Redemanuskript Dr. Stefan Fulst-Blei
Aktuelle Debatte „Kurze Beine, lange Wege. Grüne planen Schließung kleiner Grundschulen durch die Hintertür.“

am 23. Januar 2019

Wo ist sie eigentlich geblieben – die Bildungskompetenz der Grünen?

Eine Partei, die einmal aufgebrochen war, für mehr Bildungsgerechtigkeit zu streiten, zeichnet sich heute nur noch durch ein bildungspolitisches Wachkoma oder durch Raubbau am Bildungsetat aus.

Es war die grüne Finanzministerin Edith Sitzmann, die unmittelbar nach der Wahl verkündete, auch der Bildungsetat müsse Kürzungen akzeptieren.

Nach der Wahl! Nicht vorher…

Es waren die Grünen, die gegen den Widerstand von Opposition, Verbänden und Gewerkschaften die Streichung von über 1.000 Lehrerstellen durchgesetzt haben.

Es sind die Grünen, die bei CDU-Nadelstichen gegenüber den Gemeinschaftsschulen einfach zusehen.

Und jetzt? Jetzt sind die Grünen scheinbar bereit, ohne System oder Vorbereitung die Axt an die Standorte der kleinen Grundschulen zu legen.

Man kann nur noch den Kopf schütteln!

Was ist passiert?

Es gibt mal wieder Zoff bei Grün-Schwarz – soweit nichts Neues.

Diesmal weigern sich die Grünen laut Südwestpresse vom 19. Januar 2019, Schulleitungen kleiner Grundschulen besser zu bezahlen.

Die bildungspolitische Sprecherin und stellv. Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, Kollegin Sandra Boser, spricht sich in diesem Artikel für eine Mindestgröße der Schule bei der Besoldungsanhebung aus. 40 Schüler an einer Schule sind ihr nicht genug.

Solche Töne sind von Seiten der Grünen nicht neu. Ministerpräsident Kretschmann machte schon am 9. September 2017 im Mannheimer Morgen deutlich, dass er längere Wege für die Kinder für hinnehmbar hält.

Im Angesicht dieser Haltung der Grünen, müssen in über 111 Gemeinden im ländlichen Raum nun die Alarmglocken losgehen.

Was hier droht ist nämlich nichts anderes als ein großes Schulschließungsprogramm durch die Hintertür!

Was ist das Problem?

Selbst der Landesrechnungshof empfahl 2016 für Schulleitungen tiefer in die Tasche zu greifen und für echte Verbesserungen zu sorgen.

Heute schreiben wir 2019, drei weitere Jahre grün-schwarzer Regierungszeit liegen hinter uns und umgesetzt wurde bislang – nichts!

Dabei ist die Lage akut. Den Job der Schulleitung wollen unter den aktuellen Rahmenbedingungen immer weniger machen: viel Verantwortung, wenig Gestaltungsspielraum und finanziell? Naja,…

216 Schulen sind in der Folge derzeit ohne Leitung, 143 – also zwei Drittel – davon Grundschulen.

Reichlich verspätet rührt sich im Kultusministerium nun doch was. Der offizielle Sprech lautet: Schulleitungen sollen entlastet werden, mehr Zeit für Führungsaufgaben haben und endlich Wertschätzung erfahren.

Warum, Kollegin Boser, an kleinen Grundschulen nicht gelten?

Dort fallen die gleichen Aufgaben an, wie an großen. Nur sind die Schulleitungen dort oft auch Hausmeister, Sekretärin und Klassenlehrer. Ihre Kollegien sind so klein, dass sie kaum was abgeben können. Auf ihrem Konto sind am Ende des Monats gerade mal 100 Euro mehr.

Nein, auch an dieser Stelle es ist höchste Zeit, etwas zu tun.

Nächste Frage: Warum sind kleine Grundschulen wichtig?

