Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel: „Oettinger muss endlich auf die vielen Fehltritte des Ministers reagieren“

Der Vorstand der SPD-Landtagsfraktion hat heute nach gründlicher Beratung beschlossen, in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause die Entlassung von Wissen-schaftsminister Peter Frankenberg zu beantragen. Damit reagiert die SPD auf die lange Pannenserie in allen Aufgabenbereichen des Ministers. „Angesichts der Schadensbilanz von Peter Frankenberg ist seine Rolle beim Stuttgarter Opern-Skandal nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagte Fraktionschef Claus Schmiedel.

Jetzt könne mit der drohenden Pleite der Bruchsaler Privat-Uni ein neuer Fehlschlag Frankenbergs hinzukommen. Gerade dieses Thema illustriere die Rolle, die der Minister als Förderer der „unternehmerischen Hochschule“ seit Jahren einnehme, erklärte die SPD. Damit habe er ein so großes Spannungsfeld an den Hochschulen produziert, dass deren Gremien sich oft eher mit sich selbst als mit wichtigen sachlichen Fragen beschäftigten. Zudem werde durch den jüngsten Streik offensichtlich, wie sehr die Studierenden an den Hochschulen ins Hintertreffen geraten seien. Schmiedel hält es dabei für bezeichnend, wie der Minister solche Proteste abgetan habe.

Ähnlich unglücklich habe Frankenberg in seiner Personalpolitik reagiert. „Der Fall Friedl und die Staatsoper sind Beispiele dafür, wie dilettantisch das Frankenberg-Ministerium agiert“, sagte Schmiedel. Und: „Das zeigt, dass ein Minister ohne politisches Fingerspitzengefühl in seinem Ministerium immensen Schaden anrichten kann.“

Schließlich die Kulturpolitik, in der der Minister eigentlich nur negativ aufgefallen sei. Am Skandal um die badischen Handschriften trage zwar in erster Linie Ministerpräsident Oettinger selbst die Schuld. Frankenberg habe aber als eigentlich zuständiger Fachminister die Verantwortung. Wer historisch wertvolle Dokumente am Markt feil bieten wolle, um den Staatshaushalt gesund zu stoßen, habe in der Kulturpolitik von vornherein nichts mehr verloren und kein Ansehen mehr. Insofern sei es konsequent gewesen, die Kulturpolitik im Wesentlichen seinem Staatssekretär zu überlassen. Dass aber beide zusam-men als Elefant im Porzellangeschäft agierten, demonstriere die Nachfolgefrage beim Opernintendanten Puhlmann. Das sensible Geschäft sei hier, einen neuen Intendanten zu präsentieren, mit dem die anderen drei innerhalb des erfolgreichen Stuttgarter Modells zusammenarbeiten müssten. Was passiere stattdessen: Frankenberg knalle den drei Kulturchefs einen Kollegen vor den Bug – und treffe auf den versammelten Protest der Intendanten und des Verwaltungsrates. Das gehe so weit, dass die Intendanten einen eigenen Bewerber präsentieren wollten. „Ein gröberes Vorgehen und ein größeres Fiasko sind nicht mehr vorstellbar“, sagte Schmiedel. „Dieser Skandal hat Frankenberg endgültig disqualifiziert.“

Die SPD weist auch die immer wieder vorgebrachte Rechtfertigung des Ministers zurück, die Erfolge der Universitäten in der Excellenzinitiative seien als Folge seiner Politik entstanden. Denn die Grundlagen dafür seien längst in früheren Zeiten gelegt worden. Heute litten demgegenüber alle Hochschulen im Land an einer chronischen Unterfinanzierung, die maßgeblich auf die Politik Frankenbergs zurückzuführen sei.

Angesichts dieser Schadensbilanz sei eine gute Zukunft für Hochschulen und Kultureinrichtungen des Landes mit Peter Frankenberg nicht mehr möglich. Die SPD fordert Ministerpräsident Oettinger deshalb auf, Frankenberg zu entlassen und einen wirklich geeigneten Nachfolger zu ernennen. „Oettinger muss seine Entscheidungsschwäche überwinden und endlich reagieren“, forderte Schmiedel. Ansonsten trage der Ministerpräsident künftig selbst die Verantwortung für die vielen Fehltritte Frankenbergs.

Stuttgart, 14. Juli 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher

Frankenbergs Schadensbilanz

Abteilung Kultur-/Kunstpolitik

Intendanz der Stuttgarter Staatsoper

•Als Folge der dilettantischen Personalpolitik Frankenbergs gibt es an der überaus renommierten Staatsoper Stuttgart einen desillusionierten Bewerber, beschädigte Intendanten, ein infrage gestelltes „Stuttgarter Modell“ sowie einen entmündigten Verwaltungsrat.

Badische Kulturgüter

•Frankenberg wähnte Kulturgüter im Eigentum des Hauses Baden und wollte sie kaufen, obwohl sie bereits dem Land gehörten. Noch schlimmer seine Absicht, historisch überaus wertvolle Handschriften für die Landesgeschichte zu veräußern, um den Landesetat zu entlasten. Der internationale Aufschrei von Wissenschaftlern und Künstlern beschädigte den Ruf des Landes – und der Landesregierung – nachhaltig.

Salem

•Vor dem Hintergrund der Kulturgüter-Affäre ging es Frankenberg vor allem darum, die Verhandlungen mit dem Haus Baden über Salem schnell abzuwickeln. Ergebnis ist, dass das Haus Baden weiterhin einen Stammsitz im neuerworbenen Eigentum des Landes behält – auf Kosten des Steuerzahlers.

Abteilung Hochschulen

Friedl-Skandal und Doping-Skandal in Freiburg

•Frankenberg sah in einem Vergleich mit Friedl eine 2-Millionen-Abfindung vor, für die es nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs keinerlei Grund gab. Erst ein Landtagsbeschluss hatte auf Vorschlag der SPD die Auszahlung des Betrags vereitelt. Nach wie vor ist es wahrscheinlich, dass das Land die zwei Millionen Euro bezahlen muss.

•Die Aufsichts- und Kontrollpflichten durch das Wissenschaftsministerium wurden an der Uni-Klinik Freiburg sträflich vernachlässigt. Als Folge entstanden der Fall Friedl und der Doping-Skandal.

SIMT Stuttgart und International University Bruchsal

Frankenberg setzt mit seiner Unterstützung für die beiden Privat-Unis in Stuttgart und Bruchsal wohl rund zehn Millionen Euro Steuergelder in den Sand. Hier zeigt sich besonders, wohin die Markt- und Wettbewerbsideologie führen kann.

Die Studiengebühren

•Frankenberg schreckt als glühender Verfechter der Studiengebühren viele Baden-Württemberger vom Studium ab (neuestes Ergebnis einer Allensbach-Umfrage) – anstatt möglichst viele junge Leute an die Hochschulen heranzuführen. Zudem weigert sich Frankenberg, das zuvor angekündigte Stipendiensystem einzuführen.
•Der Minister hat bei der Einführung der Studiengebühren die Bevölkerung getäuscht. Seine Zusage, Gebühren würden nicht als Ersatz für die Landesfinanzierung eingesetzt, ist gebrochen.
•Die Hochschulen, die sich auf die Gebühren verlassen haben, wurden ebenfalls getäuscht. Die Folge: große Finanznot etwa an der Uni Hohenheim oder der PH Heidelberg.

Die Unterfinanzierung der Hochschulen

•Durch die Solidarpakte I und II wird die Finanzierung auf das Niveau des Ausgangsjahres ohne Inflationsausgleich festgeschrieben. Dadurch entsteht binnen elf Jahren ein realer Kaufkraftverlust von 40 Prozent für die Hochschulen.
•Der Rechnungshof verweist schon 2004 auf eine 2,4 Milliarden-Sanierungslücke an den Hochschulen, ohne dass Frankenberg reagiert.

Der Bologna-Prozess

•Auch der Bologna-Prozess ist deutlich unterfinanziert. Frankenberg will dafür kein Geld ausgeben, während die Hochschulrektorenkonferenz von einem Mehraufwand von 15 Prozent ausgeht.
•Die Proteste der Studierenden werden von Frankenberg leichtfertig abgetan. Er erkennt nicht, dass er mit seiner Reform der Motivation und Studienfreude der jungen Leute erheblich schadet.