Redemanuskript Rainer Stickelberger

Aktuelle Debatte: „Stempel, Faxgerät und Personal Computer – sieht so eine moderne Verwaltung als Rückgrat des smarten Ländles aus?“

 am 4. März 2020

Stempel, Faxgerät und PC sind bereits heute schon nicht mehr die Realität in den Behörden Baden-Württembergs. Wir sind da schon ein bisschen weiter als der Titel der Debatte vermuten lässt, es gibt z.B. viel zu viele E-Mails die elektronische Personalakte und es gibt mobiles Arbeiten mit Laptop. Unbestritten ist aber, dass wir derzeit in der Verwaltung die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht ausschöpfen und dass wir hier schon weiter sein könnten.

Dies zu beklagen oder jemandem die Schuld dafür zuzuschieben wird uns aber auch nicht weiterhelfen, dass wir eine modernere Verwaltung bekommen.Was würde uns denn nun weiterhelfen?

Ich sehe hier vor allem drei Dinge:

Akzeptanz – die Digitalisierung der Verwaltung ist eine riesengroße Aufgabe und das ist nicht über Nacht umsetzbar

Solidarität – die Digitalisierung der Verwaltung wird nur gelingen, wenn dies als gemeinsame Aufgabe angesehen wird

Konsequenz – die Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung muss der Landesregierung wirklich wichtig sein, am besten Chefsache und der Kurs sollte klar sein

Akzeptanz:

Wenn wir von Digitalisierung der Verwaltung sprechen, sollten wir uns klarmachen, was wir da vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangen.

Wenn man sich die Altersstruktur der meisten Behörden anschaut, haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch zu Zeiten von Kugelschreiber und Schreibmaschine angefangen. Sie haben die Einführung des PC und der Kommunikation per E-Mail im Büro erlebt, seit ein paar Jahren bekommen sie Laptops mit denen sie auch von zu Hause arbeiten können und am Ende ihrer beruflichen Laufbahn steht das völlig papierlose Büro.

Und alle diese Veränderungen müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben dem alltäglichen Geschäft bewältigen. Wir sollten anerkennen, dass das für die einzelnen Behörden ein riesiger Kraftakt ist. Es wird nicht von heute auf Morgen umsetzbar sein.

Wenn wir möchten, dass eine digitale Verwaltung wirklich funktioniert, darf das nicht ausschließlich von oben verordnet werden, es muss in der Mitarbeiterschaft akzeptiert und im besten Fall als Erleichterung angesehen werden. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deren Arbeitsplätze dank der Digitalisierung wegfallen (z.B. Schreibdienst und Registraturen) muss es umfassende Möglichkeiten der Weiterbildung geben und Perspektiven müssen aufgezeigt werden.

Solidarität:

Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung sollte ein gemeinsames, solidarisches Ziel aller Ressorts und Behörden der Landesverwaltung sein. Das würde vieles einfacher machen.

Wären sich alle Ressorts z.B. einig darüber, dass die Neuordnung und Zentralisierung der IT eine gute Idee ist, wären wir in dieser Frage womöglich schon viel weiter. Die BITBW hätte das zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal und die einzelnen Ressorts würden weniger Widerstand leisten, wenn es darum geht, Kompetenzen in der IT und das damit verbundene Personal abzugeben.

Es würden tatsächliche Synergieeffekte entstehen und kein Flickenteppich, in dem am Ende dann doch jedes einzelne Ressort seine Sonderlösung aufbaut, weil die einzelnen Fachverfahren zu viele Besonderheiten aufweisen um sie von der BITBW betreuen zu lassen.

Konsequenz:

Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung muss wirklich wichtig sein, am besten Chefsache, und sich nicht nur in Schein-Maßnahmen erschöpfen, die zwar auf den ersten Blick so aussehen, als würde etwas getan werden, die aber keinen echten Effekt bringen.

Doch leider muss man konstatieren, dass die Taten der Landesregierung nicht so blumig sind wie die Worte. Wenn man sich anschaut, worin die Energie investiert wird, kann man nicht davon ausgehen, dass eine moderne Verwaltung und die Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung ein wirkliches Anliegen des Ministerpräsidenten sind. Kugelschreiber und Schreibmaschine sind ihm vermutlich deutlich näher als das papierlose Büro und es geht wohl eher darum, den Anschein zu erwecken, dass man nichts verschläft als tatsächlich eine Veränderung herbeizuführen.

Schein ist auch hier offenbar wichtiger als Sein.

Im Rahmen der Gigabit-Allianz wurden Workshops veranstaltet und viel geredet. Aber was sind denn nun die Ergebnisse? Gibt es konkrete, verbindliche Vereinbarungen, die den Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur erleichtern? Arbeiten die verschiedenen Beteiligten nun besser zusammen? Hier wurde viel Marketing-Lärm um sehr wenig bis gar nichts gemacht.

Genauso die Task-Force Mobilfunk. Mit viel Brimborium angekündigt und in der Presse zelebriert. Ein halbes Jahr später durften wir auf einen Antrag hin erfahren, dass sich die Task-Force immer noch im Aufbau befindet und im Grunde noch überhaupt nichts konkretes passiert ist. Viel Lärm um nichts.

Die Gigabit-Region Stuttgart wurde im Beisein des Ministerpräsidenten und des Digitalministers Strobl mit großem Festakt unterzeichnet. Auf einen Antrag hin erfahren wir aber, dass die Landesregierung hiermit eigentlich gar nichts zu tun hat bzw. haben will und keinerlei Auskunft erteilen kann, denn es handele sich um ein kommunales Projekt. Aber den schönen Schein kann man hier schon mitnehmen.

Man könnte noch eine Weile so weitermachen, Nutzung der Möglichkeiten des neuen Personalausweises auf Landesebene, Wegfall von Formerfordernissen zur Erleichterung der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Da braucht man die aufblasbaren Katzen als Marketing-Gag fast nicht mehr zu erwähnen…

Es ist zwar ein großes Vorhaben und sehr kompliziert. Aber ich kann der Landesregierung nur raten, vor der Größe der Aufgabe nicht zu kapitulieren, sondern es wirklich anzugehen. Aber es spricht viel dafür, dass große Aufgaben keine Stärke einer grün-schwarzen Regierung sind, die schon über kleinere Fragen keine wirkliche Einigung zustande bring. Vielleicht braucht es dazu doch wieder die Sozialdemokratie.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Geßmann Fraktion
Simone Geßmann
Beraterin für Recht, Verfassung, Medienpolitik

Jonas Hoffmann
Sprecher für digitales Leben und Digitalisierung