Sozialexperte Rainer Hinderer: „Die Ausbildung für den Pflegeberuf muss an neue Bedingungen angepasst werden, aber eine generelle Akademisierung wäre ein Holzweg“

Volles Haus im Landtag beim Tag der Azubis in der Pflege

Eine gute Pflege von alten, oft kranken oder gar dementen Menschen setzt eine gute, zeitgemäße Ausbildung der künftigen Pflegekräfte voraus. Dies war der politische Tenor beim „Tag der Azubis in der Pflege“ an diesem Freitag (06.02.2015) im Stuttgarter Landtag. Gut 300 meist junge Leute waren der Einladung der SPD-Landtagsfraktion gefolgt.

Nach Ansicht des Sozialexperten Rainer Hinderer, Obmann in der Pflege-Enquete-kommission, liegen die Probleme in der Pflege auf dem Tisch: „Der demographische Wandel verschärft den Fachkräftebedarf. Die Zunahme von chronischen Erkrankungen, Demenz und komplexen Pflegesituationen erfordert eine Verbesserung der Ausbildung und der Weiterbildungsmöglichkeiten.“

Dabei sei es wichtig, die bewährten Pflege- und Gesundheitsberufe weiterzuentwickeln und nicht das ganze System auf den Kopf zu stellen. „Der Forderung, dass die akademische Ausbildung die Regelausbildung in der Pflege werden soll, wie sie auch in der Anhörung der Enquetekommission geäußert wurde, erteilen wir eine klare Absage“, erklärte Hinderer. Bei der Akademisierung gebe es in Deutschland zwar einen Nachholbedarf. „Sie ist aber kein Selbstzweck, sondern darf nur in dem Maße erfolgen, wie sie zur Verbesserung der Qualität der Pflege sinnvoll ist“, so Hinderer weiter.

Einen richtigen Weg für die Weiterentwicklung der Pflegeberufe sieht Hinderer in der sogenannten „Generalistik“. Damit ist eine gemeinsame Grundausbildung gemeint mit einer darauf aufbauenden Spezialisierung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege. „Eine Ausbildung, die sich auf alle Sektoren und alle Altersgruppen bezieht, gibt den Pflegekräften das Wissen, das sie für eine qualitativ hochwertige Pflege benötigen. Außerdem wird der Beruf attraktiver, wenn Pflegekräfte leichter zwischen den Bereichen wechseln können“, meinte Hinderer.

Neben den Ausbildungsinhalten müssten aber auch die Rahmenbedingungen in den Ausbildungsstätten gut sein. „Wir können es uns nicht leisten, das Auszubildende als billige Arbeitskräfte voll eingesetzt werden und dann die Lust an diesem schönen Job verlieren“, ist Hinderer überzeugt. Wichtig sei vielmehr, dass die Auszubildenden auch in den Praxisphasen eine gute Anleitung bekämen.

Hinderer versprach den Auszubildenden auf der Veranstaltung, ihre Wünsche und Forderungen sehr ernst zu nehmen und in die Arbeit der Pflege-Enquetekommission einzuspeisen: „Denn eine gute, menschenwürdige Pflege ist nur möglich, wenn wir junge Menschen finden, die bereit sind, sich mit Herzblut und viel Einsatz für diesen tollen, aber anspruchsvollen Beruf zu engagieren.“

Stuttgart, 6. Februar 2014
Martin Mendler, Pressesprecher