MdL Günter Fischer: „Jetzt haben wir es Schwarz auf Weiß: Die Postenreform führt zu dramatischen Einschnitten bei der Polizei“

Frechheit: Innenminister vertuscht Ausbildungszahlen

Als „Offenbarungseid für die Innere Sicherheit“ hat der Polizeisprecher der SPD-Landtagsfraktion, Günter Fischer, die Antwort der Landesregierung auf den SPD-Antrag zur Personalentwicklung der Polizei in Baden-Württemberg bezeichnet. Obwohl die Regierung durch eine unverschämte Informationsverweigerung zu wichtigen Aspekten der Personalstruktur versuche, das ganze Ausmaß des Personalabbaus zu vertuschen, sprächen schon die offiziell bestätigten Zahlen eine klare Sprache. Demnach wird der Personalbestand der Polizei allein in den nächsten fünf Jahren um rund 4.000 Stellen reduziert. Die von der SPD seit langem geäußerten, von der Regierung bisher aber bestrittenen Befürchtungen über einen dramatischen Stellenabbau bei der Polizei seien nun nicht mehr zu leugnen, so Fischer.

Dabei diene auch die sog. Postenreform als verkapptes Stellenabbauprogramm. Auf die klare Frage der SPD, „ob und für welchen Zeitraum die Landesregierung ihrer Aussage, die im Polizeivollzugsdienst derzeit bei den Polizeiposten vorhandenen 2.340 Personalstellen in vollem Umfang zu erhalten, Verbindlichkeit zusichert“, antwortete die Regierung nur ausweichend mit dem vielsagenden Hinweis, diese Stellen „im Rahmen des Möglichen“ erhalten zu wollen. Diese Antwort, so Fischer, stehe in krassem Widerspruch zu den bisherigen Verlautbarungen der Regierung, die Reform der Polizeiposten nicht mit dem Ziel einer Stellenreduzierung durchzuführen.

Fischer: „Jetzt haben wir es Schwarz auf Weiß: Die Postenreform führt zu dramatischen Einschnitten bei der Polizei. Dieser Postenreform, die in erster Linie dazu dienen soll, Stellen einzusparen und damit nicht mehr, sondern weniger Sicherheit bringt, wird die SPD unter keinen Umständen zustimmen.“

Der SPD-Polizeiexperte forderte Innenminister Schäuble auf, die Pläne für die Postenreform sofort zu stoppen. Eine Reform der Postenstruktur sei nur zu verantworten, wenn sie ausschließlich unter sicherheitspolitischen, nicht aber unter haushaltspolitischen Gesichtspunkten zur Einsparung von Stellen erfolge, wie dies derzeit der Fall sei.

Das Stellenabbauprogramm der Landesregierung sieht nach deren eigenen Angaben unter anderem vor, bis zum Jahr 2009 insgesamt 1.667,5 Stellen bei der Polizei zu streichen. Dazu kommen noch Stellenstreichungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Modernisierung der polizeilichen Informations- und Kommunikationstechnik, die das Innenministerium der Höhe nach aber nicht beziffern wollte.

Die Altersstruktur der Polizei führt darüber hinaus allein bis 2009 zu 2.087 Pensionierungen, wobei der Anteil der vorzeitig aus dem Dienst scheidenden Beamten noch gar nicht eingerechnet ist. Bis zum Jahr 2012 erhöht sich die Zahl der pensionshalber ausscheidenden Polizeibeamten (ohne vorzeitige Pensionierungen) sogar auf 3.608.

Fischer: „Allein in den kommenden fünf Jahren bis 2009 wird der Personalbestand der Polizei in Baden-Württemberg durch Stellenabbau, Postenreform und Pensionierungen um rund 4.000 Stellen verringert.“

Dass dies von Innenminister Schäuble tatsächlich so geplant ist, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Ausbildung von Polizeinachwuchskräften. Aus den offiziellen Zahlen lässt sich ein dramatischer Rückgang der Ausbildungszahlen ablesen. So werden im März dieses Jahres nur noch 80 Polizeimeisteranwärter/-innen eingestellt. Wie viele es im September sein werden, verschweigt das Ministerium. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 610 Polizeinachwuchskräfte (ohne Kommissaranwärter) eingestellt, im Jahr davor waren es 742.

Als „Frechheit“ bezeichnet Günter Fischer in diesem Zusammenhang die Weigerung des Innenministers, die Ausbildungszahlen für das Jahr 2004 insgesamt und für die kommenden Jahre offen zu legen. „Eine gesicherte Prognose der weitergehenden Einstellungszahlen bis 2012, die den Personalersatzbedarf bis einschließlich Frühjahr 2015 umfassen, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich“, behauptet Schäuble in seiner Antwort auf den SPD-Antrag.

Fischer: „Jeder weiß, dass es im Innenministerium natürlich genaue Zahlen darüber gibt, in welchem Umfang in den kommenden Jahren ausgebildet werden soll. Ganz offenkundig versucht der Innenminister, durch das Vertuschen dieser Zahlen das wahre Ausmaß der katastrophalen Personalentwicklung bei der Polizei zu verschleiern.“

Die SPD-Landtagsfraktion werde sich diese Unverfrorenheit allerdings nicht bieten lassen, so Fischer, und den Innenminister im Parlament zur Rede stellen und auffordern, die Zahlen vollständig offen zu legen, statt die Misere zu beschönigen.

Für die Innere Sicherheit im Land sieht die SPD-Fraktion vor dem Hintergrund massiver Stellenstreichungen und dem drastischen Abbau von Ausbildungsplätzen eine geradezu beängstigende Entwicklung. Schon sei absehbar, so Fischer, dass die Polizeidichte im Land immer schlechter werde. Sogar das Innenministerium musste in seiner Antwort auf den SPD-Antrag einräumen, dass sich das Betreuungsverhältnis allein seit dem Jahr 2002 von 1:431 (Polizeibeamte pro Einwohner) zu 1:435 verschlechtert hat.

Fischer: „Innere Sicherheit gibt es in Baden-Württemberg nur noch nach Kassenlage – dies ist die bittere Konsequenz aus der Antwort der Landesregierung. Für das Personal bei der Polizei bringt dies noch höheren Arbeitsdruck, obwohl dort die Arbeitskapazität u. a. wegen der Terrorgefahr ohnehin schon bis zum Äußersten angespannt ist. Und für die Bürgerinnen und Bürger wird sich die unverantwortliche Politik der Landesregierung in einem deutlich schlechteren Sicherheitsstandard niederschlagen. Dafür tragen der Ministerpräsident und der Innenminister die politische Verantwortung.“

Helmut Zorell
Pressesprecher