MdL Christine Rudolf: „Unsere Kinder haben ein Recht auf individuelle Förderung statt unsozialer Auslese“

Wolfgang Drexler: „Schavan verschiebt Sprachförderung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag“

Ute Vogt: „Das Land profitiert vom Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung“
250 Eltern und Lehrer beim Grundschultag der SPD-Fraktion im Landtag

Die SPD will die harte Auslese an baden-württembergischen Grundschulen durch ein System der individuellen Förderung ersetzen. Beim Grundschultag der SPD-Fraktion am Samstag (9. November) sprachen sich im Landtag die stellvertretende bildungspolitische Sprecherin Christine Rudolf, Fraktionschef Wolfgang Drexler und die SPD-Landes-vorsitzende Ute Vogt vor 250 Eltern und Lehrern dafür aus, Kinder länger gemeinsam lernen zu lassen und in Baden-Württemberg ein System der individuellen Förderung einzuführen.

Damit sollen unterschiedliche Lernvoraussetzungen wie Begabung, Lernhaltung, Lernumgebung, Elternhaus und Vorwissen stärker berücksichtigt werden als bisher. Die SPD will differenzierte Lernangebote und neue Formen des Lehrens forcieren und setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass gemeinsames und gegenseitig unterstützendes Lernen in kleineren Gruppen sehr viel stärker betont wird als bisher.

Die Schulpolitik der Landesregierung sei demgegenüber geprägt von immer weiter steigendem Unterrichtsausfall und der schlechtesten Schüler-Lehrer-Relation aller Bundesländer mit 22,7 Schülern pro Lehrer in der Grundschule, kritisierte die Bildungsexpertin der Fraktion, Christine Rudolf, auf dem Grundschultag ihrer Fraktion im Landtag. „Die Kleinsten müssen für die verfehlte Schulpolitik am meisten büßen.“

Schavan blockiert Sprachförderung
Auf dem Grundschultag seiner Fraktion hat Fraktionschef Wolfgang Drexler die Grundschulpolitik der Kultusministerin scharf angegriffen. Obwohl die Pisa-Studie wie auch jüngst eine Studie der Stadt Mannheim eindeutig die Notwendigkeit individueller Sprachförderung an der Grundschule belegten, drücke sich die Kultusministerin davor, endlich die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Statt rasch zu handeln, würde wieder einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt und schon jetzt sei klar, dass die Sprachtests bzw. Sprachstandsdiagnosen nur auf freiwilliger Basis erfolgen sollen. „Die Sprachförderung à la Schavan ist damit ein totgeborenes Kind“, so Drexler.
Die SPD verlangt eine Sprachförderung vom ersten Tag des Kindergartens an und will, dass im letzten Kindergartenjahr für alle Kinder verpflichtend eine Sprachstandsdiagnose erfolgt, um gemeinsam mit der Grundschule den weiteren Sprachförderungsbedarf im Kindergarten und dann in der Grundschule festzulegen.

Aufnahmeprüfungen abschaffen – keine Kürzungen im Schulhaushalt!
Dass Eltern inzwischen vor Gericht erfolgreich gegen zu harte Aufnahmeprüfungen für die weiterführenden Schulen klagen, wertet SPD-Fraktionschef Wolfgang Drexler als überzeugendes Argument, die diskriminierenden Auslesemechanismen endlich abzuschaffen. Bei diesen Aufnahmeprüfungen gibt es nach den jetzt vorliegenden amtlichen Zahlen des Kultusministeriums seit Jahren landesweit eine skandalöse Durchfallquote von 96 Prozent. Die Prüfungen sind also offenkundig viel zu schwer und werden vom Kultusministerium gezielt dazu eingesetzt werden, mit einer „knallharten Auslese die Trennung der Kinder nach der vierten Grundschulklasse zu zementieren“, sagte Drexler.

In ihrer Antwort auf den SPD-Parlamentsantrag hat Kultusministerin Schavan eingeräumt, dass seit Jahren ununterbrochen landesweit über 96 Prozent aller Teilnehmer bei der Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium durchfallen und dass die Durchfallquote bei der Aufnahmeprüfung für die Realschule seit Jahren über 87 Prozent liegt.

Auf Ablehnung stoßen beim SPD-Fraktionsvorsitzenden auch die neuen Pläne von Ministerpräsident Teufel, bei den Schulen zu sparen. „Laut neuester OECD-Bildungsstudie haben wir einen enormen Nachholbedarf im Grundschulbereich. Wir müssen die Grundschule stärken und dürfen bei den Kleinsten nicht auch noch sparen.“

Land soll Angebot der Bundesregierung bei Ganztagesschulen annehmen
Ganztagsschulen bieten nach Ansicht der SPD-Landesvorsitzenden Ute Vogt die besten Voraussetzungen, um individuelle Förderung für Kinder im Grundschulalter zu garantieren. Baden-Württemberg profitiere enorm vom Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung, mit dem in ganz Deutschland 10.000 weitere Ganztagsschulen zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familie entstehen. Baden-Württemberg allein erhalte bis 2007 über eine halbe Milliarde Euro aus Bundesmitteln, um ein flächendeckendes Netz an Ganztagsschulen im Land aufzubauen.

Professor Maier: Grundschule braucht optimale Forderung und Förderung jedes einzelnen Kindes
Für den Hauptreferenten des Grundschultags, Professor Richard Maier von der Universität Frankfurt, muss das Ziel der Grundschule die optimale Forderung und Förderung jedes einzelnen Kindes sein. Das Hauptproblem der Grundschule liegt seiner Meinung nach in dem Druck, in Klasse vier für alle Kinder eine für die weitere Entwicklung der Kinder enorm wichtige Entscheidung treffen zu müssen. Die Schule müsse zum Lebensraum aller Kinder werden, so Professor Richard Maier, Autor zahlreicher Publikationen zur Bildungspolitik. Nur so könne verhindert werden, dass in und durch die Schule Menschen „verloren gehen“.

Helmut Zorell

Pressesprecher