Sektenexpertin Fohler: „Die Landesregierung will offenbar in einem Akt vorauseilenden Gehorsams einem möglichen Rechtsstreit aus dem Weg gehen“

Die sektenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Fohler, lehnt die geplante Anerkennung der „Zeugen Jehovas“ als Körperschaft des öffentlichen Rechts ab. „Damit wären die Zeugen Jehovas, die im Umgang mit ihren Mitgliedern sektenähnliche Strukturen aufweisen, faktisch den großen Volkskirchen – der katholischen und evangelischen Kirche – gleichgestellt.“ Dies hätte weitreichende Konsequenzen und bedeute nicht nur einen Imagegewinn für die Sekte. So erhielten die „Zeugen Jehovas“ durch die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts weitreichende Privilegien, etwa im Steuer-, Kosten- und Gebührenrecht. „Diese Aufwertung ist nicht gerechtfertigt bei einer Sekte, die staatlichen Instanzen und der Gesellschaft ablehnend gegenüber steht und bei der, wie Aussteiger berichten, Methoden praktiziert werden, die mit dem Geist des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren sind“, sagte Fohler weiter. Es werde dann in Zukunft für Mitglieder, die sich von dem starken internen Druck freimachen oder aussteigen wollen, noch schwieriger werden, sich frei zu entscheiden.

Deshalb möchte sie in der Regierungsbefragung am Mittwoch im Landtag wissen, auf welcher Grundlage die geplante Aufwertung erfolge, ob die Landesregierung in einem eigenen Verfahren die Rechts- und Verfassungstreue der „Zeugen Jehovas“ prüfe und ob sie alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um den Antrag der Sekte auf Anerkennung abzulehnen.

Es bestünde die Gefahr, dass dies zu einem Präzedenzfall werde. Andere Gruppierungen mit totalitären Strukturen wie Scientology oder das Universelle Leben könne dann möglicherweise auch die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt werden, sagte die Abgeordnete weiter. Auch vor diesem Hintergrund sei nicht nachzuvollziehen, warum die Landesregierung hier nicht alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfe, um die Anerkennung zu verhindern. „Die Landesregierung will offenbar in einem Akt vorauseilenden Gehorsams einem möglichen Rechtsstreit aus dem Weg gehen“ erklärte Sabine Fohler abschließend.


Stuttgart, 12. Mai 2009
Dr. Roland Peter
Pressesprecher