Rechtsexperte Stickelberger: „Je mehr wir uns mit dem Fall beschäftigen, desto mehr schwerwiegende Fragen an Minister Frankenberg gibt es“

SPD-Anfrage zum Stand des Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche des Wissenschaftsministeriums

Die SPD-Landtagsfraktion erklärt angesichts der bisher untersuchten Akten im Fall Friedl, dass sich die bisherigen schweren Bedenken gegen die Einigung mit dem Freiburger Mediziner klar bestätigt hätten. „Je mehr wir uns mit dem Fall beschäftigen, desto mehr schwerwiegende Fragen an Minister Frankenberg gibt es“, erklärte Rainer Stickelberger, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion. Stickelberger erwartet, dass der Minister es in der nächsten Sitzung des Wissenschaftsausschusses am kommenden Mittwoch sehr schwer habe werde, seine Politik gegenüber Friedl zu erläutern. „Inzwischen wird immer deutlicher, dass die Landesregierung sich sehr nachgiebig gegenüber dem Kunstfehler-Chirurgen verhalten hat“, erklärte der SPD-Politiker.

Klar sei jetzt auch, dass Frankenbergs Vergleichsentscheidung lediglich auf einem vor-läufigen Teilbericht über diese Angelegenheit beruhe. „Der Minister will also dem Skandal-Mediziner zwei Millionen Euro Abfindung zahlen, ohne seinen Fall umfassend untersucht zu haben“, unterstreicht Stickelberger: „Das grenzt an Veruntreuung von Steuergeldern.“

Die SPD hat deshalb jetzt eine offizielle Anfrage an das Ministerium gestartet. Die Fraktion will den aktuellen Stand des Ermittlungsverfahrens erfahren, das über 100 Freiburger Rechtsanwälte gegen diejenigen Beamten oder Politiker angestrengt haben, die im Ministerium für den Vergleich verantwortlich sind. Die Frage lautet, gegen wen sich diese Anzeige konkret richtet, wegen welcher Vorwürfe ermittelt wird und wann mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist.

Stickelberger verweist auch darauf, dass Frankenberg in seinen bisherigen Antworten auf SPD-Anfragen sehr ausweichend agiere. So werde nicht einmal beantwortet, weshalb eigentlich die Leitung der Freiburger Klinik dem Treiben des sogenannten Chirurgen zwei Jahren lang zugeschaut habe. „Hier zeigt sich ein klares Aufsichtsproblem, das Folgen haben muss“, betonte Stickelberger. Die SPD möchte deshalb wissen, wie Frankenberg künftig sicherstellen will, dass die fachliche und rechtliche Aufsicht über die Freiburger Klink und die anderen Kliniken im Land besser funktioniert.

Ungeklärt sei auch, weshalb das Land selbst nicht gegen Friedl vorgehe und von ihm Regress verlange. Schließlich hätte das Land aufgrund der Kunstfehler bisher schon rund 300.000 Euro an Schadensersatz leisten müssen. Die Summe könne sogar noch größer werden, da weitere Verfahren geschädigter Menschen gegen Friedl und die Klinik wegen Körperverletzung liefen. Stickelberger fordert Frankenberg deshalb auf, selbst Schadensersatz von Friedl zu verlangen. „Es kann nicht sein, dass das Land zuerst für die groben Fehler Friedls einstehen muss und ihm dann noch eine hohe Vergleichssumme hinterher wirft“, sagte Stickelberger.

Er hält zudem die direkte Begründung für den Vergleich für äußerst fragwürdig. Frankenberg will die zwei Millionen auch als Ausgleich für „entgangene und künftig entgangene Privatliquidationseinnahmen“ bezahlen. Die SPD äußert daran aber große Zweifel. „Welcher Patient hätte sich Friedl denn noch anvertraut, nachdem er so schwere und fortdauernde Kunstfehler begangen hat?“, erklärte Stickelberger.

Insgesamt bleibt deshalb die SPD bei ihren bisherigen Forderungen: Das Land dürfe keinen Cent an den Mediziner auszahlen. Und: „Es muss endlich eine endgültige rechtliche Klärung her, ob Friedl tatsächlich Anspruch auf irgendwelche Zahlungen hat“, sagte Stickelberger. Frankenberg habe versäumt, ein solches Gerichtsurteil bereits vor Abschluss des Vergleichs herbeizuführen.


Stuttgart, 24. April 2009
Dr. Roland Peter, Pressesprecher