MdL Dr. Rainer Prewo: „Die Expertenaussagen sind eindeutig: Die Landesregierung muss endlich die Rechtsgrundlagen für die Einrichtung und Finanzierung von BIDs schaffen“

Hochrangige Experten aus ganz Deutschland weisen auf das enorme Potenzial von Business Improvement Districts (BIDs) für die wirtschaftliche und soziale Renaissance der baden-württembergischen Städte hin

Mehr als 70 interessierte Einzelhändler, City-Manager und Kommunalpolitiker kamen zur Expertenanhörung der SPD-Landtagsfraktion zur Wiederbelegung der Innenstädte. Im Mittelpunkt der hochkarätig besetzten Veranstaltung stand die Frage, ob Business Improvement Districts (BIDs) die wirtschaftliche und soziale Renaissance der innerstädtischen Zentren in Baden-Württemberg befördern können. Dass BIDs nicht überall ein Allheilmittel für die schwierige Situation sind, in der sich viele Städte befinden, war einhellige Meinung der Experten. Klar wurde aber auch auf der Anhörung der SPD-Fraktion, dass BIDs ein innovatives und in vielen Bundesländern bereits gut funktionierendes Instrument darstellen, um Innovationskapital von Gewerbetreibenden vor Ort freizusetzen, das sonst blockiert wäre. Dabei komme es entscheidend darauf an, dass Einzelhändler und Kommunen Hand in Hand zusammen arbeiten.

Die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ute Vogt wies auf der Anhörung auf die besondere Problematik der Innenstädte in Baden-Württemberg hin. Durch die Konkurrenz auf der Grünen Wiese und die Filialisierung der Innenstädte verlören die Zentren immer mehr an Attraktivität und verödeten zunehmend. Die Wiederbelebung der baden-württembergischen Innenstädte müsse deshalb rasch angegangen werden.

Dr. Florian Birk, BID-Beauftragter der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e. V., erläuterte Aufgaben und Entstehung von BIDs und wies auf den grundsätzlichen Vorteil von BIDs gegenüber freiwilligen City-Initiativen hin. Ein entscheidender Vorteil der BIDs sei, dass Trittbrettfahrertum vermieden werde. Birk machte deutlich, dass die Gründung von BIDs eine landesgesetzliche Grundlage bräuchten, die in vielen Bundesländern bereits bestehe, nicht aber in Baden-Württemberg.

Für Frank Heinze, der mit seinem Planungsbüro Heinze und Partner derzeit die erfolgreichen BIDs in der Stadt Gießen berät, besteht der große „Sexappeal“ von BIDs darin, dass „das Wissen, dass alle Beteiligten mitziehen, alle mitmachen lässt“. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass auf die Homogenität des Quartiers geachtet werde. Bei der Gründung eines BIDs handelt es sich nach Heinzes Ansicht um einen „hochkommunikativen Prozess“, der eine bestimmte Gruppengröße mit Personen gleichen Interesses nicht übersteigen dürfe.

Isabel Kassner, BID-Beauftragte des ersten deutschen BID in Bergedorf bei Hamburg, unterstützte die Aussagen von Heinze als Praktikerin. Da das BID in Bergedorf, wie alle anderen BIDs, befristet ist, konnte sie von den ersten Gründungsjahren dieses BID berichten. Durch den Erfolg bestärkt, arbeiteten die Verantwortlichen jetzt bereits an einem Folge-BID. Insgesamt machte Frau Kassner deutlich, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Gewerbetreibenden und der Kommune vor Ort für den Erfolg eines BID unerlässlich ist. Sie wies zudem darauf hin, dass die Leistungen eines BID nicht als Ersatz, sondern zusätzlich zu öffentlichen Leistungen erfolgen müssen. Beispielsweise zahlt die Stadt den neuen Belag in der Fußgängerzone, während das BID den teureren Stein übernimmt.

Von den Schwierigkeiten freiwilliger Zusammenarbeit berichteten Oberbürgermeister Franz Schaidhammer aus Wiesloch und der Vorsitzende der Initiative ‚Wiesloch Card’, Christopher Schmidt. Sie plädierten deshalb dafür, den Akteuren vor Ort auf gesetzlicher Grundlage ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem sie in ernsthafte Konkurrenz zu den großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese treten können. Die Einzelhändler der Stadt Wiesloch hätten, unterstützt von der Stadt, bereits vor einigen Jahren eine Unterschriftenaktion für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Einrichtung von BIDs gestartet und bei Ministerpräsident Oettinger eingereicht. Vom Regierungschef und vom zuständigen Innenministerium hätten sie jedoch eine Absage erhalten, was sie außerordentlich bedauerten.

Horst Lenk, Vizepräsident des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels und Einzelhändler aus Pforzheim, stellte die Position des überwiegenden Teils des Einzelhandels in Baden-Württemberg dar. Generell favorisiere der Verband zwar freiwillige Lösungen. Dennoch anerkenne man den „Charme“ von BIDs, die tatsächlich ein effektives Instrument zur Belebung der Innenstädte sein könnten. Lenk wies auch auf mögliche Schwierigkeiten hin, etwa die Kosten einer professionellen Begleitung von BIDs oder den Zeitfaktor bei der Einbeziehung aller relevanten Akteure von Anbeginn an.

Für Dr. Rainer Prewo, Oberbürgermeister von Nagold und in der SPD-Landtagsfraktion Sprecher für Mittelstand, Handwerk und freie Berufe, hat die Veranstaltung deutlich gemacht, dass die Akteure vor Ort, also Gewerbetreibende, City-Manager und Stadtverwaltung, mehrheitlich davon überzeugt sind, dass BIDs für die Revitalisierung der Innenstädte ein probates Mittel sind. An die Landesregierung appellierte er, die Verantwortlichen vor Ort zu unterstützen und die rechtlichen Grundlagen zur Einrichtung von BIDs endlich zu schaffen.

Die SPD-Landtagsfraktion wird die vielfältigen Anregungen aus der Anhörung der Experten aufnehmen, sicherte Dr. Prewo zu. Da etliche Kommunen bereits darauf warteten, dass sich etwas bewegt, kündigte er zugleich an, dass er persönlich die Landesregierung über die Ergebnisse der Anhörung informieren werde.

Helmut Zorell
Pressesprecher