MdL Claus Schmiedel: „Die Landesregierung vernachlässigt Energiequellen im eigenen Land“

SPD-Abgeordneter Knapp zeigt, wie es geht und baut eine eigene BioStrom-Anlage

Die SPD will die nächsten zwei in Baden-Württemberg vom Netz gehenden Atomkraftwerke durch BioStrom aus Baden-Württemberg und andere bisher nicht genutzte Energiequellen im Land ersetzen. Nach dem Atomgesetz werden die beiden alten Atomkraft-werke Neckarwestheim I im Jahr 2009 und Phillipsburg I im Jahr 2010 mit zusammen 1.650 MW abgeschaltet. „Mit 800 Biogasanlagen im Land und weniger als 20 % der landwirtschaftlichen Fläche können wir allein die Hälfte des wegfallenden Atomstroms in Baden-Württemberg ersetzen“, erläutert der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Claus Schmiedel. Der Rest sei durch die Errichtung virtueller Kraftwerke, den Ausbau der Wasserkraft, durch Energieeinsparung, Wind- und Solarenergie, sowie durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Koppelung machbar, betonte Schmiedel.

Der Landesregierung warf er vor, wegen ihres Schmusekurses mit der Atomwirtschaft die eigenen Energiequellen im Land sträflich zu vernachlässigen.

Die SPD redet aber nicht nur von einer BioEnergie-Offensive, sie tut auch selbst etwas dafür. Ihr energiepolitischer Sprecher Thomas Knapp zeigt als Unternehmer, wie es geht und baut zurzeit eine eigene BioStrom-Anlage mit 1 MW an elektrischer Leistung und 1 MW zusätzlich an Heizenergie.

Nutzung von Biogas kann durchstarten
Für die SPD steht fest, dass sich innerhalb weniger Jahre die Stromproduktion aus BioEnergie in Baden-Württemberg vervielfachen lässt. Nach Schmiedels Angaben lassen sich heute mit einer modernen Biogasanlage und der Biomasse von 500 Hektar Land jeweils 1 MW (Megawatt) an elektrischer Leistung und zusätzlich 1 MW an thermischer Energie erzeugen.

Nach Angaben der SPD erzeugten Anfang 2006 bereits über 2.700 Biogasanlagen in Deutschland 660 MW Leistung Strom und banden dabei über 5.000 Arbeitsplätze. Allein im vergangenen Jahr betrug der Zuwachs bei der elektrischen Leistung 40%. Über das Erneuerbare Energien Gesetz des Bundes (EEG) würden Biogasanlagen durch eine festgelegte Einspeisevergütung gefördert, hinzukommen zinsgünstige Darlehen der KfW, so dass sie rentabel arbeiten, erklärte Schmiedel.

Claus Schmiedel und Thomas Knapp: Genehmigungshürden abbauen, BioEnergie-Gesellschaft gründen, L-Bank-Fonds auflegen
Heute müsse jede Biogasanlage einzeln genehmigt und abgenommen werden, als sei sie ein Unikat, kritisieren Schmiedel und sein Kollege Thomas Knapp, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Die Genehmigungshürden auf der Grundlage des Baurechtes und des Bundesimmissionsschutzgesetzes dauerten oft sehr lange und schreckten viele Investoren ab. Um diese Verfahren zu beschleunigen, müssten die Beurteilungskriterien und der Genehmigungsablauf von der Landesregierung vorgegeben werden, verlangten die beiden SPD-Politiker.

Darüber hinaus soll eine neu zu gründende Landesgesellschaft die Beratung und Koordinierung bei der Errichtung neuer Anlagen übernehmen. Diese BioEnergie-Gesellschaft des Landes müsse auch die überfällige Normierung von Anlagen voranbringen, was viel Zeit und Kosten sparen würde. Die SPD kündigte hierzu eine parlamentarische Initiative an.

Das Land könne die BioEnergie-Offensive auch deutlich beschleunigen, indem über einen aufzulegenden Fonds der L-Bank Beteiligungen an den Anlagen in Höhe von 20 bis 30% angeboten werden. Damit werde die Eigenkapitalhürde für die Landwirte deutlich gesenkt, so Schmiedel und Knapp.

Die von der SPD projektierten 800 Biogasanlagen sollen jeweils eine Leistung von 1 MW elektrischer Energie bringen, davon 600 auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen und 200 auf Basis von Speiseresten und anderen Rohstoffen. Darüber hinaus werde jeweils ein weiteres MW an thermischer Energie erzeugt, die für Heizungszwecke und Prozesswärme, so etwa zum Trocknen von Holzpellets, verwendet werden könne.

Bei einer Flächeninanspruchnahme von 500 Hektar pro Biogasanlage bedeute dies eine landwirtschaftliche Fläche von knapp 300.000 Hektar, das sind weniger als 20% der verfügbaren Fläche (Baden-Württemberg verfügt über 1,7 Mio. ha landwirtschaftlicher Fläche), betonte der Energieexperte Thomas Knapp.

Wichtig sei in jedem Falle, dass die entstehende Abwärme möglichst weitgehend als Heiz- oder Prozessenergie Verwendung findet, dadurch steige die Wirtschaftlichkeit der Anlagen deutlich.

Zudem biete eine solche BioStrom-Offensive große Einnahmechancen für unsere Landwirte und für die Wertschöpfung im ländlichen Raum, die nicht zuletzt durch Druck der WTO (Welthandelsorganisation) keine höheren Preise mit ihren herkömmlichen Agrarprodukten erzielen werden. Eine auf Langfristigkeit angelegte Energieproduktion bringe den Landwirten eine größere Einkommenssicherheit. Bisher, so Schmiedel und Knapp.

Mit virtuellen Kraftwerken intelligent das Energieangebot regeln
Ein weiterer Baustein auf dem Weg zu einer klima- und verbrauchergerechten Energieversorgung in Baden-Württemberg sehen Schmiedel und Knapp in der Errichtung so genannter virtueller Kraftwerke. Das Saarland, die MVV in Mannheim und auch die Stadtwerke Unna seien hier beispielgebend vorangeschritten und hätten durch den Aufbau virtueller Kraftwerke schon nennenswerte zusätzliche Energiepotenziale erschlossen.

Durch die Steuerung zahlreicher kleinerer dezentraler Anlagen lasse sich mit virtuellen Kraftwerken, insbesondere in den Spitzenlastzeiten, die Einspeisung des Stroms genau aufeinander abstimmen. Die Fernsteuerung der einzelnen Anlagen geschehe mit bestehender Technik über ISDN oder Internet.

Das virtuelle Kraftwerk der STEAG Saar Energie regle heute bereits 45 Anlagen in ganz Deutschland und speise 450 bis 600 MW Leistung ins Netz. Dabei würden auch viele bislang ungenügend genutzte industrielle Anlagen einbezogen, um insbesondere den kostbaren Spitzenlaststrom zu produzieren.

Gleichzeitig müsse aber auch der Verbrauch gesteuert werden, verlangen Schmiedel und Knapp. Das Land solle hierzu Pilotprojekte mit Stadtwerken oder der EnBW durchführen. Der Verbraucher könne dabei für einzelne Aggregate Strom nur dann abrufen, wenn die-ser gerade gut verfügbar ist. Schmiedel: „Der Vorteil für Haushalte und Unternehmen ist, dass sie eine Menge Geld sparen.“

Thomas Knapp überzeugt mit Taten
Welche Investitionen in Biogasanlagen heute technisch möglich und wirtschaftlich rentabel sind, beweist Thomas Knapp als Unternehmer in der Erneuerbare-Energien-Branche.

Da sein Vorhaben in der Region Unterstützung finde, sei bei seinem Projekt die Genehmigungspraxis zügig und korrekt verlaufen. In vielen Fällen jedoch, von denen er als Abgeordneter Kenntnis habe, sei die Genehmigungspraxis oftmals so restriktiv, dass sie einer Verhinderungspolitik gleichkomme.

Das Projekt von Thomas Knapp umfasst eine Biogasanlage mit zusätzlichem Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk, sowie eine Pelletsfertigung von 20.000 Tonnen jährlich. Bei einer Gesamtinvestition von 8,5 Mio. Euro entsteht eine Anlage, die 1,8 MW Strom liefert, zusätzlich weitere 1,8 MW Wärmeleistung, die als Prozesswärme ganzjährig zur Trocknung des Holzes für die Pellets genutzt wird.

Die Anlage wird aus dem Förderprogramm Erneuerbare Energien des Bundes sowie dem KfW-Umweltprogramm gefördert. Sowohl die Stromproduktion als auch die Wärmenutzung erfolgen EEG-konform, führen also zu einer festgelegten Einspeisevergütung. Das Einzugsgebiet der Anlage liegt in einem Umkreis von 10 Kilometern und umfasst ca. 500 Hektar landwirtschaftliche Fläche.

Helmut Zorell
Pressesprecher