Redemanuskript Andreas Stoch
Aktuelle Debatte „Ja zum Klimaschutz – wirksamer Klimaschutz braucht Enthusiasmus und Realismus“

am 3. April 2019

„Ja zum Klimaschutz“ hat die CDU diese Debatte überschrieben. Da kann man nicht widersprechen, denn wer beim Klimaschutz „Nein“ sagt, der lebt wohl auf einem anderen Planeten. Und dass wirksamer Klimaschutz Enthusiasmus und Realismus braucht, werde ich auch nicht bestreiten. Ich hoffe aber, dass wir uns auch noch in einem anderen Punkt einig sind: WIRKSAMER KLIMASCHUTZ BRAUCHT NICHT NUR REALISMUS, ER BRAUCHT VOR ALLEM RESULTATE.

Und schon sind wir bei einigen unschönen Wahrheiten hinter einer schönen Überschrift.
2013 hat der Landtag das Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg verabschiedet. Nicht nur mit den Stimmen der damaligen Regierungsfraktionen von Grünen und SPD, sondern auch mit der Unterstützung der CDU. Das Ziel war ehrgeizig, aber es war ein gutes Ziel: Baden-Württemberg sollte zu einem Vorreiter des Klimaschutzes werden.

Fast sechs Jahre ist das inzwischen her, da kommt eine Bilanz sicher nicht zu früh. Aber wenn man auch die Resultate schaut, muss man leider feststellen:
VON EINER VORREITERROLLE DIESES LANDES FEHLT JEDE SPUR, UND DAS NACH ACHT JAHREN GRÜN GEFÜHRTER REGIERUNGEN. Irgendwas ist da schief gegangen.

In diesem Haus streicht man gerne heraus, wenn Baden-Württemberg irgendwo vorne liegt. Aber auch wenn es darum geht, den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermindern, gibt es Rankings. Und laut denen liegt Baden-Württemberg bei diesem Abbau für die Jahre von 1990 bis 2014 auf dem 13. Platz von 16 Bundesländern, auf Platz 1 liegt übrigens Thüringen.

Und Baden-Württemberg hat bis 2014 nur knapp mehr als die Hälfte des Rückgangs erreicht, der im Bundesschnitt erzielt wurde. Da sollte man den Zeigefinger schnell wieder einfahren.

Ich meine, das muss man schon einmal unterstreichen, denn auch wenn die Landesregierung selbst in letzter Zeit immer wieder zugab, dass es an diesem Punkt nicht vorwärts geht, so kam das Eingeständnis doch immer Hand in Hand mit dem Hinweis darauf, dass die Rahmenbedingungen durch den Bund nicht passen würden.

Und auch aktuell kritisieren die Grünen in Berlin die Bundesregierung, weil auf Bundesebene das Ziel verfehlt wird, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40% zu senken. Erreicht werden wohl „nur“ 32%.

Ja, das ist angesichts der Dramatik der Lage auch nicht ruhmreich. Aber wie schaut es in Baden-Württemberg aus? Ja, hier ist die Ausgangslage eine schwierigere als anderswo, das ist unbestritten. Und darum wurde das Ziel hier bereits in der vergangenen Legislatur auf 25 Prozent bis zum Jahr 2020 gesenkt.

Doch aktuell sieht es eben danach aus, dass selbst dieses abgesenkte Ziel nicht einmal annähernd erreicht wird. Laut unserem Statistischen Landesamt war der energiebedingte Ausstoß von Treibhausgasen von 1990 bis 2016 um gerade acht Prozent gesunken. Und die Emissionen des Klimakillers CO2 sind in Baden-Württemberg zwischen 2010 und 2016 gar nicht gesunken, sie sind angestiegen. Und auf die besseren Werte im Vorjahr dürfen wir uns auch nichts einbilden, die hatte im Wesentlichen mit dem extrem milden Winter und dem heißen Sommer zu tun. Und der Tatsache übrigens, dass gerade in unserem Land die Treibstoffpreise durch das Niedrigwasser der Flüsse stiegen. Wenn Sprit teurer ist, wird er mehr gespart, das ist unpopulär, aber wahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter dem Strich ist die Bilanz schlecht. Und bei dieser Bilanz wird klar, dass es mehr als Enthusiasmus und Realismus braucht, wenn es um unseren Beitrag zum Klimaschutz geht. Es braucht Taten. Und es braucht Taten, die Resultate bringen.  Und ich kann Ihnen sagen, was es NICHT braucht: Es braucht keine Lippenbekenntnisse, die im Alltag konterkariert werden.

Bei Windkraftanlagen gilt bei uns weiterhin offiziell der bundesweit übliche Mindestabstand von 700 Metern zur Wohnbebauung. Tatsächlich können baden-württembergische Kommunen aber auch 1000 Meter Abstand verfügen, das hat die CDU durchgesetzt. Und das tun die Kommunen natürlich auch, wo der Gegenwind direkt in die Ratssäle pfeift. So sind viele Standorte für Windkraftanlagen verloren gegangen. Hier muss man nicht auf den Bund zeigen, hier braucht es ein Machtwort des Ministerpräsidenten, doch von dem hört man nichts. Welches Klima wird hier geschützt? Das Klima auf diesem Planten oder das Klima in der Landesregierung?

Windkraft ist nicht die einzige Art, klimaneutral Energie zu erzeugen. Eine Alternative sind auch Solaranlagen, und eine schnelle Lösung sind große Freiflächenanlagen. Seit Anfang 2017 sind in Deutschland 250 dieser Anlagen entstanden. Davon ganze ZEHN in Baden-Württemberg. ZEHN! In Bayern regieren keine Grünen, dort waren es aber allein bei der jüngsten Ausschreibung 52. Mehr als fünfmal so viel als bei uns in zwei Jahren!  Das Land kümmert sich nicht um geeignete Flächen, das ist die traurige Wahrheit!

Fast schon ein Nebenkriegsschauplatz ist an dieser Stelle die Wasserkraft, und das in einem Land, das vor 100 Jahren ein weltweiter Pionier dieser Energieerzeugung war. Ja, wir haben in diesem Jahrhundert beim Artenschutz viel dazu gelernt, aber das haben die Erfinder in diesem Land auch. Trotzdem wird die Energieerzeugung aus Wasserkraft an vielen Stellen unmöglich gemacht, ohne sich mit den aktuellen technischen Möglichkeiten auseinanderzusetzen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Baden-Württemberg trägt nicht einmal ein halbes Prozent zur Klimaschädigung auf diesem Planeten bei. Doch wenn ein Technologieland wie wir an diesem Punkt kein Vorbild ist, dann liefern wir eine Bankrotterklärung ab. Es kann nicht sein, dass sich die Regierungsparteien zwar im Ausrufen von Zielen überbieten wollen, sich im Erreichen dieser Ziele aber gegenseitig ausbremsen. Ich will beim Titel dieser Debatte bleiben: Enthusiasmus und Realismus dürfen sich nicht gegenseitig ein Bein stellen.

Diese Landesregierung ist aber gefangen zwischen Grünen, die nicht zwischen Idealismus und Ideologie unterscheiden können. Und einer CDU, die mit dem Wort Realismus ihre Realitätsverweigerung verbergen möchte. So kommen wir dem Ziel eines effektiven Klimaschutzes jedenfalls nicht näher.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Opitz-Leifheit Fraktion
Nils Opitz-Leifheit
Berater für Energie und Umwelt, Ländlicher Raum, Verbraucherschutz