Wolfgang Drexler: „Während Bayern überdurchschnittlich zulegt, bleiben die Kompetenzzuwächse bei uns weit hinter dem Bundesdurchschnitt zurück“

Starke soziale Selektion in Baden-Württemberg hochbrisant

Als enttäuschend bezeichnet die SPD-Landtagsfraktion das Abschneiden Baden-Württembergs beim PISA-Ländervergleich. Die Ergebnisse blieben weit hinter den von der Landesregierung selbst formulierten Ansprüchen und Erwartungen zurück, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler. Drei Jahre nach der ersten PISA-Regionalauswertung trete Baden-Württemberg beim PISA-Ländervergleich auf der Stelle, während die meisten anderen Bundesländer große Fortschritte gemacht hätten.

Dass nun ausgerechnet der finanzschwache Freistaat Sachsen Baden-Württemberg in der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenz sowie bei der Problemlösungskompetenz überholt hat, wertete Drexler als Alarmsignal für die Landesregierung. „Es zeigt sich, dass die Jubelarien der Landesregierung auf unser Bildungssystem und die vielen Baustellen in der Bildungspolitik uns keinen Meter nach vorn gebracht haben. Im Gegenteil: Baden-Württemberg läuft Gefahr, von anderen Bundesländern überholt zu werden.“

So werde Baden-Württemberg wie allen anderen Ländern zwar ein Kompetenzzuwachs bescheinigt, aber die Verbesserung gegenüber der letzten Länderauswertung falle gerade in Baden-Württemberg sehr bescheiden aus. Bayern hingegen konnte seinen Vorsprung weiter ausbauen. So liegt etwa der Kompetenzzuwachs in Mathematik – „Raum und Form“ – im Bundesdurchschnitt bei 14 Punkten (in Bayern bei 18 Punkten), in Baden-Württemberg aber nur bei 1 Punkt. In der naturwissenschaftlichen Kompetenz haben die Länder im Bundesdurchschnitt um 15 Punkte zugelegt, Baden-Württemberg aber nur um 8, Bayern dagegen um 22 Punkte.

Hochbrisant ist laut Drexler der in Baden-Württemberg überdurchschnittlich starke Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und der ermittelten mathematischen Kompetenz der 15-Jährigen. „Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass Baden-Württemberg von Chancengleichheit im Bildungsbereich weit entfernt ist“, so Drexler. Durch das starre Festhalten an früher sozialer Selektion verbaue die Landesregierung vielen Kindern aus sozial schwächeren Familien die Chance auf einen höheren Bildungsabschluss und damit die Hoffnung auf eine bessere Berufs- und Lebensperspektive.

Angesichts der hohen Abhängigkeit des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft eines Kindes in Baden-Württemberg warnte Drexler Ministerpräsident Oettinger vor überheblicher Selbstgefälligkeit und verlangte stärkere Anstrengungen im Bildungsbereich.

Drexler forderte, Kinder endlich länger gemeinsam lernen zu lassen. „Wir müssen aufhören, unsere Kinder im Alter von zehn oder elf Jahren in die verschiedenen Schulformen aufzuteilen. Statt dessen brauchen wir längeres gemeinsames Lernen und mehr individuelle Förderung.“

Gerade Ganztagsschulen bieten laut Drexler optimale Bedingungen für eine gute individuelle Förderung von Kindern. Umso schlimmer sei, dass sich die Landesregierung auch unter dem neuen Ministerpräsidenten noch immer weigere, diesen Schulen zusätzliches qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen. „Während die SPD-Bundesregierung mit einem großen Investitionsprogramm mit über 528 Millionen Euro allein für Baden-Württemberg einen gewaltigen Schub in der Schulentwicklung bewirkt hat, torpediert die Landesregierung den Erfolg, indem sie nicht genug qualifiziertes Personal zur Verfügung stellt.“

Helmut Zorell
Pressesprecher