MdL Dr. Rainer Prewo: „Damit Baden-Württemberg seine Potenziale als Destination voll entfalten kann, bedarf es eines wahr-nehmbaren Marketings, vor allem aber innovativer Produkte“

Expertenforum der SPD-Fraktion zu neuen Trends im Tourismus

SPD-Wirtschaftsexperte Dr. Rainer Prewo sieht gute Chancen, dass Baden-Württemberg als Tourismusland in den kommenden Jahren auf die Überholspur kommt. Wer im Wettbewerb ganz vorne mit dabei sein wolle, müsse sich jedoch ständig weiterentwickeln und brauche ein Gespür für neue Trends und Kundenwünsche. „Damit Baden-Württemberg seine Potenziale als Destination voll entfalten kann, bedarf es eines wahrnehmbaren Marketings, vor allem aber innovativer Produkte“, sagte Prewo auf einem Expertenforum der SPD-Landtagsfraktion zu neuen Trends im Tourismus im Stuttgarter Landtag.

Baden-Württemberg schwimme im Wettbewerb der Destinationen ganz gut mit, habe aber bei guten Produkten, die man ins Schaufenster stellen könne, Nachholbedarf. Als Beispiele nannte Prewo die Anzahl der mit Premium zertifizierten Rad- und Wanderwege. Das Internet habe überdies die Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden tiefgreifend verändert. „Die zahllosen Vergleichs-, Diskussions- und Bewertungsportale im Mitmach-Web haben die Souveränität des Gastes gestärkt und den Zwang zu Qualität bei den Produkten deutlich erhöht“, meinte Prewo.

Defizite in der Vermarktung des Tourismuslandes Baden-Württemberg räumte auch der Geschäftsführer der Tourismusmarketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW), Andreas Braun, ein. Er warnte allerdings zugleich davor, „unser Licht unter den Scheffel zu stellen“. Baden-Württembergs Stärke liege in der Vielfalt, die es touristisch zu bieten habe. Braun kündigte an, den begonnenen Markenbildungsprozess weiter voranzutreiben. Schon jetzt komme das Design in bunteren, frischeren Farben daher und der dazugehörige Claim „Wir sind Süden“ entpuppe sich geradezu als „Chiffre für Traumurlaub“.

Auf neue Entwicklungen in der Branche machte der Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen, Klaus Wellmann, aufmerksam. An erster Stelle nannte er den „Megatrend Rad“. Große Entwicklungschancen sah der Fachmann im Bereich E-Bikes. Hotels und Gastronomie könnten mit Auflade- und Batteriewechselstationen die kaufkräftige Generation 50 plus ansprechen, die in starkem Maße auf Naturverbundenheit, Umweltschutz, Gesundheit und Wellness Wert lege. „Baden-Württemberg liegt bei der Kaufkraft für Räder und Radzubehör im Vergleich der Bundesländer auf dem zweiten Platz“, betonte Wellmann.

Er forderte die Tourismusbranche dazu auf, die Ausdifferenzierung der Zielgruppen im Auge zu behalten. So gebe es heute beispielsweise immer mehr spezifische Produkte für Frauen und Kinder. Auch der Trend zum Navigationssystem GPS beim Wandern und Radfahren werde sich weiter fortsetzen. Hotels und Pensionen müssten derartige Systeme zur kostenlosen Ausleihe anbieten. An die Politik im Bund und im Land richtete der Messechef den Appell, für eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur zu sorgen: „Wenn wir Touristen haben wollen, müssen die uns auch erreichen können!“

Wie sich die Urlaubsregion Südtirol auf den Weg zur Marke begab, erläuterte Dr. Christoph Engl, Direktor der Südtirol Marketing Gesellschaft, in seinem Vortrag. In einer Zeit, in der fast alle Destinationen fast alles zu bieten haben, sei der entscheidende Punkt im Marketing, „was in den Köpfen, besser in den Herzen ankommt“. Oft hielten sich touristische Anbieter viel zu lange mit der falschen Frage auf, welches Bild man den Kunden von sich zeigen wolle. Demgegenüber laute aber die Kernfrage: „Welches Gefühl sollen die Kunden von uns haben?“

Letztlich sei der Wettbewerb im touristischen Geschäft ein „Kampf um Wahrnehmung“, meinte Engl. Es genüge für eine Destination nicht, bekannt zu sein. „Um einen Spitzenplatz zu halten oder zu gewinnen, muss man begehrlich sein“, so Engls Credo. Als Luxus der Zukunft im Bewusstsein der Urlauber nannte der Marketingexperte „Zeit, Sinn, Ruhe, Aufmerksamkeit und Raum“. Dies seien deshalb die Schlüsselfaktoren in der Positionierung Südtirols als begehrte Destination im In- und Ausland.

Best Practice-Beispiele rundeten das Tourismus-Forum der SPD-Landtagsfraktion ab. Diesen Part übernahmen Gernot Reitmaier, Geschäftsführer der Jugend & Familiengästehäuser Holding, Jochen Müssig, Geschäftsführer der Touristikgemeinschaft „Liebliches Taubertal“, Berthold Frieß, Geschäftsführer des BUND Baden-Württemberg, und Fritz Englhardt, Stellv. Vorsitzender des DEHOGA Baden-Württemberg.

Stuttgart, 14. Januar 2011
Martin Mendler
Stellv. Pressesprecher