Wolfgang Drexler: „Die Finanzierung wichtiger Landesaufgaben muss sich endlich wieder nach den politischen Prioritäten richten, nicht nach steuerrechtlichen Vorgaben“



Nils Schmid: „Nur wenn die Stiftung vor dem Verkauf der GVS-Landesanteile aufgelöst wird, kommen die Erlöse weitgehend steuerfrei dem Landeshaushalt zugute“



Bereits beschlossene Stiftungsprojekte nicht gefährdet



Angesichts des bevorstehenden Verkaufs der Landesanteile an der Gasversorgung Süddeutschland (GVS) fordert die SPD-Landtagsfraktion die sofortige Auflösung der Landesstiftung. Die SPD will nach den Worten von Fraktionschef Wolfgang Drexler verhindern, dass die „Fehlkonstruktion“ der Landesstiftung mit den Erlösen aus dem GVS-Verkauf noch weiter aufgebläht und eine politische Fehlentwicklung damit zementiert wird. Schon aus steuerlichen Gründen müsse die Auflösung der Stiftung auf jeden Fall vor dem Verkauf der GVS über die Bühne gehen, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler vor der Presse. Nur dann blieben die Verkaufserlöse zur Verwendung im Landeshaushalt weitgehend steuerfrei, während sonst allein für den Erlös aus dem GVS-Verkauf rund 60 Mio Euro mehr an Steuern fällig wären.



Drexler stellte klar, dass die von der Stiftung bereits beschlossenen Projekte durch die Auflösung der Stiftung nicht gefährdet sind. Es sei sichergestellt, dass die bereits zugesagten Vorhaben aus den aufgelaufenen Kapitalerträgen der Stiftung weiter finanziert werden können. Dies habe die Stiftung der SPD gegenüber ausdrücklich bestätigt.



Die SPD will, dass nach der Auflösung der Stiftung die Anteile des Landes an der GVS (25 %) und an der BW-Bank (26 %) verkauft werden, um damit Landesschulden zu tilgen. Die eingesparten Zinsen von insgesamt rund 50 Mio Euro jährlich will die SPD dazu nutzen, bisher von der Regierung Teufel sträflich vernachlässigte Schwerpunktaufgaben voranzubringen, insbesondere den Ausbau der Kinderbetreuung, wo Baden-Württemberg nach wie vor Schlusslicht aller Bundesländer ist.



Der SPD-Fraktionschef machte seinem Ärger darüber Luft, dass bei der Auflösung der Stiftung zusätzliche Steuern fällig werden. Dies habe jedoch ausschließlich die Landesregierung zu vertreten, die mit der Einrichtung der Stiftung eine gravierende Fehlentscheidung getroffen habe. Diese zusätzlichen Steuern dürften jedoch nicht als Argument dafür herhalten, die „unsägliche“ Landesstiftung künstlich weiter am Leben zu halten und finanziell noch besser auszustatten.



Ministerpräsident Teufel habe die Stiftungslösung damals fälschlicherweise damit begründet, nur auf diese Weise die Erlöse aus dem Verkauf der Landesanteile an der EnBW steuerfrei erhalten zu können. Schon damals sei jedoch bekannt gewesen, dass die Bundesregierung solche Verkäufe steuerfrei stellen wird. Die Stadt Stuttgart z. B. habe deshalb ihre Erlöse aus dem EnBW-Verkauf per Optionsvertrag steuerfrei erzielen können, ohne Stiftungslösung.



Wolfgang Drexler: „Die Konstruktion dieser Stiftung diente Ministerpräsident Teufel von Anfang an ausschließlich zu dem Zweck, für den Landtagswahlkampf 2001 überall großzügige finanzielle Versprechungen machen zu können. Herr Teufel hat damit Parteiinteressen von CDU und FDP vor das Landesinteresse gestellt.“ Dieser aus parteitaktischen Gründen eingeschlagene finanzpolitische Irrweg habe zur Folge, dass das Land für seine Pflichtaufgaben im Landeshaushalt chronisch unterfinanziert sei.



Drexler: „Baden-Württemberg hat bei der Unterrichtsversorgung massive Probleme, viel zu wenig Ganztagesschulen und ein miserables Angebot an Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder. Hier fehlt das Geld an allen Ecken und Enden, während die Landesstiftung Gelder für teilweise höchst fragwürdige Zwecke mit vollen Händen ausgibt und Projekte unterstützt, die landespolitisch von eher nachranginger Bedeutung sind.“ Um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern, müssten endlich wieder klare politische Prioritäten gesetzt werden, so Drexler. Deshalb müsse die Landesstiftung jetzt aufgelöst werden, trotz der von der Landesregierung zu verantwortenden Nachbesteuerung für die EnBW-Erlöse.



