Energieexperte Thomas Knapp: „Wenn selbst dem CDU-Umweltminister die Sicherheit der älteren Atomkraftwerke nicht mehr ausreicht, muss die Landesregierung für die schnelle Abschaltung sorgen“

Die SPD-Fraktion will von der Landesregierung jetzt in einer neuen Anfrage genau wissen, wie sie zu den Planungen steht, moderne Kernkraftwerke wesentlich länger und ältere etwas weniger lang weiterlaufen zu lassen. Ministerpräsident Mappus erklärte sich solchen Plänen gegenüber auf einmal für „flexibel“. „Es ist offensichtlich, dass CDU und FDP mit Tricksereien daran feilen, wie sie den Atomkonzernen die längeren Laufzeiten servieren können“, sagt Thomas Knapp, energiepolitischer Sprecher der Fraktion. Da die jetzt vorgesehene Nachrüstung mit Betonkuppeln für ältere Meiler gar nicht mehr wirtschaftlich sein könne, gehe es offensichtlich darum, die Laufzeiten der neueren Kernkraftwerke großzügig zu verlängern. „Wenn selbst dem CDU-Umweltminister die Sicherheit der älteren Atomkraftwerke nicht mehr ausreicht, muss die Landesregierung für die schnelle Abschaltung sorgen“, fordert Knapp.

Da CDU-Umweltminister Röttgen die älteren Meiler mit einer neuen Betonkuppel sicherer machen wolle, soll die Landesregierung erklären, wie sie das Sicherheitsniveau der älteren Meiler Neckarwestheim I und Philippsburg I jetzt bewertet. „Hält sie diese Meiler eigentlich tatsächlich für sicher, wenn selbst ihr eigener CDU-Umweltminister anderer Meinung ist?“, fragt Knapp. Zum anderen möchte sie wissen, ob es bei den beiden alten Kraftwerken überhaupt technisch möglich sei, sie mit einer gesonderten Betonkuppel auszurüsten und vor allem: Welche Kosten würde eine solche Nachrüstung verursachen? Konkret: Wie lange müssten die beiden überalterten Meiler laufen, um solche Kosten wieder hereinzubekommen? Und: Wäre es auch angesichts der vorgesehenen Brennelementesteuer für den Betreiber EnBW überhaupt ökonomisch sinnvoll, die älteren Meiler weiterlaufen zu lassen? Zudem müsse die Landesregierung erklären, ob sie bei einer solchen Nachrüstung weiterhin die Umgehung des Bundesrates befürworte?

Knapp hält die aktuellen Pläne für überaus „durchsichtig“: Die CDU wolle offensichtlich verschleiern, dass damit auch die maroden Meiler wie Neckarwestheim I ohne Nachrüstung um fünf Jahre länger laufen könnten. Danach würde durch Übertragung der Strommengen auf die jüngeren Atomkraftwerke eine riesige Laufzeitverlängerung von etwa 25 Jahren erfolgen. Die SPD verweist darauf, dass bei einer solchen technischen Nachrüstungspflicht auch die Länder belastet würden, da als Atomaufsicht und Genehmigungsbehörden ein großer Mehraufwand auf sie zukäme. „Wenn die Landesregierung weiterhin den Bundesrat umgehen will, verletzt sie massiv die Interessen des Landes“, sagt Knapp deshalb.

Dabei seien sich Experten und Stadtwerke längst einig, dass jede Laufzeitverlängerung neue Investitionen in Klimaschutz und Erneuerbare Energien erheblich behindere. Die einzigen Nutznießer seien die vier Atomkraftwerksbetreiber. „Mappus und Gönner wollen den Energiekonzernen auf Teufel komm raus entgegenkommen, auch wenn dadurch die Sicherheit und der Umstieg auf erneuerbare Energien beeinträchtigt werden“, sagt Knapp. Sinnvoll sei deshalb nur ein Weg: Das bisherige Atomgesetz einzuhalten und die alten Atomkraftwerke zügig abzuschalten, wie vorgesehen.

Stuttgart, 03. September 2010
Dr. Roland Peter
Pressesprecher