Fraktionschef Claus Schmiedel: „Es ist eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben, die Weiterbildung im Land zu verbessern“

SPD: „Baden-Württemberg ist Entwicklungsland bei Weiterbildung und Qualifizierung“

Die SPD-Landtagsfraktion sieht in der Weiterbildung eines der wichtigsten Themen für die kommenden Jahre. Sie hat deshalb heute bei der Klausursitzung in Lörrach einstimmig entschieden, im Landtag die Einsetzung einer Enquetekommission „Weiterbildung“ zu beantragen. Ziel ist es, Struktur, Inhalt und Angebote auf den Prüfstand zu stellen und Finanzierung und Beteiligung erheblich auszubauen. „Wir betrachten es als eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben, die Weiterbildung im Land zu verbessern“, erklärte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Für die SPD ist dieses Thema Teil ihres Bildungsaufbruchs „Bessere Bildung für alle“. Auch für diesen Bereich müsse das Land Bildungsverantwortung übernehmen und Bildungsgerechtigkeit herstellen.

Obwohl die Weiterbildung als Teil der Daseinsvorsorge ein öffentlicher Auftrag sei, werde das Thema von der Landesregierung kaum berücksichtigt. „Baden-Württemberg ist Entwicklungsland in der öffentlichen Weiterbildung“, betont Schmiedel. Umgerechnet auf die Bevölkerung werde die Qualifizierung mit gerade einem Euro pro Person gefördert. Das beste Beispiel seien die Volkshochschulen, die vom Land mehr oder weniger ausgetrocknet würden. Baden-Württemberg befindet sich hier am Ende der bundesweiten Skala. Derzeit werden 5,8 Prozent der Kosten vom Land getragen gegenüber 13,6 Prozent im Bundesdurchschnitt. Das zeige, dass die Landesregierung die Bedeutung des Themas Weiterbildung offensichtlich ignoriere. „Politik und Staat müssen endlich ihre Verantwortung für die Weiterbildung anerkennen“, sagte Schmiedel.

Die Enquetekommission richtet sich deshalb sowohl an die Politik als auch an die Gesellschaft. Nur wer bereit sei, lebenslang zu lernen und sich weiterbilden zu lassen, sei für die Zukunft gerüstet und verbessere die eigenen Chancen. Und nur ein Land, das seinen Bürgern dafür ausreichende Möglichkeiten biete, könne auch wirtschaftlich prosperieren. Das heiße aber auch, die schleichende Privatisierung der Weiterbildung zu stoppen und die Beteiligung der öffentlichen Hand auszubauen. „Erst, wenn alle Bürgerinnen und Bürger sich ohne finanzielle Zwänge beteiligen können, wird die notwendige Weiterbildung vorankommen“, sagte Schmiedel.

Die Fraktion hält den jetzigen Zeitpunkt für eine solche Kommission für richtig, da Weiterbildung für Arbeitslose und Kurzarbeiter in der aktuellen Wirtschaftskrise eine immer größere Bedeutung erhalte. So drängen die Agenturen für Arbeit darauf, dass Betroffene die freie Zeit nutzen könnten, sich zu qualifizieren. „Es zeigt sich aber immer stärker, dass viele Unternehmen und Beschäftigte wenig oder gar nicht über die Möglichkeiten der Weiterbildung Bescheid wissen“, sagte Schmiedel. Viele innovative Angebote und Projekte seien zu wenig bekannt, andernorts mangele es an Angeboten beruflicher und wissenschaftlicher Bildung insgesamt. Deshalb wolle die SPD erreichen, dass die öffentliche Hand in Baden-Württemberg ein übergreifendes Netzwerk an Angeboten ermöglicht. Dabei sollten neue Inhalte erfasst werden, etwa eine systematische Bildungsberatung, der große Bereich der Elternberatung oder neue Angebote für Senioren. Alle Träger für die allgemeine und berufliche Qualifizierung müssten daher bereits in der Arbeit der Enquete-Kommission eine Rolle spielen, etwa die Regionalagentur für Arbeit, die Gewerkschaften oder soziale und kirchliche Einrichtungen. Nur mit einem solchen neuen Netzwerk werde erreicht, dass tatsächlich alle Schichten der Gesellschaft sich für die Weiterbildung öffneten.

Der Arbeitskreis Bildung der Fraktion schlägt für die Kommission eine Reihe von Fragestellungen vor:

–Wie ist der aktuelle Stand der Weiterbildung? Wer bietet Kurse an, welche Teile der Bevölkerung machen stark mit – und welche nicht?Und:Wer trägt die Teilnahme finanziell und in welchem Umfang sind die Arbeitgeber daran beteiligt?

–Wie können die Angebote zur Weiterbildung und Qualifizierung für Arbeitslose und Kurzarbeiter zum einen erheblich ausgebaut und zumanderen in den Unternehmen stärker bekannt gemacht werden?

–Wie können alle vorhandenen Träger in einem Netzwerk einbezogen werden?

–Wie müsste die künftige Weiterbildungs-Landschaft in Baden-Württemberg aussehen?

–Wie stark müsste der öffentliche Anteil an der Finanzierung ausgebaut werden, um allen Bürgern eine Beteiligung zu ermöglichen?


Die SPD-Fraktion umfasst 38 Mitglieder und damit mehr als ein Viertel der Landtagsabgeordneten. Damit ist sie nach der Geschäftsordnung des Landtags zur Einsetzung einer Enquete-Kommission berechtigt.


Stuttgart, 17. September 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher