Bildungsexperte Norbert Zeller: „Erzieherinnen müssen entlastet werden, um Orientierungsplan schnell und umfassend umsetzen zu können“

Elternvertreter: „Der bisherige Zustand in den Kitas ist ein Armutszeugnis für das Land“

23.000 Eltern und Erzieherinnen aus Baden-Württemberg fordern, dass die Personalsituation an den Kindergärten auch wegen der Einführung des Orientierungsplans verbessert wird. Dies ist das Ergebnis einer gemeinsamen Unterschriftenaktion von Kita-Bündnis und Landeselternrat Baden-Württemberg. Christel Ulmer und Petra Frisch vom Kita-Bündnis sowie Jürgen Zimmermann und Peer Gimsch vom Landeselternrat haben die Unterschriften heute an den SPD-Abgeordneten und Vorsitzenden des Schulauschusses, Norbert Zeller, übergeben. Zeller nahm die Unterschriften entgegen, da Ministerpräsident Oettinger als Hauptadressat von Erzieherinnen und Eltern dazu nicht bereit gewesen sei, wie die Verbände erklärten.

Der SPD-Bildungsexperte verlangte, den Orientierungsplan „schnell und umfassend umzusetzen“. Das sei aber nur bei einer finanziellen Beteiligung des Landes möglich. Gefor-dert wird, dass sich eine Erzieherin nur noch um zwölf Kinder kümmern müsse. Bisher lautet die Aufteilung 1,5 Kräfte auf eine Gruppe mit 28 Kindern.

Christel Ulmer vom Kita-Bündnis wies vor den Journalisten darauf hin, dass die Erzieherinnen „die Arbeit an und mit den Kindern kaum mehr leisten können“. Für die Erzieherinnen habe es in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben gegeben, etwa die Einführung eines Qualitätsmanagements, die Aufnahme von Kindern unter drei Jahren, die neue Einschulungsuntersuchung, die verstärkte Sprachförderung und jetzt der Orientierungsplan. Demgegenüber habe sich die Personalausstattung der Kindergärten nicht geändert. „Mit dieser bisherigen Besetzung lässt sich die Qualität nicht halten“, sagte Ulmer, die selbst eine Kindertagesstätte in Neukirch leitet. Bei diesem Schlüssel hätte eine Erzieherin pro Tag elf Minuten Zeit, um sich um ein Kind zu kümmern. Bei einen Schlüssel von 1 zu 12 wären es wenigsten 25 Minuten, sagte Petra Frisch vom Kita-Bündnis.

Die Erzieherin Ulmer betonte, die Verbände befänden sich mit den Trägern in einem Boot. Auch die Kommunen könnten angesichts ihrer Finanzknappheit keine besseren Rahmenbedingungen schaffen. „Hier muss viel Geld von der Landesregierung fließen“, sagte Ulmer.

Auch Jürgen Zimmermann, stellvertretender Vorsitzender des Landeselternrats, unter-strich, dass die Kommunen die geforderte Verbesserung nicht stemmen könnten. „Der bisherige Zustand ist ein Armutszeugnis für das Land“, sagte er. Viele Projekte seien begonnen worden, aber die Konstanz in der Kindergartenarbeit fehle. „Wir wollen, dass die Erzieherin mehr Zeit für die Kinder hat“, sagte er. Das Land solle deshalb die Hälfte der Kosten übernehmen, um das Verhältnis 1 zu 12 einzuführen.

Ulmer schlug dafür einen Stufenplan vor. Danach müsse der Personalschlüssel im ersten Schritt von 28 Kindern bei 1,5 Kräften auf 24 Kinder bei zwei Kräften verbessert werden. Bis 2013 wäre dann ein zweiter Schritt notwendig, bei dem auch die Leitungskräfte von der Arbeit in den Gruppen freigestellt werden müssten.

Die Kosten für eine solche Umstellung sind umstritten. Zeller geht wie die kommunalen Landesverbände von rund 600 Millionen Euro für die qualitätsvolle Einführung des Orientierungsplans aus.

Stuttgart, 19. Oktober 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher