Wolfgang Drexler: „Eine eigenständige Ländersteuer stärkt den Föderalismus – und die zusätzlichen Einnahmen helfen, Zukunftsaufgaben wie Bildung und Kinderbetreuung zu finanzieren“

Nils Schmid: „Die Vermögenssteuer nach unserem Konzept soll nicht auf Betriebsvermögen, sondern nur auf Privatvermögen erhoben werden und auch nicht in den Länderfinanzausgleich fließen“

Die SPD-Landtagsfraktion hat ein eigenes Konzept zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer vorgelegt. Kern dieses Vorschlags ist die Föderalisierung der Steuer, also die Erhebung in ausschließlicher Landeskompetenz. Dies bedeutet nach den Worten des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Wolfgang Drexler, dass jedes Bundesland selber darüber entscheidet, ob es die Vermögenssteuer wieder einführt, mit welchem Steuersatz und mit welchen Freibeträgen. Die SPD will außerdem, dass die Wiedereinführung der Vermögenssteuer in Baden-Württemberg nur auf Privatvermögen, nicht aber auf Betriebsvermögen erhoben wird. Eine solche Vermögenssteuer in Landeshoheit mit hohen Freibeträgen dürfe zudem auch nicht als allgemeine Vermögensmasse in den Länderfinanzausgleich fließen, sondern müsse ausschließlich dem Land und seinen Kommunen zugute kommen, fordert Drexler.

Drexler ließ keinen Zweifel daran, dass die SPD im Land die Wiedereinführung der Vermögenssteuer als originäre Landessteuer für richtig und geboten hält, um Vermögende entsprechend ihrer Leistungskraft stärker als bisher an der Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben, wie etwa Bildung und Kinderbetreuung, zu beteiligen.

Vermögenssteuer-Aufkommen: 2/3 fürs Land, 1/3 für die Kommunen
Die Einnahmen aus der Vermögenssteuer sollen nach Auffassung der SPD-Fraktion zur Finanzierung zentraler Zukunftsaufgaben des Landes, also zur Verbesserung der Bildung und der Kinderbetreuung, verwendet werden. Das Aufkommen aus der Vermögenssteuer zur Finanzierung einer Zukunftsoffensive „Bildung und Kinder in Baden-Württemberg“ soll zu zwei Dritteln beim Land verbleiben und zu einem Drittel den Kommunen zufließen, die beim Ausbau der Kinderbetreuung vom Land finanziell im Stich gelassen werden.

Der Ausbau der Kinderbetreuung sei die politische Schlüsselaufgabe zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes, sagte Drexler. Damit werde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert – ein entscheidender Standortfaktor – und wegen der zu erwartenden steigenden Geburtenrate auch die gefährliche demografische Entwicklung abgemildert. Mit einer gut ausgebauten Kinderbetreuung könne zudem die angesichts steigender Zahlen von Ein-Kind-Familien immer wichtiger werdende Sozialkompetenz verstärkt und die Integration sozial und sprachlich benachteiligter Kinder erleichtert werden.

Wolfgang Drexler: „Es darf nicht sein, dass die Landesregierung bei den Schwächsten der Gesellschaft mit Verweis auf die Haushaltslage rigoros kürzt, aber nicht bereit ist, große Privatvermögen an der Finanzierung überragend wichtiger Zukunftsaufgaben zu beteiligen. Die Wiedereinführung einer Steuer auf große Privatvermögen ist auch ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.“

Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer nach dem Konzept der SPD-Fraktion (Erhebung nur auf Privatvermögen) würde nach SPD-Berechnungen netto rd. 500 Mio. € pro Jahr erbringen, wenn man einen Steuersatz von einem Prozent und einen Freibetrag von einer Mio. € für eine Familie mit zwei Kindern zugrunde legt.

Eigene Steuerkompetenz stärkt auch die Rolle der Länder in Europa
Eine solche Vermögenssteuer in Landeskompetenz sei aber auch ein gewichtiger Beitrag zur Stärkung der Regionen in einer größer werdenden Europäischen Union. Die Länder bräuchten mehr Eigenständigkeit und mehr Möglichkeiten zu regionalen Sonderentwicklungen. Dafür sei die Stärkung der Kompetenzen der Bundesländer bei der Steuererhebung unabdingbar. In der Öffentlichkeit unbemerkt geblieben sei, dass die CDU-Fraktion einer Vermögenssteuer in Landeshoheit grundsätzlich bereits zugestimmt habe, und zwar in der Plenardebatte über die Europapolitik der Landesregierung am 14. November 2002, sagte Drexler (Abg. Dr. Reinhart CDU „Sofort einverstanden“, Abg. Seimetz CDU „Einverstanden“, Plenarprotokoll 13/34 Seite 2156).

Teufels verhängnisvolle Devise: Erst die Partei, dann das Land!
Der SPD-Fraktionschef warf Ministerpräsident Teufel vor, mit seinem strikten Nein zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer ausschließlich die parteipolitischen Interessen der Unionsführung zu vertreten und Landesinteressen vollkommen außer Acht zu lassen. Mit einem solchen Verhalten verstoße der Ministerpräsident gegen seine Amtspflichten. Teufel sei schließlich nicht zum Regierungschef gewählt worden, um die von den Unionsstrategen Koch, Stoiber und Merkel vorgekaute Politpropaganda auf Landesebene nachzubeten. Es sei vielmehr Teufels ureigenste Aufgabe, Landesinteressen, wie etwa bei der Vermögenssteuer, auch dann entschieden zu vertreten, wenn er damit in Konflikt mit der eigenen Parteiführung gerate.

Bemerkenswert sei immerhin, dass der baden-württembergische CDU-Generalsekretär und parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 02.12.2002 sagte, er könne sich eine Vermögenssteuer in Länderkompetenz durchaus vorstellen.
Für die Politik der SPD im Land dagegen gelte uneingeschränkt das Motto „Erst das Land, und dann die Partei“, sagte Drexler. Dies habe man z. B. bei der Eigenheimzulage unter Beweis gestellt und werde jetzt mit einem auf Baden-Württemberg zugeschnittenen Vorschlag zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer fortgeführt. Er forderte die Landesregierung deshalb auf, den SPD-Vorschlag „ohne ideologische Scheuklappen“ zu prüfen und mit einer Bundesratsinitiative die Voraussetzungen für die Einführung einer länderbezogenen Vermögenssteuer zu schaffen.

Nils Schmid: Vermögenssteuer schafft auch mehr Steuergerechtigkeit
Nils Schmid, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, wies darauf hin, dass das Konzept der SPD-Landtagsfraktion bewusst beschäftigungsfreundlich ausgestaltet wurde. Mit der Beschränkung der Vermögenssteuer auf das Privatvermögen sei sichergestellt, dass das Eigenkapital von Betrieben nicht beeinträchtigt wird, Diskussionen über Betriebsverlagerungen könnten bei einer föderalisierten Vermögenssteuer also gar nicht erst aufkommen. Entsprechende Mindereinnahmen gegenüber einer generellen Vermögenssteuer nehme man dabei in Kauf.

Der SPD-Finanzexperte machte deutlich, dass die Abschaffung der Vermögenssteuer ab dem Jahr 1997 trotz teilweiser Gegenfinanzierung durch Veränderungen bei der Erbschafts- und Grunderwerbssteuer zu Mindereinnahmen des Landes von rd. 250 Mio. € geführt habe. Noch im Landeshaushalt 1996 seien 1,3 Mrd. DM Einnahmen aus Vermögenssteuer veranschlagt gewesen. In den Jahren seit 1996 seien die großen Privatvermögen aber weiter überdurchschnittlich stark gestiegen. Nach einer Erhebung des Statistischen Landesamtes sind die Brutto-Arbeitnehmer-entgelte von 1996 bis 2000 um rd. 10 Prozent gestiegen, die Vermögenseinkommen in demselben Zeitraum aber um etwa 67 Prozent, ohne dass dieser Vermögenszuwachs angemessen besteuert worden ist. Schmid verwies in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf eine Untersuchung des Rechnungshofs Baden-Württemberg zur „effektiven Steuerbelastung von Beziehern hoher Einkünfte“ aus dem Jahr 1997. Danach lag die effektive Steuerbelastung im Einkunftsbereich bis 1 Mio. DM bei lediglich 14 – 28 Prozent.

Dass die Vermögenssteuer keine „Neidsteuer“ sondern eine „Gerechtigkeitssteuer“ ist, ergibt sich für Schmid auch aus der bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die ein wachsendes Ungleichgewicht der Vermögensverteilung dokumentiere. Danach verfügten 1993 die zehn Prozent der reichsten Haushalte Deutschlands über 46,4 Prozent des gesamten Geldvermögens, 1998 aber schon über 50,4 Prozent.

Eine stärkere Heranziehung von großen Privatvermögen für gesellschaftlich bedeutsame Gemeinschaftsaufgaben bezeichnete der Steuerexperte der SPD vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit für „absolut geboten“. Nils Schmid: „Mit einer Vermögenssteuer auf der Basis des SPD-Vorschlags werden Land und Kommunen finanzpolitisch in die Lage versetzt, die dringend notwendigen Zukunftsaufgaben ohne weitere Verschuldung zu bewältigen.

Vermögenssteuer aus dem Länderfinanzausgleich heraushalten
Die Föderalisierung der Vermögenssteuer in der Erhebungshoheit eines Bundeslandes bedeute auch, dass das Aufkommen aus dieser Steuer allein im Land verbleiben müsse und deshalb nicht für den Länderfinanzausgleich herangezogen werden dürfe. Sonst würden die Länder, die die Vermögenssteuer einführen, jene Länder mitfinanzieren, die keine Vermögenssteuer erheben.

Eine föderale Vermögenssteuer, wie sie die SPD-Fraktion vorschlage, bedeute, die Entscheidung über die Höhe des Steuersatzes, über die Ausgestaltung der Freibeträge und über die Art des Vermögens, das der Besteuerung unterliegen solle, in die alleinige Kompetenz der Länder zu geben. Für Baden-Württemberg schlägt die SPD-Fraktion vor, die Vermögenssteuer auf Privatvermögen zu beschränken und die Freibeträge so hoch anzusetzen, dass eine Familie auch im Ballungsraum mit ihrem Eigenheim nicht von der Vermögenssteuer erfasst wird.

Schmid: „Die Einführung einer solchen Vermögenssteuer in Baden-Württemberg in ausschließlicher Landeshoheit und mit der zweckgebundenen Verwendung des Aufkommens für eine finanzpolitisch solide Bewältigung dringender Zukunftsaufgaben wäre ein steuerpolitischer Meilenstein und zudem eine solide Basis zur Stärkung der Kompetenzen der Länder in der sich erweiternden Europäischen Union.“

Helmut Zorell

Pressesprecher