Bildungsexperte Kaufmann: „Die Chancengleichheit in der Bildung wird von Oettinger und Rau erneut verletzt“

Die CDU/FDP-Landesregierung setzt trotz vieler Proteste auch aus der CDU-Landtagsfraktion ihre Ankündigung um, den so genannten „Leertagezuschuss“ für Jugendwohnheime ab dem diese Woche beginnenden Schuljahr 2009/2010 von sechs Euro auf drei Euro pro Tag und Schüler zu halbieren. Das geht aus der neuen Antwort von Kultusminister Helmut Rau (CDU) auf einen Antrag von Gunter Kaufmann, bildungspolitischer Spreche der Fraktion, hervor. Kaufmann forderte erneut die sofortige Rücknahme dieser Verwaltungsvorschrift: „Die Landesregierung will erneut auf Kosten der Ausbildung sparen“, erklärte Kaufmann.

Bislang wurden Jugendwohnheime finanziell vom Land unterstützt, wenn sie Plätze für eine ständig wechselnde Zahl von Berufsschülern zur Verfügung halten, anstatt sie an Dauerbewohner zu vergeben. Das Kultusministerium bezahlte die Einnahmeausfälle als „Leertagezuschuss“. Die oft minderjährigen Berufsschüler, die etwa in zentralen Landesfachklassen weit von ihrem Wohnort entfernt zur Schule gehen, konnten dadurch in den Heimen übernachten. Zudem wurden sie verpflegt und sozialpädagogisch begleitet.

Mit der neuen Regelung wende sich Kultusminister Rau erneut gegen die Jugendwohnheime, kritisiert Gunter Kaufmann scharf. Nachdem der Zuschuss bereits 2006 reduziert wurde, kämen die Jugendwohnheime durch die im Juli beschlossene Kürzung jetzt endgültig in eine finanziell schwierige Situation. Noch schlimmer sei aber, dass dadurch viele Berufsschüler mit erheblichen finanziellen Mehrbelastungen zu rechnen hätten. Die Heime müssten die finanziellen Ausfälle teilweise sofort auf den Tagessatz der Schüler aufschlagen.

Mit dieser neuen Kürzung würden bestimmte Berufe, die nur zentral unterrichtet werden können, wieder einmal deutlich geschwächt, sagte Gunter Kaufmann. Und dies angesichts der Tatsache, dass dieser Blockschulunterricht eine wachsende Beliebtheit erfahre. So musste das Kultusministerium in der Antwort einräumen, dass die Anzahl der Blockschüler in Jugendwohnheimen in den Jahren 2006 bis 2008 stark anstieg. Mit der Kürzung sei zu befürchten, dass der Anteil der Blockschüler sinken werde. Da sich viele junge Leute die höheren Kosten dann nicht mehr leisten könnten, würde die Chancengleichheit in der Bildung erneut geschwächt. „Es hängt immer stärker vom Einkommen ab, ob Bildungsangebote wahrgenommen werden können“, sagte Kaufmann. „Dass die Landesregierung dies offensichtlich nicht stört, ist nicht zu fassen.“

Oettinger und Rau schadeten damit nicht nur den Schülern, sondern auch der Wirtschaft des Landes. „Wer angesichts des drohenden Fachkräftemangels an der Ausbildung spart, beschädigt die Zukunftschancen der Unternehmen“, betonte Kaufmann. Trotz der ernüchternden Antwort wird die Landtags-SPD versuchen, die bisherige Regelung für die Bezuschussung von Leertagen bei der Unterbringung von Berufsschülern wieder einzuführen und das Thema nochmals im Schulausschuss des Landtags behandeln.


Stuttgart, 17. September 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher