Unternehmen wollen Beschäftigung weiter sichern –
Schmiedel: Staat soll Betriebe unterstützen


Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie und die SPD-Landtagsfraktion sind sich darin einig, dass die Betriebe trotz ihrer schwierigen Situation so lange wie möglich auf Entlassungen verzichten sollten. Die Politik müsse sie dabei etwa bei der Kreditvergabe unterstützen. Dies erklärten Thomas Class und Herbert Hilger, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, nach einem Meinungsaustausch zusammen mit SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel und der SPD-Abgeordneten Christine Rudolf. Sie diskutierten nach einer Betriebsbesichtigung bei der Lear Corporation GmbH in Besigheim über die Lage der regionalen Zulieferindustrie.

Die Südwestmetall-Geschäftsführer machten deutlich, dass die Unternehmen noch keine Besserung der Situation spürten. Das zeige ein aktuelles Meinungsbild der Mitgliedsbetriebe in Baden-Württemberg. Demnach habe sich der Auftragseingang im Mai 2009 im Vergleich zum Vorjahresmonats bei 83 Prozent der Unternehmen deutlich verschlechtert, das heißt um mehr als 10 Prozent verringert. Für das laufende Jahr rechneten 95 Prozent der befragten Unternehmen mit einem schlechteren Auftragseingang als im Vorjahr. Zwar habe sich das Geschäftsklima leicht verbessert, daraus könne jedoch noch kein Trend zur Bodenbildung abgeleitet werden.

Der starke Rückgang bei den Auftragseingängen wirkt sich auch auf die Umsätze aus. Für 2009 erwarteten 90 Prozent der Unternehmen geringere Umsätze als im Vorjahr, erläuterte der Ludwigsburger Südwestmetall-Geschäftsführer Thomas Class. Ertragseinbrüche seien die Konsequenz: Bundesweit erwartet die Metall- und Elektroindustrie erstmals wieder eine negative Umsatzrendite von minus 1,5 Prozent.

„Schreiben die Unternehmen Verluste“, sagte Class, „sinkt auch das Eigenkapital.“ Dies führe wiederum zu einer stärkeren Abhängigkeit von den Banken. „Wenn es dann Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe gibt, belastet das unmittelbar die Liquidität der Unternehmen.“ Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen stoße bei der Kreditversorgung auf Schwierigkeiten, weshalb zahlreiche Betriebe geplante Investitionen nicht umsetzen wollten. „In einer solchen Lage ist dies fatal, denn nur wer weiter investiert, kann sich neu strukturieren und mit neu entwickelten Produkten wettbewerbsfähig bleiben“, ergänzte der Stuttgarter Südwestmetall-Geschäftsführer Herbert Hilger. Die Metall- und Elektrobranche fertige überwiegend kapitalintensive Investitionsgüter.

SPD-Fraktionschef Schmiedel erklärte deshalb, dass der Staat die Kreditversorgung für die Firmen unbedingt erleichtern müsse. „Nur wenn gefährdete Unternehmen auf Kredite zugreifen können, werden sie überleben“, sagte er. Ansonsten gerieten die Arbeitsplätze im Land in große Gefahr. Der Fraktionschef machte dazu zwei Vorschläge. Zum einen forderte er, dass die Landesregierung einen neuen „Baden-Württemberg-Fonds“ einrichte, um das Eigenkapital der Unternehmen zu verbessern. Ohne eine solche Stärkung sei es zahlreichen Firmen nicht möglich, neue Kredite aufzunehmen. Der neue Fonds könne bei der L-Bank errichtet werden und eine Milliarde Euro umfassen. Das Instrument schone die öffentlichen Haushalte, da die Unternehmen Gebühren dafür bezahlen müssten.

Wichtig sei zum zweiten, die Kriterien bei der Kreditvergabe durch die Banken zu erleichtern, um die Versorgung mit neuen Mitteln überhaupt zu ermöglichen. Schmiedel forderte deshalb, die restriktiven Vorschriften von Basel II zeitlich beschränkt auszusetzen. Diese Regeln verschärften die Probleme der mittelständischen Wirtschaft.

„Die Firmen müssen unterstützt werden, damit sie die Krise gut überstehen“, sagte Schmiedel. Den Unternehmen helfe alles, was die Mittelvergabe erleichtere, sagten die Arbeitgebervertreter zu Schmiedels Vorstößen zu Basel II und einem Baden-Württemberg-Fonds.

Bei der Beschäftigungsentwicklung könnten die Unternehmen überwiegend noch ihren Schirm über die Arbeitnehmer spannen und Entlassungen verhindern. Dabei würde das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium voll ausgeschöpft, etwa durch das Nutzen von Arbeitszeitkonten, den Abbau von Überstunden oder über Kurzarbeit. Zwei Drittel der Betriebe griffen mittlerweile auf Kurzarbeit zurück. „Außerdem bietet der Entgelttarifvertrag vom November 2008 mit seinen Flexibilisierungs- und Differenzierungsoptionen den Betrieben passgenaue Lösungen“, sagte Class. Es sei aber fraglich, ob dies den Betrieben helfe, über längere Zeit durch die Krise zu kommen. „Wenn die Unternehmen feststellen, dass sie aufgrund der wirtschaftlichen Lage ihre Kapazitäten anpassen müssen, wird es zu Entlassungen kommen“, sagten die Geschäftsführer.


Stuttgart, 3. Juli 2009

Dr. Roland Peter
Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion

Dr. Jochen Mayer
Pressereferent bei Südwestmetall