Wolfgang Drexler: Die Eskalation des CDU-internen Machtkampfes beschädigt nicht nur die Person, sondern vor allem auch das Amt des Ministerpräsienten“

SPD-Spitzenkandidatur: personelle Weichen sind gestellt

SPD fordert grundlegend neues Landtagswahlrecht

Mit großer Sorge reagierte SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler auf die Demontage von Ministerpräsident Erwin Teufel innerhalb der CDU. Die SPD-Fraktion sei zwar mit der rückwärtsgewandten Politik des Regierungschefs nicht einverstanden, die Eskalation des innerparteilichen Machtkampfes werde nun aber immer bedrohlicher. Diese mit immer härteren Bandagen geführte Auseinandersetzung lähme nicht nur die Landespolitik, sondern beschädige auch zusehends das Amt des Ministerpräsidenten. „Man kann zu Erwin Teufel stehen wie man will. Und wie immer man die Nachfolgefrage bewertet: Allein schon der Respekt vor dem Amt gebietet es, die Nachfolgefrage so zu lösen, dass dabei das Amt des Ministerpräsidenten nicht dauerhaft Schaden nimmt.“

Drexler forderte Teufel zugleich auf, seinerseits alles zu tun, damit der eskalierende Nachfolgestreit nicht länger alle wichtigen landespolitischen Entscheidungen blockiere. „Erwin Teufel muss sich schnell entscheiden. Wir können es uns nicht leisten, dass zentrale Aufgaben der Landespolitik, so vor allem die Aufstellung eines verfassungsgemäßen Landeshaushalts, nicht mehr nach sachlichen Kriterien entschieden, sondern nur noch unter dem Gesichtspunkt möglicher Vorteile in einem immer brutaler ausgetragenen Machtkampf missbraucht werden.“

Ute Vogt kandidiert 2006 für den Landtag – nicht mehr für den Bundestag
Anders als die CDU hat die SPD nach den Worten von Wolfgang Drexler die personellen Weichen für die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2006 gestellt. Die SPD-Landesvorsitzende und parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Ute Vogt, hat auf der SPD-Klausur in Balingen offiziell bekannt gegeben, dass sie 2006 für den Landtag und nicht wieder für den Bundestag kandidieren wird. Die SPD-Fraktion hat die Mitteilung von Ute Vogt, dass sie als Spitzenkandidatin bereit stehe, mit großem Beifall aufgenommen.

Im Beisein von Ute Vogt hat die SPD-Landtagsfraktion auch programmatische Pflöcke für die weitere Arbeit der Landtagsfraktion eingeschlagen und Eckpunkte für eine zukunftsweisende und sozial gerechte Familien- und Bildungspolitik beschlossen:

Landeserziehungsgeld nicht antasten!

Die Lernmittelfreiheit in vollem Umfang erhalten!

Schaffung von mehr Kinderbetreuungsplätzen: Das SPD-Konzept sieht vor, dass das Land den Kommunen zusätzliche Mittel für den Ausbau des Kinderbetreuungsangebots zur Verfügung stellt. Dazu sollen Erlöse aus dem Verkauf von Landesbeteiligungen und der Auflösung der Landesstiftung verwendet werden.

Stärkung des Bildungsauftrags des Kindergartens: Die SPD spricht sich dafür aus, für die baden-württembergischen Kindergärten rasch einen Erziehungs- und Bildungsplan zu entwickeln. Das Land muss die Kommunen und die Kindergartenträger bei den erforderlichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Kindergartenfachkräfte unterstützen.

Verbesserte frühkindliche Sprachförderung: Die SPD will, dass mit der Sprachförderung bereits zu Beginn des Kindergartenbesuches begonnen wird. Sprachförderung darf nicht erst im letzten Kindergartenjahr starten, so wie dies derzeit mit den durch die Landesstiftung finanzierten Sprachfördergruppen geschieht.

Sicherung der pädagogischen Qualität in den Kindergärten: Das SPD-Konzept sieht für alle Kinderbetreuungseinrichtungen landesweit verbindliche Qualitätsstandards im Hinblick auf die Gruppengrößen und die Ausstattung mit pädagogischem Personal vor.

Drexler: „Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich mehr junge Menschen in Baden-Württemberg für ein Leben mit Kindern entscheiden. Und es ist unser Ziel, die Kinder so früh wie möglich zu fördern. Denn die Grundlagen für den späteren Bildungserfolg in der Schule werden bereits im Kleinkindalter gelegt. Mit der Förderung muss deshalb so früh wie möglich begonnen werden!“

Grundlegende Reform des Landtagswahlrechts
Die SPD-Fraktion hat auf ihrer Klausurtagung in Balingen auch ein Konzept für eine grundlegende Reform des Landtagswahlrechts beschlossen. Fraktionschef Drexler wies darauf hin, dass seine Fraktion bereits zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Vorschlag für eine Wahlrechtsreform vorgelegt hat, die Regierungsfraktionen bisher aber wenig Bereitschaft gezeigt hätten, darüber ernsthaft zu verhandeln. CDU und FDP seien allenfalls zu kleineren Korrekturen bei der Einteilung der Wahlkreise bereit, um möglichen Wahlanfechtungen vorzubeugen.

Die SPD dagegen fordert eine tiefgehende Neugestaltung des Landtagswahlrechts. Sie will die Einführung des Systems von Erst- und Zweitstimme auch bei der Landtagswahl, die Ergänzung des bisherigen Systems der Verteilung der Sitze um eine kleine Landesliste, die Anpassung der Größe der Wahlkreise und die konsequente Einführung der Inkompatibilität.

Die Änderung des Wahlrechts muss nach den Worten von Wolfgang Drexler noch in diesem Jahr erfolgen. Denn die Wahlperiode des 13. Landtags endet am 31. Mai 2006. Nach § 24 I Landtagswahlgesetz können Delegierte für Wahlkreisdelegiertenversammlungen nicht früher als 18 Monate, Landtagskandidatinnen und -kandidaten nicht früher als 15 Monate vor Ende der Legislaturperiode gewählt werden. Delegierte könnten also ab 1. Dezember 2004 gewählt werden, Nominierungsversammlungen ab 1. März 2005 stattfinden.

Nach dem Vorschlag der SPD könnte die tatsächliche Sitzzahl des Landtags dauerhaft auf die Regelsitzzahl von 120 Sitzen reduziert werden, auch bei Wahlergebnissen wie 1992. Von diesen 120 Sitzen würden 50 über die Direktwahl in den Wahlkreisen vergeben, weitere 50 über Zweitmandate und 20 über eine kleine Landesliste.

Ein Zweistimmenwahlrecht bringt nach den Worten von Wolfgang Drexler auch mehr Chancengerechtigkeit zwischen den Parteien. Im Zusammenspiel mit einer kleinen Landesliste würden sich zudem die Wahlchancen von Frauen und jungen Kandidatinnen und Kandidaten deutlich verbessern.

Vor diesem Hintergrund erteilte Drexler dem Vorschlag der Grünen, die Zweitmandate über Bezirkslisten mit Kumulierungsmöglichkeit zu vergeben, eine klare Absage. „Dieser Vorschlag führt eindeutig zu einer Bevorzugung der sog. Platzhirsche, während sich gerade die Wahlchancen von Frauen und jungen Kandidaten verschlechtern. Warum ausgerechnet die Grünen einen solchen Vorschlag unterbreiten, ist nicht nachvollziehbar.“

Die SPD spricht sich in ihrem Reformkonzept auch dafür aus, beim Neuzuschnitt der Wahlkreise „Nägel mit Köpfen“ zu machen. Um die Größe der Wahlkreise für einen überschaubaren Zeitraum auf ein sicheres rechtliches Fundament zu stellen, sollen Änderungen zumindest überall dort vorgenommen werden, wo die Größe der Wahlkreise heute um 15 % und mehr von der durchschnittlichen Größe der Landtagswahlkreise nach unten oder nach oben abweicht.

Helmut Zorell
Pressesprecher