Redemanuskript Rainer Hinderer
Aktuelle Debatte SPD „Die Schulsozialarbeit weiter ausbauen und an der Drittelfinanzierung festhalten“

am 17. Oktober 2019

Schulsozialarbeit ist ein Erfolgsmodell in unserem Land – sie wurde reaktiviert und beherzt vorangetrieben in der letzten Legislaturperiode von der SPD-Fraktion und unserer damaligen Sozialministerin (und die Grünen haben damals auch noch mitgespielt).

Über 2.600 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter verrichten an unseren Schulen im Land einen nicht mehr wegzudenkenden Dienst. Sie leisten Einzelfallhilfe im Schulalltag und im persönlichen Umfeld der Schülerinnen und Schüler, sie beraten Eltern und Kinder bei Schwierigkeiten und Konflikten, persönlichen Problemen, Mobbing, Drogen, Stalking im Internet, Vernachlässigung in der Familie oder zunehmender Gewalt unter Schülern und leider auch gegen Lehrkräfte – das sind nur einige der Themen, mit denen sich Schulsozialarbeiterinnen an unseren Schulen jeden Tag beschäftigen.

An vielen Schulen werden offene Angebote von der Schulsozialarbeit verantwortet: Schülercafés, Freizeitgruppen oder Theater-AGs – sie erlauben einen niederschwelligen Kontakt zwischen Jugendlichen und Schulsozialarbeitern. Besonders Schulen mit Ganztagsangebot nutzen meist die Freiräume, solche offenen Angebote umzusetzen.

Und leider viel zu oft tun Schulsozialarbeiterinnen und –arbeiter etwas, was sie gar nicht tun sollen: Sie springen in Lücken, die durch die unzureichende Lehrerversorgung entstehen; Vertretungen bei Krankheit, bei Besprechungen der Lehrer oder bei der Hausaufgabenbetreuung sind an der Tagesordnung. Schulsozialarbeit soll Lehrerinnen und Lehrer beraten und begleiten, wenn es um besondere pädagogische Fragestellungen geht, aber nicht ersetzen.

Trotzdem sichert Schulsozialarbeit oftmals die Betreuung und hilft, den Schulbetrieb trotz Lehrermangel aufrecht zu erhalten. Frau Ministerin Eisenmann – ohne Schulsozialarbeit wären die Hilferufe aus ihren Schulen noch viel lauter! Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter helfen, ihr Versagen bei der Lehrerversorgung zu kaschieren.

Das niederschwellige Angebot der Schulsozialarbeit ergänzt den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen und trägt so zum Schulerfolg der Kinder und Jugendlichen und zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei. Dafür gilt unser Dank den über 2.500 Fachkräften, die in diesem Bereich unter oft erschwerten Bedingungen eine wichtige Arbeit machen.

Unser Dank gilt auch den Kommunen und den Landkreisen – mittlerweile sind es fast alle -, die sich an der Finanzierung dieser Angebote beteiligen – und das Jahr für Jahr in immer größerem Umfang.

Unser Dank gilt aber leider nicht der Landesregierung, die ihr Engagement in Sachen Schulsozialarbeit immer mehr vernachlässigt. Die Landesregierung hat nicht nur die Verhandlungen der gemeinsamen Finanzkommission scheitern lassen und will zum wiederholten Mal einen Haushalt ohne Vereinbarung mit dem Kommunen vereinbaren.

Nein, die Landesregierung – und allen voran der zuständige Minister Lucha – reagiert auch nicht auf die Forderung der Kommunen nach einer angemessenen Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit.

Im Mai haben Sie, Herr Sozialminister, die Kommunalen Landesverbände zu einem Spitzengespräch zur künftigen Schulsozialarbeitsförderung eingeladen. Noch in der Antwort auf unseren Antrag zur Schulsozialarbeit haben sie im Mai dieses Jahres geschrieben, dass die aktuellen Regelungen im Rahmen einer Arbeitsgruppe den Veränderungen angepasst und entsprechend weiterentwickelt werden. Ich frage Sie, Herr Minister Lucha: wo, wann und mit wem?

Die kommunale Seite hatte jedenfalls im Mai die berechtigte Annahme, aus dem Ministergespräch heraus, mit dem Sozialministerium bald zu einer Lösung bzw. einer Verständigung zu kommen. Vorschläge hatte der Herr Minister wohl seinerzeit auch angekündigt. Aber ist ihnen dann die Finanzministerin dazwischen gegrätscht?

Seither ruht der See auf bilateraler Ebene. Den Kommunen liegt bis heute noch kein Entwurf zur künftigen Fördervorschrift des Sozialministeriums vor.

Die jetzige läuft am 31.12.2019 aus. Eine Anhörung zur Folgevorschrift wäre also mittlerweile sehr dringlich mit Blick auf die Anhörungszeit und dem Inkrafttreten einer neuen Vorschrift vor dem 01.01.2020. Der Sozialminister will aber wohl keine Gespräche mit den KLVen oder eine Anhörung zur weiteren Verwaltungsvorschrift und Förderrichtlinie.

Warum? Weil er nichts zu bieten hat und mit leeren Händen und heruntergelassenen Hosen dasteht. Was ist die Folge?

Die Kommunen haben einstweilen weder Rechtssicherheit noch Finanzierungssicherheit bei der Schulsozialarbeit. Und das, wo gerade vielerorts die kommunalen Haushalte beraten und verabschiedet werden.

Wir sagen: 16.700 Euro pro Vollkraftstelle entspricht bei weitem nicht mehr der von grün-rot im Jahr 2012 vereinbarten Drittelfinanzierung. Seit 2012 gab es keine Anpassung!

Die derzeitigen durchschnittlichen Kosten einer VK-Stelle belaufen sich auf 66.000 Euro – und ein Drittel davon sind 22.000 Euro!

Bei den Beratungen der Drucksache 6198 im Sozialausschuss haben die Regierungsfraktionen leider unseren Antrag, der das Land auffordert an der Drittelfinanzierung festzuhalten, abgelehnt.

Liebe grüne und schwarze Kolleginnen und Kollegen:

  • Sie lassen damit die Kommunen und Landkreise im Regen stehen.
  • Sie gefährden die Schulsozialarbeit im Bestand und blockieren den weiteren Ausbau.
  • Sie verweigern Schülerinnen und Schülern eine angemessene soziale Begleitung und damit gerechte Bildungschancen.

Insofern: Schmücken sie sich nicht nur mit der Schulsozialarbeit; das sind fremde Federn aus der Zeit sozialdemokratischer Sozial- und Bildungspolitik.

Wir fordern sie auf: tun sie was dafür, dass dieser wichtige Baustein einer guten Schule auch in eine Zukunft hat.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Rainer Hinderer
Vorsitzender des Sozialausschusses im Landtag

Klose Fraktion
Roland Klose
Berater für Sozial- und Gesundheitspolitik