Wolfgang Drexler: „In ihrer Erklärungsnot greift Schavan jetzt zu blanker Ideologie und versucht sich die Pisa-Ergebnisse auch noch schön zu rechnen“

Mit scharfer Kritik reagierte die SPD-Landtagsfraktion auf die Äußerungen von Kultusministerin Schavan, wonach Ganztagsschulen keinen Beitrag zur Lösung der Pisa-Proble-me leisteten und im Übrigen Baden-Württemberg bei Pisa glänzend abgeschnitten hätte, wenn man nur die ausländischen Schüler herausrechnete. Für SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler stehen diese Aussagen in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Pisa-Ergebnissen und zu den Äußerungen von Pisa-Experten. Drexler wörtlich: „Weil Frau Schavan die Wirklichkeit nicht passt, versucht sie nun, mit unseriösen Tricks ihre ideologischen Vorstellungen zu retten.“
Drexler wies darauf hin, dass Ganztagsschulen sehr wohl zur Lösung der Pisa-Probleme beitragen könnten, zumal nach den jetzt vorgelegten Ergebnissen Kinder von berufstätigen Müttern viel häufiger aufs Gymnasium gehen als andere. Auch der Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der DGB hätten übereinstimmend erklärt, dass ein Teil der Bildungsprobleme in unserem Land von einem viel zu geringen Angebot an Ganztagesschulen herrühre. Die Halbtagsschulen könnten ihre Aufgabe, Kinder und Jugendliche optimal zu fördern, nur eingeschränkt erfüllen. Drexler: „Weil Frau Schavan Frauen offenkundig am liebsten in der Rolle von Hausfrauen sieht, versucht sie nun auch mit offenkundig falschen Behauptungen ihr veraltetes Weltbild zu retten.“
Hart an der Grenze der Peinlichkeit bewegten sich Schavans Äußerungen, wonach das baden-württembergische Schulsystem international hervorragend dastünde, wenn man die ausländischen Kinder herausrechnete. Mit dieser Aussage befindet sich die Kultusministerin nach Drexlers Worten auf dem besten Weg, auf üble Weise Vorurteile zu schüren. Beim Pisa-Vergleichstest seien bei den Spitzenländern die schulischen Leistungen der Migrantenkinder schließlich ebenfalls miteingeflossen. Drexler: „Weil sich Schavan aus ideologischer Verbohrtheit gegen grundlegende Reformen des baden-württem-bergischen Schulsystems wehrt, schiebt sie jetzt das schlechte Abschneiden baden-württembergischer Schulen den Migrantenkindern in die Schuhe. Dies ist, zumal für die Vizepräsidentin der Deutschen Katholiken, ein beschämendes Verhalten.“
Bestätigt sieht sich die SPD aufgrund der neuesten Pisa-Auswertung in ihrer Forderung, die frühe Selektion von Schulkindern durch längeres gemeinsames Lernen, z. B. in einer sechsjährigen Grundschule, zu überwinden. Die Pisa-Experten hätten sich nun erstmals deutlich für solche Vorschläge ausgesprochen, während Schavan ihr Heil noch immer in der Selektion der Schüler bei gleichzeitiger Topförderung für Eliteschulen suche. Die frühe Aufteilung der Kinder nach der vierten Schulklasse auf unterschiedliche Schulformen verschärfe die soziale Selektion, stellen die Pisa-Forscher eindeutig fest.
Drexler: „Mit ihrem Festhalten am gegliederten Schulsystem kann sich Schavan nicht mehr auf die Pisa-Forscher berufen. Dies ist möglicherweise der Grund dafür, dass sie jetzt wild um sich schlägt und selbst vor üblen Tricks und böser Meinungsmache nicht mehr zurückschreckt.“
Als heuchlerisch bewertete Drexler Schavans Plädoyer für eine bessere Sprachförderung. In Wirklichkeit nämlich gäbe es im Land Baden-Württemberg Sprachförderung nur auf freiwilliger Basis und ohne Landesmittel. Die Finanzierung sei in Baden-Württemberg auf die Landesstiftung abgewälzt worden mit der Konsequenz, dass sie nicht dauerhaft finanziert werden kann. Und eine Sprachförderung auf freiwilliger Basis, so Drexler, sei ohnehin zum Scheitern verurteilt. Drexler wies darauf hin, dass nach den Pisa-Ergebnis-sen fast 20 Prozent aller 15-Jährigen in Baden-Württemberg beim Lesen nicht über die Kompetenzstufe 1 hinauskommen und nicht einmal mit einfachen Texten umgehen können. Die SPD-Fraktion plädiert deshalb für eine verpflichtende Sprachförderung vom Kindergarten an.

Helmut Zorell

Pressesprecher