Wolfgang Drexler: „Eine Pannenmeldung nach der anderen – und der Umweltminister schaut tatenlos zu“

Parlamentsinitiative der SPD zur jüngsten Pannenserie

Mit großer Besorgnis reagiert die SPD-Landtagsfraktion auf die Serie immer neuer Pannenmeldungen aus baden-württembergischen Atomkraftwerken. Für Fraktionschef Wolfgang Drexler stellt sich die Frage, warum die Atomanlagen ausgerechnet in Baden-Württemberg, dem Bundesland mit einer der atomfreundlichsten Landesregierungen, offenbar am unsichersten sind. Es bestehe der Verdacht, so Drexler, dass Schlampereien und sicherheitstechnischer Pfusch in baden-württembergischen Atomkraftwerken so überdurchschnittlich häufig vorkommen, weil die Betreiber auf die Nachlässigkeit der Atomaufsicht spekulieren und mit schwer wiegenden Konsequenzen nicht zu rechnen brauchen.

Drexler: „Es kann kein Zufall sein, dass ausgerechnet hier in Baden-Württemberg immer neue Hiobsbotschaften aus den Kernkraftwerken kommen, wo die Atomaufsicht mit Minister Müller an der Spitze regelmäßig nur beschwichtigt und abwiegelt, statt aufzuklären und zu handeln. Offenbar ist dem atomfreundlichen Minister das gute Klima mit den Kraftwerksbetreibern wichtiger als die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Land.“

Anlass für Drexlers Vorstoß ist der am Dienstagabend bekannt gewordene neuerliche Vorfall im Atomkraftwerk Philippsburg. Dort sind nach Reinigungsarbeiten 1000 Liter radioaktiv belastetes Wasser in den Gully gekippt worden. Wie viel davon in den Altrhein gelangte, ist noch völlig ungeklärt. Als besonders schlimm an diesem Vorgang bewertet Drexler den Umstand, dass der Vorfall drei Tage lang unbemerkt blieb.

Trotz der von Umweltminister Müller – auch im Atomuntersuchungsausschuss des Landtags – versprochenen Konsequenzen nach dem Atomskandal vor einem Jahr ist bisher nach den Worten von Wolfgang Drexler offenkundig nichts geschehen, um die Pannenserie in baden-württembergischen Atomanlagen wirklich zu stoppen.

Drexler erinnerte daran, dass allein in diesem Sommer eine ganze Fülle von Pannen aus den Atomkraftwerken im Land gemeldet wurde, z.B.:
18. Juli 2002: Ventildefekt
28. Juli 2002: Korrosionsspur an einem Sicherheitsventil
31. Juli 2002: schwerer Montagefehler an sicherheitstechnisch wichtiger Lüftungsanlage
16. August 2002: Fehlsignal führt zu Turbinenschnellabschaltung
18. August 2002: Primärkühlmittelleckage
22. August 2002: Defekt eines Regelventils führt zu Reaktorschnellabschaltung
23. August 2002: Blockade in einem Zusatzboriersystem
26. August 2002: Atommeiler melden „kleinere“ Pannen
01. Oktober 2002: schwere Panne mit radioaktiv verseuchtem Wasser

Drexler: „Allein diese unvollständige Auswahl von Pannenmeldungen der letzten Wochen zeigt, dass Umweltminister Müller seiner Verantwortung für die Sicherheit der Atomanlagen im Land in keiner Weise nachkommt. Es ist an der Zeit, dass sich dieser Minister ernsthaft noch einmal die Frage stellt, ob er für diese Aufgabe der Richtige ist. Die Bürgerinnen und Bürger im Land jedenfalls haben das Vertrauen in die Atomaufsicht in Baden-Württemberg längst verloren.“

Drexler kündigte an, die SPD-Landtagsfraktion werde mit einem Parlamentsantrag die Landesregierung zwingen, den skandalösen Vorgang mit dem verseuchten Wasser umfassend aufzuklären und die Verantwortlichen – auch in der Atomaufsicht – zur Rechenschaft zu ziehen.

Helmut Zorell

Pressesprecher