MdL Ulla Haußmann: „Oettinger hat sich im Bundesrat wie ein Pharma-Referent aufgeführt, nicht wie ein Ministerpräsident“

Parlamentsinitiative fordert Rechenschaft

Die SPD verlangt Aufklärung über die Hintergründe einer gescheiterten Bundesrats-Initiative der Landesregierung, mit der ein Teil des von CDU und SPD vereinbarten Arzneimittel-Sparpaketes zu Fall gebracht werden sollte. Es geht um den im Sparpaket enthaltenen Preisabschlag bei Generika. Nach den Worten der SPD-Gesundheitsexpertin Ulla Haußmann hat Baden-Württemberg als einziges Land im Bundesrat versucht, die vorgesehene Kostensenkung bei Generika-Medikamenten zu verhindern.

Oettinger habe sich damit im Bundesrat wie ein Pharma-Referent aufgeführt, statt seiner Verantwortung als Ministerpräsident gerecht zu werden, kritisiert Haußmann. Einer der Hauptprofiteure von Oettingers Bundesratsauftritt sei ein großer Generika-Konzern in Ulm, der wegen seiner dubiosen Sonderrabatte für Ärzte und Apotheker zu Lasten der Krankenkassen und ihrer Versicherten in den vergangenen Monaten bundesweit heftig in die Kritik geraten war.

Nach einem Bericht des Stern und auch nach den Feststellungen von Krankenkassen hat die Ulmer Firma Ratiopharm mit Riesenrabatten Ärzte und Apotheker dazu gebracht, den Patienten zum Nachteil der Kassen die überteuerten Ratiopharm-Generika zu verschreiben. „Ärzte bekommen Anreize dafür, teurere Generika zu verordnen und verstoßen damit gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, zu dem sie ja verpflichtet sind“, stellte der Chef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, mit Blick auf die Ratiopharm-Praktiken fest.

Der Chef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, hat unter Berufung auf eigene Erhebungen die Staatsanwaltschaft Ulm sogar aufgefordert, das inzwischen eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Ratiopharm wieder aufzunehmen. „Und wenn die Staatsanwaltschaft nichts unternimmt, werden wir alleine versuchen, Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte geltend zu machen“, so der KKH-Chef im Stern Mitte Januar 2006.

In einer Parlamentsinitiative verlangt die SPD nun Aufklärung, warum sich Herr Oettinger zum Handlanger ausgerechnet solcher Pharma-Konzerne macht, die mit ihren Geschäftspraktiken den Krankenkassen und ihren Versicherten großen finanziellen Schaden zugefügt hätten.

MdL Ulla Haußmann: „Machenschaften wie bei Ratiopharm sind mit dafür verantwortlich, dass die Arzneikosten bei den Krankenkassen aus dem Ruder laufen. Dass sich Herr Oettinger im Bundesrat zum Fürsprecher solcher Firmen macht, ist skandalös und bedarf der Aufklärung.“

Oettinger hatte Ratiopharm-Chef Merckle im Oktober 2005 das Bundesverdienstkreuz persönlich überreicht und in seiner Ansprache die ‚ungewöhnlichen Lösungsansätze’ des ‚Vollblutunternehmers’ gelobt.

Haußmann weist darauf hin, dass der Preisabschlag bei Generika Bestandteil der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene war. An allen Verhandlungen zu diesem Koalitionsvertrag sei die Landesregierung in der Arbeitsgruppe Gesundheit beteiligt gewesen.

Haußmann: „Wir wollen jetzt wissen, ob die Landesregierung vor Einbringung ihres Bundesrats-Antrags Gespräche mit Generika-Herstellern darüber geführt hat, insbesondere mit Ratiopharm, und wenn ja wann und mit welchem Ergebnis.“

Helmut Zorell
Pressesprecher