Fraktionschef Claus Schmiedel: „Die Landesregierung darf die Beamten nicht zu Sündenböcken machen, um damit angeblich den Haushalt zu sanieren“

Beamtenbundchef Volker Stich: „Einseitige Sparopfer zu Lasten junger Beamter tragen wir nicht mit“

Die SPD-Landtagsfraktion und der BBW – Beamtenbund Tarifunion (BBW) lehnen die vorgesehene starke Belastung der Beamten im geplanten Sparpaket der Landesregierung ab. Dies ergab sich im Spitzengespräch von Fraktionschef Claus Schmiedel und Fraktionsvize Nils Schmid mit Volker Stich, Landesvorsitzender des Beamtenbundes, sowie seinen Stellvertretern Thomas Eigenthaler (Stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft) und Joachim Lautensack (Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Die Landesregierung darf die Beamten nicht zu Sündenböcken machen, um damit angeblich den Haushalt zu sanieren“, sagt Schmiedel. Und Volker Stich, Vorsitzender des Beamtenbundes, erklärt: Die Landesregierung wäre gut beraten, wenn sie die vom BBW eingeräumte Denkpause bis Anfang des nächsten Jahres nutzen würde, um ihren einseitigen und ungerechten Sparbeschluss zu überdenken und davon Abstand zu nehmen. Der Zorn der Beamten sei groß.

Besprochen wurden folgende Punkte:

1. Das sogenannte Vorgriffsstundenmodell. „Die Landesregierung schönt damit die aktuelle Haushaltslage und verschiebt die finanziellen Lasten auf künftige Haushaltsjahre“, sagen Schmid und Stich übereinstimmend. Auch fachpolitisch sei das Vorgriffsstundenmodell falsch.
Schmid nennt Beispiele: Im Lehrerbereich müssten zur mittelfristigen Absicherung einer ausreichenden Unterrichtsversorgung jetzt die ausgebildeten Lehrkräfte an den Schuldienst des Landes gebunden werden, damit sie nicht in andere Bundesländer abwandern. Ansonsten könne der hohe Altersabgang der Lehrer in den kommenden Jahren nicht kompensiert werden. Auch in Bereichen wie der Steuerverwaltung sei angesichts der steigenden Pensionierungszahlen ein Einstellungskorridor für Nachwuchskräfte notwendig. Und bei der Polizei bestünde bereits heute eine akute Überlastung der Polizeibeamten durch eine Vielzahl aufwändiger Einsätze. „Die Polizei darf durch Mehrarbeit im Rahmen eines Vorgriffsstundenmodells nicht mehr zusätzlich belastet werden“, sagt Schmiedel und DPolG-Chef Lautensack ergänzt: Schon heute seien die EU-Vorgaben zur Arbeitszeit im Schicht- und Wechselschichtdienst kaum einzuhalten, geradezu unmöglich werde dies bei Einführung des Vorgriffsstundenmodells.

2. Die SPD-Landtagsfraktion und der Beamtenbund lehnen ein pauschales weiteres Stelleneinsparprogramm ab. SPD und BBW fordern statt dessen, zuerst die Aufgaben und Zuständigkeiten der Landesverwaltung zu definieren und erst danach festzulegen, auf wie viel Personal bei entsprechenden Neuregelungen in der Landesverwaltung ohne Qualitätseinbußen verzichtet werden kann. „Der Personalbedarf des Landes muss den Erfordernissen durch die Aufgaben folgen und nicht umgekehrt“, sagt Schmid. Stich fügt hinzu, der Fairness halber müsse die Landesregierung den Bürger auch darüber aufklären, welche öffentliche Dienstleistung künftig wegfalle.

3. Die SPD-Landtagsfraktion tritt ein für eine dialogorientierte Politik, die gemeinsam mit den Betroffenen versucht, Umsetzungsmöglichkeiten für notwendige Veränderungen zu erarbeiten. Deshalb begrüßt die SPD es außerordentlich, dass der Beamtenbund der Landesregierung für den anstehenden Nachtragshaushalt angeboten hatte, gemeinsam einen Weg für einen Einsparbetrag beim Landespersonal im niedrigen dreistelligen Millionenbereich zu finden. „Dass die Landesregierung dieses konstruktive Angebot zur Mitarbeit der Beamten leichtfertig ausgeschlagen hat, zeigt, dass Mappus einmal mehr auf Konfrontation setzt“, sagt Schmiedel. Damit verzichte er unnötig auf Akzeptanz und Sachverstand.

4. SPD und Beamtenbund wollen ihre bisher schon praktizierte Zusammenarbeit weiter ausbauen und auch Wege über mögliche Einsparungen für die nächste Wahlperiode aufzeigen. „Der SPD geht es darum, ein Konzept zu entwickeln, wie in der Landesverwaltung sinnvoll und im Dialog gespart werden kann“, erklärt Schmid.

Stuttgart, 8. Dezember 2010