheitspolitischer Offenbarungseid“ zugleich. Denn gerade die Polizeigewerkschaften warnen seit langem vor einer Ausweitung der Öffnungszeiten, da im Umfeld solcher Spielhallen häufig genug besondere Sicherheitsprobleme entstünden.

gez. Helmut Zorell

Pressesprecher