Bislang war Konsens in diesem Hause, dass wir an dem Prinzip „kurze Beine – kurze Wege“ festhalten wollen. Es ist ein klassischer Zielkonflikt: kleine Schulen unterliegen pädagogischen Einschränkungen. Gleichzeitig hängt aber an einem Grundschulstandort:

  • Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch kurze Wegzeiten. Ein längerer Weg bedeutet früheres Aufstehen und bedeutet mehr Stress. Das mag mancher belächeln, das ist aber Alltag unserer Familien.
  • Vom Grundschulstandort hängt auch die Attraktivität einer Gemeinde für junge Familien ab. Ein knallharter Standortfaktor für den ländlichen Raum im Wettbewerb mit den großen Zentren. Dass die Grünen diesen Zusammenhang noch nicht erkannt haben, zeigt sich längst nicht nur beim Thema gebührenfreie Kita.
  • Schließlich geht es auch um eine bessere ökologische Bilanz durch kurze Wegstrecken. Es wäre an Absurdität nicht zu überbieten: in Stuttgart erteilen die Grünen Fahrverbote und auf dem Land können die Kinder dank der Öko-Partei nur noch mit dem Eltern-Taxi zur Schule kommen.

Das ist doch völlig daneben!

Schließlich: Was wären die Folgen, wenn an kleinen Grundschulen schlechter bezahlt wird?

Fragen Sie sich selbst: Wenn Sie sich als Schulleiter bewerben wollen, welche Stelle ist für Sie interessant?

Diejenige, die mit A 12 dotiert ist, oder diejenige, die mit A 13 vergütet wird?

Diejenige, von der Sie wissen, dass Politik sie erhalten will, oder diejenige, über die das Damoklesschwert der Schließung hängt?

Die Fragen beantworten sich von selbst!

Weniger Geld – weniger Wertschätzung – weniger Bewerbungen – weniger Grundschulen!

Ich sage es noch einmal: Im Raum steht damit nichts anderes als ein Schulschließungsprogramm durch die Hintertür!

Aber: Mit einer verantwortungsvollen Schulentwicklungsstrategie hat das nichts zu tun. Denn entweder drücken Sie sich vor transparenten Aussagen zur regionalen Schulentwicklung oder Sie zielen auf einen stillen Tod kleiner Schulen in der Fläche ab.

Beides ist aber verantwortungslos und fördert weder Qualität noch die Entwicklung im ländlichen Raum.

Und apropos Schulleitungen: Wie sieht es an anderen Schulen aus?

Der Streit blockiert weiterhin eine schnelle Hilfe für alle Schulleitungen. Aber auch da brennt zum Teil die Hütte!

Obwohl im Konzept zur Stärkung von Schulleitungen einige wichtige Punkte angesprochen werden, kommt es viel zu spät und greift es an einigen Stellen deutlich zu kurz. Zwei Beispiele:

  • Bei der Ausstattung von Schulleitungen wird weiterhin nicht zwischen Ganz- und Halbtagsschule unterschieden, trotz deutlichen höherem Organisationsaufwand bei Ganztagsbetrieb.
  • Und die 250 Schulkindergärten kommen gar nicht vor.
    Vor allem ist nicht nachvollziehbar, warum die Maßnahmen erst zum nächsten Schuljahr kommen bzw. in Teilen auf unbestimmte Zeit in die Zukunft geschoben werden.

Das geht doch so nicht!

Also Kolleginnen und Kollegen insbesondere von den Grünen, hören Sie auf die Schulen und auch Schulleitungen zu verunsichern.

Schaffen Sie Transparenz über Ihre wahren Pläne. Halten Sie Ihr Versprechen „kurze Beine – kurze Wege“ oder nicht?

Machen Sie Ihren Job und handeln Sie zügig. Ziehen Sie das Schulleiterstärkungsprogramm vor!

Und lassen Sie die Grundschule im Dorf!

Ich danke Ihnen!

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Daniel Born
Stellvertretender Landtagspräsident

Dr. Stefan Fulst-Blei
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bildungspolitischer Sprecher

Lisa Rößner
Beraterin für Bildung, Jugend und Sport