Bildungsexperte Mentrup: „Der Zugang zur Sprachförderung wird in Baden-Württemberg zum Vabanque-Spiel“

Die geplante Verschärfung bei den Sprachfördermaßnahmen der Landesstiftung ab dem kommenden Kindergartenjahr stößt bei der SPD-Landtagsfraktion auf scharfe Kritik. „Die Landesregierung setzt die Bildungschancen der Kinder in unverantwortlicher Weise aufs Spiel“, sagte der bildungspolitische Sprecher Frank Mentrup. Die neuen Regelungen bedeuteten, dass „der Zugang zur Sprachförderung in Baden-Württemberg zum Vabanque-Spiel wird“, betonte Mentrup. Leidtragende seien die Kinder.

Jetzt zeige sich, dass die Mittel der Landesstiftung für das Sprachförderprogramm „Sag´ mal was“ bei weitem nicht genügten, um alle Kinder ausreichend zu fördern. Nicht einmal der bisherige Rahmen könne noch eingehalten werden. „Um dies zu verschleiern, hat die Landesstiftung kurzerhand die Förderrichtlinien verändert“, kritisierte Mentrup.

Hintergrund für die SPD-Kritik ist die Verschärfung bei den Förderrichtlinien des Programms „Sag´ mal was“ zum Kindergartenjahr 2009/10. Die SPD kritisiert dabei drei Punkte. Zum ersten geht es um die Berechtigung zur Teilnahme. Bisher konnten Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren in den Kindertageseinrichtungen gefördert werden. Ab dem kommenden Kindergartenjahr sind demgegenüber nur noch Kinder teilnahmeberechtigt, die vor dem 30. September 2004 geboren wurden und zugleich ein Jahr vor der Einschulung stehen. Die Kinder sind dann also in der Regel fünf Jahre alt, während die verpflichtende Sprachstandserhebung dann teilweise ein Jahr zurückliegt. Gleichzeitig wird die Mindestgröße pro Fördergruppe unverändert bei sechs Kindern gelassen. Das bedeute, dass die Sprachförderung in vielen Kindergärten insbesondere im ländlichen Raum wegfalle, wenn nicht mehr genügend fünfjährige Kinder vorhanden seien, erklärte Mentrup. „Im Klartext heißt das: Die Landesregierung schließt viele Kinder aus der Sprachförderung aus.“ Hinzu komme, dass die Förderung ab fünf Jahren viel zu spät einsetze, sagte Mentrup. Die Landesstiftung ignoriere hier bewusst die Ergebnisse vieler wissenschaftlicher Studien.

Zum zweiten wird die Obergrenze der Gruppen von derzeit maximal acht auf elf Kinder erhöht. „Hier wird nicht berücksichtigt, dass einzelne Kinder in einer größeren Gruppe viel schlechter individuell gefördert werden können“, sagte Mentrup. Darüber hinaus stelle die Landesstiftung pro Fördergruppe künftig nur noch 2.400 Euro anstatt 2.700 Euro zur Verfügung.

Und zum dritten werden die bisher zusätzlich gezahlten 500 Euro für Angebote mit aktiver Elternbeteiligung in einem Kindergarten gestrichen. „Die Landesstiftung ist sich offenbar nicht darüber im Klaren, dass die Beteiligung der Eltern an der Sprachförderung besonders wichtig ist“, erklärte der Bildungsexperte.

Mit diesen neuen Regelungen bewahrheite sich, was die SPD befürchtet habe: Die Landesregierung stehle sich durch die Finanzierung der Sprachförderung über die Landesstiftung aus der Verantwortung. „Jedes Kind muss nach seinem Bedarf gefördert werden“, forderte Mentrup. Die Landesregierung schränke mit ihrem Vorgehen die Bildungschancen der ausländischen, aber auch vieler deutscher Kinder massiv ein. Dabei hätten viele Bildungsanalysen seit Pisa die Bedeutung der Sprachförderung offenbart. „Oettinger und Rau ignorieren wissentlich, dass sie viele Kinder benachteiligen“, erklärte Mentrup.

Die SPD fordert deshalb, dass die Sprachförderung durch den Landeshaushalt finanziert werde, damit einen verlässlichen Rahmen erhalte und sogar ausgebaut werde. „Die Eltern brauchen die Gewissheit, dass ihr Kind eine angemessene Sprachförderung erhält“, sagte Mentrup. Die Landesregierung müsse sich endlich dieser Verantwortung stellen und die Sprachförderung frühzeitig und angemessen finanzieren und organisieren.


Dr. Roland Peter
Pressesprecher