Bildungsexperte Gunter Kaufmann: „Versprechungen ohne Konsequenzen helfen niemandem“

Die SPD-Landtagsfraktion sieht sich durch aktuelle Stellungnahmen von GEW und BLV in ihrer Kritik an der Politik der Landesregierung gegenüber den beruflichen Schulen im Land bestätigt. „Am gewaltigen Lehrermangel und den viel zu wenigen Plätzen an beruflichen Gymnasien zeigen sich die bildungspolitischen Versäumnisse der Landesregierung besonders deutlich“, erklärt Gunter Kaufmann, Fraktionssprecher für berufliche Bildung. Und: „Nach Jahren des Aussitzen-Wollens muss die Landesregierung jetzt so schnell wie möglich tätig werden.“ Er verwies auf den Gesetzentwurf, mit dem die SPD einen Rechtsanspruch für den Platz an einem beruflichen Gymnasium schaffen will.

Wie der BLV in seiner heutigen Pressekonferenz darlegte, wird der Lehrerbedarf an beruflichen Vollzeitschulen weiter ansteigen. Da das Angebot an Ausbildungsplätzen in der Wirtschaft zurückgehe, würden junge Menschen verstärkt in die vollzeitschulischen Bildungsgänge der beruflichen Schulen drängen. Dort würden mehr Unterrichtsstunden, also mehr Lehrer, benötigt als in einer Teilzeitklasse der Berufsschule. „Die Landesregierung hat sich darauf nicht ausreichend eingestellt“, so Kaufmann. „Die von der Regierung geplanten zusätzlichen Klassen an den Vollzeitschulen reichen hinten und vorne nicht aus, um den Bedarf zu decken.“ Das Land müsse endlich mehr Klassen an den beruflichen Schulen genehmigen.

Erwache die Landesregierung nicht aus ihrer Lethargie, werde der drastische Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen im kommenden Schuljahr weiter steigen. Bereits seit Jahren fällt an den beruflichen Schulen jede achte Unterrichtsstunde aus oder wird nicht ordnungsgemäß gehalten. „Die Versorgung der Schulen mit qualifizierten Lehrkräften ist dringender nötig denn je“, so Gunter Kaufmann. Solange jedoch die Bezahlung der Berufsschullehrer im Vergleich mit Angeboten aus der Wirtschaft unattraktiv bleibe und die Landesregierung darüber hinaus die Beförderungsmöglichkeiten einschränke, dürfe sie sich über Bewerbermangel nicht wundern.

Kaufmann sprach angesichts der massiven Herausforderungen von einer Nagelprobe für die neue Kultusministerin Schick. „Unverbindliche Zusagen für eine wohlwollende Prüfung von Anliegen der Berufsschullehrer helfen niemandem weiter, wenn es bei der Durchsetzung an der nötigen Konsequenz fehlt – nicht den Lehrern, nicht den Schülern, nicht den Eltern“, so der Parlamentarier.

In der aktuellen Debatte findet auch die GEW-Forderung nach einem Sofortprogramm für die beruflichen Schulen die volle Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion. Bei einer entsprechenden Anfrage der Fraktion an das Kultusministerium hatte sich vor kurzem bestätigt, dass im kommenden Schuljahr erneut vielen Realschülern der Weg an die beruflichen Gymnasien versperrt bleiben wird. Für rund 30 Prozent dieser zugangsberechtigten Bewerber gibt es keinen Platz an diesen Schulen. Auch an den Berufskollegs und den Technikerschulen fehlen die vom Land bereit gestellten Ressourcen, um entsprechende Klassen einzurichten. „Wer die Bildungschancen unserer jungen Menschen derartig einschränkt, verspielt das Potenzial, das unser Land als starker Wirtschaftsstandort zukünftig braucht“, erklärt der Landtagsabgeordnete.

Kaufmann verwies auf einen Gesetzesentwurf, den die SPD-Landtagsfraktion in dieser Woche eingebracht habe. Dieser soll allen Schülern mit einem mittleren Bildungsabschluss mit einem Rechtsanspruch den Zugang zu einem beruflichen Gymnasium garantieren, wenn der entsprechende Notendurchschnitt vorliegt. „Die so genannte Durchlässigkeit des Bildungssystems ist ohne Rechtsanspruch lediglich eine Farce, weil Schüler, die den geforderten Notendurchschnitt erreichen, aufgrund der großen Nachfrage trotzdem oftmals keinen Platz erhalten. Das ist nicht akzeptabel“, erklärte der Sprecher für berufliche Bildung. Nun sei das Land gefordert.

Stuttgart, 23. April 2010
Dr. Roland Peter
Pressesprecher