Drexler: „Die Finanzierung wichtiger Landesaufgaben muss sich endlich wieder nach den politischen Notwendigkeiten richten, nicht nach steuerrechtlichen Vorgaben.“



MdL Nils Schmid: Das Land gewinnt einen zusätzlichen finanzpolitischen Spielraum von jährlich rd. 50 Mio Euro



Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Nils Schmid, erläuterte weitere Einzelheiten zu der Forderung seiner Fraktion, die Landesstiftung umgehend aufzulösen. Er wies darauf hin, dass durch die Stiftungskonstruktion von CDU und FDP die Erlöse aus dem EnBW-Verkauf „unabänderlich steuerverstrickt“ seien. Die Folge: Bei einer Auflösung der Stiftung gilt für das Geldvermögen aus dem EnBW-Verkauf das Steuerrecht des Gründungsjahres der Stiftung, also 1999. Für die in der Stiftung geparkten Unternehmensanteile (z. B. GVS- und BW-Bank-Landesanteile) gelte diese Regelung dann nicht, wenn sie erst nach Auflösung der Stiftung verkauft werden.



Die Stiftungslösung habe zur Folge, dass die Veräußerungserlöse aus dem EnBW-Verkauf bei einer Umwandlung der bisherigen gemeinnützigen Stiftungs-gGmbH in eine normale GmbH nachversteuert werden müssen. Dies betreffe sowohl das Stiftungsvermögen von rd. 1,38 Mrd. Euro als auch das Sonderausgabenprogramm („Erwin III“) in Höhe von 560 Mio Euro, das über den Landeshaushalt abgewickelt werde.



Insgesamt müssten für die EnBW-Erlöse wegen der von der Landesregierung zu verantwortenden Fehlentscheidung Steuern in Höhe von rund 710 Mio Euro nachentrichtet werden, weitere rd. 200 Mio Euro an Steuern fließen dem Land und den Kommunen je zur Hälfte zu.



Von dem ursprünglichen Erlös aus dem EnBW-Verkauf bleiben dem Land nach Schmids Berechnungen (mit dem beim Land verbleibenden Steueranteil) rd. 1,13 Mrd Euro, davon rund 560 Mio Euro als Sonder-Ausgabenprogramm im Landeshaushalt.



Der finanzwirtschaftliche Vorteil einer sofortigen Auflösung der Stiftung liegt nach Schmids Worten vor allem darin, dass die in der Landesstiftung enthaltenenen Unternehmensanteile weitgehend steuerfrei verkauft und ohne hemmende Gemeinnützigkeitsauflagen für den Landeshaushalt genutzt werden können.



Der Verkaufserlös der GVS-Landesanteile beträgt nach Angaben des SPD-Finanzexperten netto rund 145 Mio Euro, der Verkauf der BW-Bank-Anteile netto rd. 155 Mio Euro.



Nils Schmid: „Aus politischen und aus finanzwirtschaftlichen Gründen ist die sofortige Auflösung der Landesstiftung, die außer Erwin Teufel niemand mehr will, unumgänglich. Wenn das Land die Stiftung jetzt auflöst und dann seine Unternehmensanteile an der GVS und an der BW-Bank verkauft, erbringt das zusammen einen Netto-Erlös von rd. 300 Mio Euro. Wenn diese Unternehmensanteile aber aus der Stiftung heraus verkauft werden und die Landesstiftung erst später aufgelöst wird, dann würden weitere etwa 125 Mio Euro Steuern fällig.“



Mit der Auflösung der Stiftung, der Nachversteuerung der Erlöse aus dem EnBW-Verkauf sowie dem weitgehend steuerfreien Verkauf der GVS- und BW-Bank-Anteile ergibt sich für den Landeshaushalt nach der Berechnung von Nils Schmid ein Netto-Betrag von rd. 870 Mio Euro. Wenn dieser Betrag entsprechend dem SPD-Konzept zur Tilgung von Landesschulden verwendet wird, gewinnt das Land durch die Zinseinsparungen einen zusätzlichen finanzpolitischen Spielraum von jährlich rd. 50 Mio Euro.



Deshalb fordert die SPD-Fraktion, die Landesstiftung jetzt aufzulösen und für die EnBW-Erlöse die anfallenden Steuern zu bezahlen, um wenigstens die Erlöse aus dem anstehenden GVS-Verkauf und einem baldigen Verkauf der Anteile an der BW-Bank für Schwerpunktaufgaben im Landeshaushalt steuerfrei zur Verfügung zu haben.

gez. Helmut Zorell

Pressesprecher