MdL Claus Schmiedel: „Durch das dilettantische und kurzsichtige Vorgehen der Landesregierung wird die GVS gelähmt und der Energiestandort Baden-Württemberg nachhaltig beschädigt“

Neue Erdgasleitungen verschärfen die Konkurrenzsituation im Land – GVS in der Zwickmühle

Die SPD-Landtagsfraktion ist in tiefer Sorge um die Zukunft der Gasversorgung Süddeutschland (GVS). Mit der nun schon über ein Jahr sich hinziehenden Hängepartie um den Verkauf der GVS verursache die Landesregierung eine Lähmung der Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens und schade dem Energiewirtschaftsstandort Baden-Württemberg, kritisiert der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Claus Schmiedel. Inzwischen schlössen zwei große Konkurrenten an der GVS und den baden-württembergischen Stadtwerken vorbei schon lukrative Lieferverträge mit hiesigen Industriekunden ab und die GVS müsse diesem Treiben hilflos zusehen.

Verlierer dieser Entwicklung seien aber auch die Privatkunden, die umso stärker zur Kasse gebeten würden, je mehr Großkunden zu Konkurrenten überliefen.

„Die GVS wird jeden Tag weniger wert“, macht Schmiedel seinem Ärger Luft und der Energiewirtschaftsstandort Baden-Württemberg werde nachhaltig beschädigt. „Die Landesregierung will mit ihrer Verzögerungstaktik beim Verkauf der GVS Kasse machen, vergisst darüber aber das dringend notwendige energiewirtschaftliche Konzept für Baden-Württemberg.“

Nach Auffassung des SPD-Wirtschaftsexperten braucht die GVS ganz rasch neue, starke Gesellschafter, am besten solche mit Zugang zu eigenen Gasquellen. Die Gasversorgung Süddeutschland müsse unverzüglich in die Lage versetzt werden, mit anderen Partnern zu verhandeln, um wieder handlungsfähig zu werden, fordert Schmiedel.

Rasche Entscheidung unumgänglich

Nach derzeitiger Sachlage kommen als mögliche Erwerber der GVS die Firmen Wintershall, EnBW und Duke in Betracht. Jedenfalls liefen mit diesen Unternehmen aktuell so genannte Managementgespräche. „Nach Abschluss dieser Gespräche muss sofort über den Verkauf entschieden werden“, verlangt der SPD-Politiker. Jede Woche, die die Landesregierung weiter tatenlos zuwarte, schade nachhaltig den baden-württembergischen Interessen.

Zwei neue Erdgasleitungen verschärfen die Konkurrenzsituation im Land – die GVS in der Zwickmühle

Der Gasverbrauch in Baden-Württemberg beträgt derzeit etwa 80 Milliarden Kilowattstunden. Er dürfte in den nächsten 10 Jahren bis auf ca. 100 Milliarden Kilowattstunden ansteigen. Die GVS kann diese Menge über ihr modernes Leitungsnetz ohne Schwierigkeiten unter Einschaltung der Stadtwerke an die Endverbraucher im Land liefern.

Gleichwohl befinden sich zwei neue große Gashochdruckleitungen in Baden-Württemberg im Raumordnungsverfahren. Nach derzeitigem Erkenntnisstand werden beide Leitungen in absehbarer Zeit in Betrieb gehen. Betreiber der beiden neuen Leitungen sind die Ruhrgas und die Wingas.

Die beiden neuen Leitungen der deutschen Konkurrenten der baden-württembergischen GVS werden die Konkurrenzsituation im Land nach Schmiedels Einschätzung erheblich verschärfen. Die GVS müsse befürchten, dass ihre Konkurrenten unter Umgehung der Stadtwerke und der GVS selbst unmittelbar an große Endabnehmer liefern. Dies hätte erhebliche Gewinneinbrüche bei der GVS und den Stadtwerken im Land zur Folge.

Die GVS steckt dabei nach den Worten Schmiedels in einer Zwickmühle: Wegen ihrer engen Verflechtung mit der Ruhrgas und deren wirtschaftlicher Potenz kann sich die Gasversorgung Süddeutschland einen Konfrontationskurs weder mit der Ruhrgas noch mit der Wingas leisten.

Das Geschäftsfeld der GVS

Die Hauptgesellschafter des einzigen nennenswerten gaswirtschaftlichen Unternehmens in Baden-Württemberg sind die Neckarwerke Stuttgart mit ca. 33 %, die MVV Mannheim mit ca. 26 % und das Land mit ca. 25 %. Die restlichen ca. 16 % befinden sich, gestückelt zu je etwa 2 %, im Besitz verschiedener Stadtwerke.

Die GVS verfügt nicht über einen eigenen Zugang zu Erdgas-Lagerstätten. Sie bezieht ihr Gas zu etwa 85 % von der Ruhrgas. Das baden-württembergische Gasunternehmen gibt das „eingekaufte“ Gas dann an die jeweiligen Stadtwerke im Land weiter, die ihrerseits an Industrie und Haushalte, also an die Endverbraucher, weiterverkaufen. Somit sind das baden-württembergische Leitungsnetz und die langfristigen Liefer- und Gebietsverträge das wichtigste Kapital, über das die Gasversorgung Süddeutschland verfügt.

Landesregierung hat dem Energiestandort Baden-Württemberg und der GVS schweren Schaden zugefügt

Dilettantisch und unüberlegt habe die Landesregierung mit den Strippenziehern Stratthaus und Döring den anstehenden Verkauf der GVS seinerzeit hinausposaunt und damit dem Gasunternehmen schweren Schaden zugefügt, kritisiert Schmiedel. Offensichtlich hätten noch wenige Tage zuvor selbst große Gesellschafter der GVS, wie die MVV Mannheim, von den öffentlich geäußerten Verkaufsabsichten der Landesregierung keine Ahnung gehabt. Auf der anderen Seite hätte die Landesregierung die bestehenden Verträge besser lesen sollen. Diese räumten nämlich im Verkaufsfalle jedem Mitgesellschafter ein Vorkaufsrecht zum Bilanzwert ein. Dieser Bilanzwert liegt jedoch weit unter dem realen Verkehrswert des Gasunternehmens. Um diese „Zugriffsmöglichkeit“ der „alten“ Gesellschafter der GVS auszuschließen, bedürfte es einer Satzungsänderung, die wiederum nur mit einer 3/4-Mehrheit zu Stande käme, erläuterte Schmiedel.

Die Mitgesellschafter bei der GVS befänden sich damit in einer Situation, in der sie der vorgepreschten Landesregierung durchaus Paroli bieten könnten. Sollte es tatsächlich zu einem offenen Machtkampf zwischen den kommunalen Gesellschaftern und der Landesregierung beim anstehenden Verkauf der GVS kommen, würde dies die schon jetzt vorhandene Handlungsohnmacht bei der GVS zementieren.

Schmiedel: „Die Landesregierung ist deshalb in der Pflicht, Wiedergutmachung zu betreiben und den von ihr angerichteten Schaden wenigstens zu begrenzen.“

gez. Helmut Zorell

Fraktionssprecher