MdL Frieder Birzele und Thomas Oelmayer: „Bürger in Baden-Württemberg können alles – auch direkte Demokratie“

SPD und Grüne wollen die Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, sich unmittelbar an Entscheidungen in ihrer Stadt, Gemeinde oder ihrem Landkreis zu beteiligen, deutlich ausweiten. Die Oppositionsfraktionen haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorgelegt, der die rechtlichen Hürden der Gemeinde- und Landkreisordnung für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide absenkt, um nach bayerischem Vorbild direkte Bürgermitsprache auf kommunaler Ebene zu erleichtern.

Bislang scheitern in Baden-Württemberg zwei Drittel aller Bürgerbegehren an formalen Kriterien. Das Zustimmungsquorum ist in größeren Städten etwa dreimal so hoch wie in Bayern. Zudem sind bedeutende Themen in Baden-Württemberg von einer direkten Bürgerbeteiligung ausgeschlossen. In einer lebendigen Demokratie müsse die Bürgerschaft jedoch die Möglichkeit haben, die Entscheidung wichtiger Sachfragen an sich zu ziehen, heben Frieder Birzele, Verfassungsexperte der SPD, und Thomas Oelmayer, Innen- und Rechtsexperte der Grünen hervor. „Mehr direkte Demokratie vor Ort ist ein echter Beitrag gegen wachsende Politikverdrossenheit und regt mittelbar auch zu allen anderen Formen von Bürgerbeteiligung und bürgerschaftlichem Engagement an. “

Der gemeinsame Gesetzentwurf von SPD und Grüne sieht vor, den Anwendungsbereich für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide deutlich auszuweiten und künftig auch Bauleitpläne und Kommunalabgaben zur Entscheidung zuzulassen. Die Initianten von Bürgerbegehren sollen ferner erstmals ein Auskunftsrecht über Sachfragen gegenüber der Gemeindeverwaltung erhalten.

Eine wesentliche Erleichterung zur Wahrnehmung der direktdemokratischen Instrumente stellt die deutliche Absenkung des Unterschriftsquorums für Bürgerbegehren und des Zustimmungs-quorums für Bürgerentscheide dar. Bürgerinnen und Bürger sollen künftig einen Bürgerentscheid beantragen können, wenn bereits 7 statt bisher 10 Prozent das Bürgerbegehren unterzeichnen, wobei jedoch nie mehr als 15.000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Zudem sollen künftig nicht mehr pauschal 30 Prozent aller Stimmberechtigten dem Bürgerentscheid zustimmen müssen, sondern das Zustimmungsquorum soll entsprechend der erfolgreichen bayrischen Regelung auf 10 bis 20 Prozent gesenkt und der Größe der Gemeinde angepasst werden. „Die Staffelung des Zustimmungsquorums nach der Einwohnerzahl einer Gemeinde räumt den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern deutlich mehr Mitspracherechte ein. Es gibt keinen Grund, dieses Mehr an Bürgerrechten den Menschen in unserem Land vorzuenthalten“, so Birzele und Oelmayer. Auch auf Landkreisebene soll erstmalig eine unmittelbare Bürgerbeteiligung zugelassen werden.

Zugleich kritisierten Oelmayer und Hans-Georg Junginger, innenpolitischer Sprecher der SPD, den von der Landesregierung nach vierjähriger Verzögerung nun vorgelegten Anhörungsentwurf, der weit hinter den Erwartungen zurückbleibe. „Die Landesregierung kreiste wie ein Berg und gebar eine Maus.“ Die Regierungsfraktionen CDU und FDP wollen Bauleitpläne auch in Zukunft von Bürgerentscheiden ausschließen und das Zustimmungsquorum gerade einmal um 5 Prozent auf 25 Prozent absenken. Damit werden nach Auffassung von Oelmayer und Junginger direkte demokratische Entscheidungen weiterhin behindert. Es sei unverständlich, warum sich die CDU trotz ihrer positiven Erfahrungen mit direkter Demokratie bei der Wahl ihres Spitzenkandidaten einer echten Stärkung unmittelbarer Bürgerbeteiligung noch immer verweigere. „Die CDU will eine Volkspartei sein, scheint das Volk aber zu fürchten. Was für die Mitglieder der CDU recht war, muss für die Bürgrinnen und Bürger in Baden-Württemberg billig sein.“

Helmut Zorell
Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion

Schmitt

Pressesprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen