MdL Hans-Martin Haller: „Sie können alles, außer Heimatkunde und – natürlich – Hochdeutsch“

Haller nimmt mangelnde Heimatkundekenntnisse der Landesregierung aufs Korn

Offener Brief an Ministerpräsident Teufel

In einem offenen Brief an Ministerpräsident Erwin Teufel hat der SPD-Abgeordnete Hans-Martin Haller die mangelhaften Heimatkundekenntnisse des Staatsministeriums aufs Korn genommen. Diesen „Spottbrief“ möchte ich Ihnen nicht vorenthalten und gebe ihn Ihnen im Wortlaut zur Kenntnis:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

mit einem offenen Brief möchte ich mich an Sie wenden. Herzlichen Dank für die Zusendung des Veranstaltungskalenders zum Landesjubiläum 2002.

Mit erwartungsvoller Vorfreude habe ich den Veranstaltungskalender „Feiern Sie doch, wo Sie wollen“ zum 50-jährigen Bestehen des Landes (Landesjubiläum) in die Hand genommen mit dem Ziel, möglichst viele Veranstaltungen in meinem Wahlkreis terminlich zu reservieren und zu besuchen.

Doch der großen Erwartung folgte eine noch größere Enttäuschung. Die Stadt Albstadt war mit keiner einzigen Veranstaltung vertreten. Eine eigentlich unvorstellbare Dimension, sehen doch die Stadtoberen einen wichtigen Daseinszweck in Öffentlichkeitsarbeit und Selbstdarstellung – der Stadt. Mit der Gewissheit, dass nicht sein kann was nicht sein darf, wurde ich schließlich fündig. Meine Einschätzung hatte nicht getrogen, natürlich bietet Albstadt im Rahmen des Landesjubiläums ein fulminantes Miniprogramm. Doch leider, leider, Albstadt wurde seiner Lage in der Region Neckar-Alb beraubt. Albstadt liegt nach den Plänen des Staatsministeriums nunmehr in der Region Stuttgart.

Nicht, dass wir die Landeshauptstadt und Region Stuttgart nicht zu würdigen wüssten, im Gegenteil, unsere Wertschätzung zu Stuttgart treibt uns, nicht erlahmend und mit sisyphusartiger Beharrlichkeit, den Ausbau der Verkehrswege in die gelobte Neckarregion zu betreiben. Und nun das, über Nacht, erhört von den Granden des Landes. Stuttgart vor Albstadts Haustüre, mit einem Schlag sind alle Standortnachteile behoben, dank der Regierungszentrale höchstpersönlich.

Die Pisastudie lässt grüßen. „Die Schüler wissen nicht zu wenig, sondern sie verstehen es nicht und können es nicht anwenden“, so unsere hochwohllöbliche Kultusministerin laut Stuttgarter Zeitung. Da muss aber das Staatsministerium noch viel Mühen aufwenden, um einem solch vernichtenden Urteil bezüglich seiner geographischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entgehen. Die Gefahr, dass der Landeswerbespot umtransferiert wird in das Motto „Sie können alles außer Heimatkunde und – natürlich – Hochdeutsch“ ist nicht von der Hand zu weisen. Zu Recht hat schon vor über einem Jahrzehnt Gerhard Mayer-Vorfelder selig darauf hingewiesen, dass bodenständige Heimatkunde über unser Ländle, deren Kenntnis und Anwendung, für einen schwäbischen Schüler mindestens so wichtig sei wie Kenntnisse über den Reisanbau in Hinterindien.

Einzelfall mit Hintersinn, könnte eine erste Entschuldigung sein, doch potz Blitz, die teuflischen Ungereimtheiten, des Stamis heimatkundliche-geographische Willkür, setzt sich fort. Verlegt es doch tatsächlich das Schwarzwald-Musikfestival mit dem sinnbildlichen Titel „Lob der Schöpfung“ ins – erst noch zu erbauende – Kurhaus der Stadt Schömberg im Zollernalbkreis. Den Bürgermeister Waizenegger, das alte Schlitzohr, wird es freuen, werden doch so seine Bemühungen um Ankurbelung des Tourismus im oberen Schlichemtal endlich angemessen durch die Landesregierung gewürdigt und gefördert – rechtzeitig zur Fasnet in der Narrenhochburg Schömberg. Die Stadt Schömberg im Zollernalbkreis hat es wahrlich verdient, dass sie die Lorbeeren einheimst für die Mühen, welche die Gemeinde Schömberg im Nordschwarzwald für das Landesjubiläum auf sich genommen hat.

Nichts für ungut, Respekt für die Leistung, den Veranstaltungskalender gerade noch rechtzeitig zum Beginn des Jubeljahres, mit ausreichend Stoff für die Faschingszeit, herausgebracht zu haben.“

gez. Helmut Zorell

Fraktionssprecher