Umweltexperte Wolfgang Stehmer: „Es wird Oettinger nicht gelingen, einerseits die Atomkraft voranzutreiben, und andererseits Baden-Württemberg auf der Grundlage vollkommen ungesicherter Erkenntnisse als Endlagerstätte auszuschließen

Die SPD-Fraktion ist einmal mehr erstaunt über die Atompolitik der Landesregierung. Während Ministerpräsident Oettinger und Ministerin Gönner einerseits die Laufzeiten der Kernkraftwerke faktisch aufheben und angeblich „nur an die Sicherheit“ knüpfen wollten, spiele die Endlagerung für sie offensichtlich nur eine nebensächliche Rolle. Das werde an der neuen Antwort auf eine SPD-Anfrage deutlich, die die Gönner-Aussagen zum Endlager in Baden-Württemberg untersuche. Ergebnis: Es gebe bislang überhaupt kein wissenschaftlich fundiertes Gutachten, das die Behauptung, Baden-Württemberg sei nicht für ein Endlager geeignet, untermauere. „Die Landesregierung betreibt ihre Atompolitik auf wissenschaftlich vollkommen ungesicherten Aussagen“, erklärte Wolfgang Stehmer, Fraktionssprecher für Atomkraft. Und: „Offensichtlich will die Landesregierung die Atomkraftwerke um jeden Preis weiterlaufen lassen.“

Die Gönner-Aussagen zur geologischen Eignung Baden-Württembergs für ein atomares Endlager entpuppten sich als alter Wein in neuen Schläuchen, erklärte Stehmer. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) hatte schon vor fünf bis sieben Jahren eine solche Stellungnahme für den Arbeitskreis Endlager des Bundes verfasst. Besonders wichtig: Ziel war lediglich eine interne Meinungsbildung, keine grundlegende Analyse. Deshalb basierte diese Aussage nur auf der Sichtung vorhandener Unterlagen, wie aus der Antwort hervorgeht – also auf keinerlei qualitätsvollen eigenen Untersuchungen. Das Landesamt vermutete danach, dass der Opalinuston im Ländle „nur bedingt“ für ein Endlager geeignet sei. Dies wurde von der Landesregierung jetzt als Tatsache verbreitet.

Stehmer nennt die Aussage des Landesamtes aber lediglich „eine Grobeinschätzung“. Sie reiche ohne jegliche neue Untersuchungen bei weitem nicht als Basis aus, um Baden-Württemberg als Endlager-Stätte endgültig auszuschließen. Stehmer warf der Landesregierung vor, ständig den Anschein neuer Erkenntnisse erwecken zu wollen, um den Fokus vom Land abzulenken. „Es wird Oettinger nicht gelingen, einerseits die Atomkraft vorantreiben zu wollen, und andererseits Baden-Württemberg auf der Grundlage vollkommen ungesicherter Erkenntnisse als Endlagerstätte auszuschließen.“ Die Landesregierung sorge mit ihrer Politik selbst dafür, dass Baden-Württemberg wieder für ein Endlager in Frage komme. Schließlich sei dieses St. Florians-Prinzip Oettingers und Gönners den anderen Bundesländern kaum zu vermitteln.

Stehmer fordere die Landesregierung auf, endlich seriös mit dem Thema Endlager umzugehen. Das bedeute aber, dass die Atompolitik auf gesicherten Fakten basieren müsse und nicht auf „uralten, unbestimmten Aussagen“. Wer keinen Atommüll im Land haben wolle, der müsse zuerst den Atomausstieg vorantreiben. Nur dann werde die Menge der anfallenden Brennelemente für die Endsorgung begrenzt – und nur dann komme Baden-Württemberg als Endlager-Standort nicht mehr in Frage.

Stuttgart, 13. Oktober 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher