Ute Vogt und Wolfgang Drexler: „Es muss wieder klar sein, wer wofür zuständig ist, wer was entscheidet und wer was bezahlt“

Länder und Kommunen stärken – Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu ordnen – Verwaltung bürgernah modernisieren

Die SPD Baden-Württemberg drängt auf eine grundlegende Reform aller staatlichen Ebenen. Ziel ist es, die Eigenständigkeit von Ländern und Kommunen zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern mehr demokratische Beteiligungsrechte zu geben. Gerade von Baden-Württemberg als einem starken Bundesland müssen dazu nach Ansicht der SPD-Landesvorsitzenden Ute Vogt und von Fraktionschef Wolfgang Drexler neue Impulse ausgehen. Die Landesregierung sei dazu weder in der Lage noch willens, weil sie sich mit parteitaktisch motivierten Schuldzuweisungen an die Adresse der Bundesregierung begnügt, zugleich aber im eigenen Land aus Angst vor Machtverlust überfällige Reformen blockiert.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD Baden-Württemberg auf einem Spitzentreffen von Amts- und Mandatsträgern aller politischen Ebenen (Europa, Bund, Land und Kommune) wichtige Weichenstellungen vorgenommen, um die Stagnation in Baden-Württemberg zu überwinden und offensiv die Reform des Staates voranzutreiben. Die SPD schärft damit auch ihr Profil als Baden-Württemberg-Partei, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertritt. Sie grenzt sich damit klar ab von der regierenden CDU, die nach der Devise handelt: „Erst die Partei, dann das Land“.

Die Landesvorsitzende Ute Vogt kündigte an, dass die bei dem Spitzentreffen beschlossenen Leitlinien für eine durchgreifende Staatsreform, für starke Länder und Kommunen jetzt in der Partei breit diskutiert werden sollen. Ziel ist es, auf dem Landesparteitag im Juni und auf dem Bundesparteitag im Herbst entsprechende Anträge einzubringen.

„In Deutschland und in Baden-Württemberg hat sich ein schier undurchschaubares Wirrwarr staatlicher Aufgabenverteilung entwickelt. Die Bürger wissen schlicht nicht mehr, wer wofür zuständig und verantwortlich ist, wer was entscheidet und wer was bezahlt. Deshalb wollen wir mit einer radikalen Staatsreform dafür sorgen, dass die Zuständigkeiten wieder klar verteilt werden, Mischfinanzierungen abgebaut und die Länder mit einer eigenständigen Finanzausstattung gestärkt werden“, so Vogt. „Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung gehören in eine Hand.“

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Drexler steht dabei die Überzeugung im Vordergrund, dass Aufgaben dann effektiv und bürgernah erledigt werden können, wenn sie „dort erledigt werden, wo sie anfallen. Dies gilt im Verhältnis zwischen Bund und Ländern genauso, wie im Verhältnis zwischen dem Land Baden-Württemberg und seinen Gemeinden.“

Finanzautonomie der Länder: Vermögens-, Erbschafts- und Kraftfahrzeugsteuer
Die SPD Baden-Württemberg fordert mehr Klarheit und Eigenverantwortung bei Steuern und Finanzen. Die SPD will damit den dynamischen Wettbewerb der Bundesländer, Regionen und Kommunen fördern. Dabei geht es um eigene Ländersteuern, um Hebesätze und um die Reduzierung von Misch- und Umlagefinanzierungen. Ute Vogt: „Die Stärkung des Föderalismus ist untrennbar an die Schaffung von mehr Finanzautonomie gebunden.“ Die SPD in Baden-Württemberg will deshalb, dass zum Beispiel Vermögens-, Erbschafts- und Kraftfahrzeugsteuer den Ländern zufließen und die Länder auch eigenständig über deren Höhe entscheiden.

Wenn die Bundesländer nach diesem SPD-Reformkonzept Aufgaben vom Bund übernehmen und dafür auch die erforderliche Finanzausstattung bekommen, haben sie allerdings auch eine Bringschuld. Sie müssen bisher zentral wahrgenommene Aufgaben ihrerseits auf Regionen, Städte und Gemeinden verlagern.

Moderne und bürgernahe Verwaltung
Eine grundlegende Staatsreform ist nach Ansicht der SPD Baden-Württemberg untrennbar verbunden mit einer tiefgreifenden Verwaltungsreform. „Wir wollen eine moderne und bürgernahe Verwaltung“, so Wolfgang Drexler, der auf die jüngsten Vorschläge der Landtagsfraktion verwies.

Die SPD will einen dreistufigen Verwaltungsaufbau mit finanziell und organisatorisch gestärkten Städten und Gemeinden. Die Aufgaben der Mittelinstanzen sollen auf der Ebene der Regionen gebündelt werden. Drexler: „Dies ermöglicht eine regional differenzierte Politik für Planung, Wirtschaft und Infrastruktur.“

Die SPD will zudem eine Reduzierung der Zahl der Ministerien und eine deutlich verschlankte Ministerialverwaltung. Sie soll künftig vor allem ihrem Steuerungsauftrag nachkommen. Das bedeutet zum Beispiel einen drastischen Abbau der Schul- und Landwirtschaftsbürokratie, aber auch eine in der Fläche eng kooperierende Arbeits- und Sozialverwaltung. Dies könnte gerade angesichts der in Deutschland anstehenden Arbeitsmarktreformen passgenaue Lösungen in den Regionen möglich machen.

Moderne und bürgernahe Verwaltung hat für die SPD auch eine ganz grundlegende Konsequenz: Effektive Verwaltung bedeutet nämlich auch, Kompetenzen und Fachwissen von außen nutzbar zu machen. Drexler: „Entscheidend ist nicht, dass der Staat selbst leistet. Sondern er muss sicherstellen, dass notwendige Leistungen tatsächlich erbracht werden.“ Daher will die SPD Projekte in sogenanntem Public-Private-Partnership ausbauen. Dabei sollen beispielsweise auch die Kommunen in den Wettbewerb eintreten und wirtschaftliche Betätigungsfelder eröffnen können.

Bund-Länder-Kompetenzen neu ordnen
Die SPD Baden-Württemberg will die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern neu ordnen. Dafür sollen Gemeinschaftsaufgaben überprüft und reformiert werden. Der Bund setzt dabei nur noch Qualitäts-Standards, wie sich dies heute zum Beispiel bei der Bildungsplanung als notwendig erweist.

Nach den Vorstellungen der SPD bleibt allein die Forschungsförderung für die Trägergesellschaften Max-Planck, Fraunhofer, Deutsche Forschungs-Gesellschaft und Helmholtz beim Bund. Hier ist eine gezielte Schwerpunktsetzung und Bündelung das Gebot im internationalen Wettbewerb. Dagegen sollen zum Beispiel Hochschulbau, Landwirtschaft und Küstenschutz an die Länder gehen. Dies fördert den notwendigen Wettbewerb der Hochschulen und die notwendige Regionalisierung der Agrarwirtschaft.

Reformblockade überwinden – Baden-Württemberg muss den Anstoß geben
Mit dem SPD-Programm sollen aus Baden-Württemberg nach vielen Jahren der lähmenden Stagnation wieder Impulse für eine Erneuerung des Föderalismus in Deutschland und für eine Reform der öffentlichen Verwaltung gesetzt werden.

Ute Vogt: „Parteitaktische Konfrontationen im Bundesrat bringen uns nicht voran. Scheindiskussionen und Reformblockaden à la CDU führen uns nicht weiter. Wir müssen die seit Jahrzehnten aufgerichteten Denkmauern durchbrechen. Wir brauchen eine durchgreifende Staatsreform, eigenverantwortlichen Föderalismus mit eigener Finanzausstattung und eine moderne und bürgernahe Verwaltung. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.“

Helmut Zorell

Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion

Andreas Reißig

Pressesprecher des SPD-Landesverbands