MdL Frieder Birzele: „Auch in den kommunalen Gremien sind Frauen deutlich unterrepräsentiert – das wollen wir ändern“

MdL Rita Haller-Haid: „Wir erwarten die Zustimmung der CDU, denn auch die Frauenbeauftragte der Landesregierung ist für ein Reißverschlussverfahren bei der Listenaufstellung“

SPD-Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalwahlrechts

Die SPD-Landtagsfraktion will etwas dagegen unternehmen, dass Frauen in Gemeinderäten und Kreistagen noch immer deutlich unterrepräsentiert sind. In einem Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart wird dazu ein neues Reißverschlussverfahren für die Aufstellung der Listen vorgeschlagen. Mit diesem Vorstoß zur Stärkung der Frauen in der Kommunalpolitik soll nach den Worten von Landtagsvizepräsident Frieder Birzele künftig gewährleistet werden, dass Frauen mindestens mit einem Anteil von 40 Prozent auf den Listen vertreten sind.

„Gleichstellungspolitik heißt für uns, den Anteil von Frauen und Männern in den kommunalen Gremien in Übereinstimmung mit ihrem Bevölkerungsanteil zu bringen“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Innenminister. Dies gebiete schon der Verfassungsauftrag in Artikel 3 des Grundgesetzes, die Gleichstellung von Mann und Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen umzusetzen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei der Aufstellung der Listen eine angemessene Berücksichtigung von Frauen und Männern sicherzustellen ist. Die Aufstellung der Listen soll dabei im Reißverschlussverfahren erfolgen, beginnend mit der Spitzenkandidatin oder dem Spitzenkandidaten. Um die 40-Prozent-Quote zu erreichen, kann jeder fünfte Platz entweder mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden. Die Listen können aber auch durchgängig im Reißverschlussverfahren erstellt werden, was zu einer Frauen- bzw. Männerquote von 50 Prozent führt. Diese Regelungen sollen auch in das Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart aufgenommen werden.

Die freie Entscheidung der Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe werde dadurch in keiner Weise beeinträchtigt, sagte Birzele. Durch Kumulieren und Panaschieren hätten es die Wählerinnen und Wähler selber in der Hand, Listenbewerberinnen und –bewerber unabhängig vom Listenplatz zu wählen. Allerdings, so Birzele, zeigten Untersuchungen über Frauen in der Kommunalpolitik, dass die Platzierung der Bewerberinnen auf den Kommunalwahllisten eine erhebliche Auswirkung auf die Wahl der Frauen hat. Generell gilt, dass Bewerberinnen und Bewerber nur insoweit quotiert auf der Liste aufgeführt werden können und müssen, soweit entsprechende Bewerbungen vorhanden sind. Besteht eine Wählervereinigung nur aus Frauen, sind auch reine Frauenlisten möglich. Dann dürfen solche mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigungen aber nur Mitglieder als Listenbewerberinnen benennen.

Die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Rita Haller-Haid, wies darauf hin, dass der Frauenanteil in baden-württembergischen Gemeinderäten lediglich 18,93 %, in den Kreisräten sogar nur 13,97 % beträgt. Bei der Kommunalwahl 1999 wurden darüber hinaus in 72 Gemeinden überhaupt keine Frauen in den Gemeinderat gewählt. „Angesichts dieser Situation sind Änderungen im Kommunalwahlrecht unerlässlich. Die Parteien und Wählervereinigungen müssen sich verstärkt um die Nominierung von Frauen auf den Wahllisten kümmern und die Chancen von Frauen bei der Listenaufstellung durch entsprechende Platzierungen verbessern.“ Die SPD habe mit ihrem gleich lautenden Wahlstatut parteiintern bereits sehr gute Erfahrungen damit gemacht, so Haller-Haid, und dadurch den Frauenanteil nachweislich erhöhen können.

Die SPD-Landtagsfraktion appelliert nachdrücklich an alle im Landtag vertretenen Fraktionen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Die SPD hofft insbesondere auch auf ein Ja der CDU-Fraktion, da auch die Frauenbeauftragte der Landesregierung, Staatssekretärin Johanna Lichy, erst kürzlich alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft aufgefordert hatte, Regelungen und Konzepte zu entwickeln, um den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen.

Nach einem Gespräch mit der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbeauftragten vor 10 Tagen hat sich Lichy öffentlich dafür stark gemacht, mehr Frauen in die Kommunalpolitik zu bringen. „Denkbar sei eine Listenaufstellung in Form eines Reißverschlussverfahrens. Auf den Listenplätzen sollen im Wechsel Männer und Frauen aufgestellt werden“, heißt es dazu in einer Presseerklärung der Staatssekretärin vom 13. Februar 2003.

Helmut Zorell

Pressesprecher