MdL Hans Georg Junginger: „Weil der Innenminister geschlafen hat, müssen die Kommunen bei den Kommunalwahlen einen unsinnigen finanziellen und personellen Mehraufwand betreiben“

SPD bringt eigenen Gesetzentwurf ein

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Hans Georg Junginger, hat dem Innenminister im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen am 13. Juni 2004 eine „Riesenschlamperei“ zu Lasten der Kommunen vorgeworfen. Das Ministerium habe genügend Zeit gehabt, um das baden-württembergische Kommunalwahlgesetz an das Europawahlrecht anzugleichen mit dem Ziel, für beide Wahlen nur ein einziges gemeinsames Wählerverzeichnis zu führen. Diesen simplen gesetzestechnischen Akt habe der Innenminister aber bis heute nicht auf die Reihe gebracht, mit schwer wiegenden Konsequenzen. Nun müssten die Kommunen für Europa- und Kommunalwahlen getrennte Wählerverzeichnisse führen und damit einen „kropfunnötigen“ personellen und technischen Mehraufwand mit hohen zusätzlichen Kosten betreiben, kritisiert Junginger.

Landesweit summieren sich diese durch die Landesregierung verursachten Mehrkosten für die Wahlen nach Berechnungen der SPD auf weit über 2 Mio. Euro.
Damit der Landtag die folgenschwere Unfähigkeit der Landesregierung in letzter Minute doch noch korrigieren kann, hat die SPD jetzt einen eigenen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht und erwartet, dass die Regierungsfraktionen dem auch zustimmen. „Wenn sich der Oberaufseher für die Verwaltungsreform, der Innenminister, bis auf die Knochen blamiert, dann sollten wenigstens CDU und FDP im Landtag diesem Trauerspiel ein Ende setzen und verhindern, dass den finanziell ohnehin klammen Kommunen ohne Not zusätzliche Kosten aufgehalst werden“, so Junginger.

Würde der derzeitige völlig unbefriedigende Rechtszustand beibehalten, müssten die Kommunen an alle Wahlberechtigten zur Kommunal- und Europawahl am 13. Juni 2004 zwei statt einer Wahlkarte versenden, mit entsprechend hohen Druck- und Portokosten. Und im Wahllokal selber würden deutlich mehr Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benötigt, weil die Wählerverzeichnisse für die Kommunal- und Europawahl aufgrund der unterschiedlichen Rechtssituation von unterschiedlichen Personen betreut werden müssten.

Nach den Angaben des SPD-Innenpolitikers Junginger wurde im Oktober 2000 im Bundeswahlgesetz – auch mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP – die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses ersetzt durch ein Recht auf Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis unter bestimmten Voraussetzungen. Die Bestimmungen gelten entsprechend auch für die Europawahl. Das Kommunalwahlgesetz in Baden-Württemberg dagegen sieht unverändert vor, das Wählerverzeichnis öffentlich auszulegen.

Mit ihrem Gesetzentwurf will die SPD-Landtagsfraktion vor diesem Hintergrund nicht nur die Kommunen vor unnötigen Zusatzkosten bewahren. Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen hält die SPD eine Änderung des Kommunalwahlgesetzes für unabdingbar. Mit der bisher praktizierten öffentlichen Auslegung des Wählerverzeichnisses erhielten alle Wahlberechtigten uneingeschränkt Einblicke in persönliche Daten anderer Wahlberechtigter, die sie sonst nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen bekämen.

„Die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses ist zur Wahrung des Prinzips der Öffentlichkeit des Wahlverfahrens nicht erforderlich und unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten höchst unbefriedigend“, so Hans Georg Junginger.

Der SPD-Politiker appelliert an die Vernunft der Regierungsfraktionen von CDU und FDP, den Gesetzentwurf seiner Fraktion mit zu tragen und ihn schnellstmöglich im Landtag zu verabschieden, damit die Novellierung noch rechtzeitig zu den Wahlen im Juni 2004 umgesetzt werden kann. Der bayerische Landtag habe sein Landtagswahlrecht schon im Jahr 2002 dem Bundeswahlrecht angepasst.

Für Junginger wirft die Schlamperei der Landesregierung beim Kommunalwahlrecht auch ein bezeichnendes Licht auf die Umsetzung der von der Regierung geplanten Verwaltungsreform und auf die Ernsthaftigkeit von Teufels selbst propagiertem Steckenpferd, den Bürokratieabbau. Wenn die Landesregierung schon mit einer schlichten technischen Änderung des Kommunalwahlgesetzes heillos überfordert sei, wie soll das dann erst bei Teufels Verwaltungsreform werden?

Hans Georg Junginger: „Statt sich im Rahmen des Bürokratieabbaus selber Briefe zu schreiben, sollte sich der Ministerpräsident lieber darum kümmern, wie man die Kommunen von unnötiger Überregulierung befreien kann.“

Auch könne niemand Teufels Versprechen einer hohen Effizienzrendite bei der Verwaltungsreform auch nur halbwegs ernst nehmen, solange diese Regierung es nicht schaffe, einfachste gesetzliche Änderungen zur Entlastung der Kommunen bei den Wahlen auf die Reihe zu bringen.

Helmut Zorell
Pressesprecher