Dr. Boris Weirauch: „Institut könnte mit Hilfe Künstlicher Intelligenz u.a. Algorithmen entwickeln, um rechtsradikale Gefährder bereits frühzeitig im Netz zu identifizieren“

Nach dem Terroranschlag in Hanau mahnt Dr. Boris Weirauch, Rechtsextremismus-Ex­perte der SPD-Landtagsfraktion, die zügige Umsetzung des universitären Instituts zur Er­forschung und wissenschaftlichen Einordnung rechtsextremistischer Strukturen in Baden-Württemberg an: „Der fürchterliche Terroranschlag zeigt einmal mehr, welche große Ge­fahr von Rechtsextremisten für die freiheitliche und demokratische Gesellschaft ausgeht. Wir alle müssen noch viel entschiedener unsere Demokratie und die Werte unserer Ver­fassung verteidigen.“

Ein wichtiges Fazit aus dem NSU-Untersuchungsausschuss sieht er nach den bisherigen Erkenntnissen durch den Hanauer Anschlag wieder bestätigt. „Neben rechtsradikalen Terrorgruppen im herkömmlichen Sinn nimmt insbesondere der sogenannte „führerlose Widerstand“, d.h. unabhängig von einander handelnde Täter mit gemeinsamen ideologi­schem Überbau, eine immer größere Bedeutung innerhalb der rechtsterroristischen Szene ein“, so Weirauch. Die Sicherheitsbehörden seinen gut beraten, sich zukünftig mit diesem Phänomen noch stärker zu befassen, zumal die Bekämpfung dieser Art von Tä­tern mit polizeilichen und geheimdienstlichen Mitteln wesentlich schwerer sei, da hier her­kömmliche Anknüpfungspunkte in der interaktiven Kommunikation fehlen. Deshalb appel­liert die SPD-Landtagsfraktion erneut an die grün-schwarze Landesregierung, nach über einem Jahr endlich der parteiübergreifenden Forderung nach einem universitären Institut zur Erforschung und wissenschaftlichen Einordnung rechtsextremistischer Strukturen in Baden-Württemberg nun zügig nachzukommen. „Dieses Institut könnte mit seinen For­schungszielen nicht nur konventionelle Präventionsstrategien entwickeln, sondern auch so aufgestellt sein, dass es dabei klar auch einen technologischen Ansatz verfolgt und mit Hilfe Künstlicher Intelligenz u.a. Algorithmen entwickelt, um rechtsradikale Gefährder bereits frühzeitig im Netz zu identifizieren und solche schrecklichen Taten in Zukunft zu vermeiden“, stellt sich Rechtsextremismus-Experte Weirauch die Arbeit des Instituts vor. „Menschen, die bereits wochen- oder auch monatelang im Internet aktiv sind und auf mögliche Taten direkt oder indirekt hinweisen, müssen besser identifiziert und festgesetzt werden, bevor sie zur Tat schreiten können.“

Seiner Meinung zeige es sich deutlich, dass Staats- und Verfassungsschutz hier offenbar an technologische Grenzen stoßen und ein Personalaufwuchs alleine nicht weiterhilft. Deshalb fordert er die Landesregierung auf, technologische Synergien im Land zu nutzen und mit Universitäten mit technologischem Knowhow, beispielsweise das KIT, in die Kon­zeption eines solchen Instituts einzubeziehen.

„Wir wissen, dass insbesondere Innenminister Thomas Strobl diese Trennung von Ver­fassungsschutz und Forschung nicht will. Von diesem Denkmuster muss er sich aber spätestens nach dem Terroranschlag in Hanau verabschieden, um eine bestmögliche frühzeitige Gefahrenbekämpfung gewährleisten zu können. Gerade hier könnten wir wis­senschaftlich Expertise nutzen, die neue Weg beschreitet,“ so Weirauch abschließend.

Stuttgart, 21. Februar 2020

Heike Wesener
Pressesprecherin

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Simone Geßmann
Beraterin für Recht, Verfassung, Medienpolitik