MdL Rainer Stickelberger: „Aus unserer Sicht gibt es keinen nachvollziehbaren rechtlichen Grund, der Fraktion die Klagebefugnis zu verweigern“

Verwunderung über späte Reaktion des Staatsgerichtshofs

Mit einiger Verwunderung hat die SPD-Landtagsfraktion die späten Hinweise des Staatsgerichtshofs zu ihrer Organklage aufgenommen. In dem Organstreitverfahren wollen die Fraktion und 37 Abgeordnete als Antragsteller erreichen, dass die von der Landtagsmehrheit verhinderte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum badischen Kulturgüterstreit als verfassungswidrig gerügt wird. In seinen Hinweisen zu diesem Verfahren hat nun der Staatsgerichtshof kurz vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, es bestünden Zweifel, ob die 37 Abgeordneten einen solchen Antrag beim Staatsgerichtshof einreichen können und auch der Fraktion als Ganzes stünde wohl keine Antragsbefugnis zu.

Aus rechtlicher Sicht widerspricht der Anwalt der SPD-Fraktion vor dem Staatsgerichtshof, Prof. Dr. Christian Kirchberg, dieser Bewertung entschieden. Er und die Juristen in der SPD-Fraktion zeigen sich zudem höchst erstaunt über den Zeitpunkt der Hinweise des Staatsgerichtshofs.

Der Justitiar der SPD-Landtagsfraktion, Rainer Stickelberger, stellt fest, dass der Antrag der SPD seit mehr als fünf Monaten beim Staatsgerichtshof liegt. Erst zwei Wochen vor der für den 26.7.2007 anberaumten mündlichen Verhandlung erstmals Zweifel an der Antragsbefugnis sowohl der Fraktion wie auch der 37 Abgeordneten und damit an der Zulässigkeit der Klage insgesamt zu äußern, sei angesichts dieser Zeitabläufe „doch sehr ungewöhnlich“.

Mit dieser späten Terminierung seiner Hinweise habe der Staatsgerichtshof im Übrigen der Fraktion im schlimmsten Fall auch die Möglichkeit genommen, mögliche formale Fehler innerhalb der erforderlichen Frist zu „heilen“, falls sich denn das Gericht als Ganzes die Bewertung der formalen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu Eigen machen sollte. Eine – mit Blick auf diese Zulassungsbedenken – formal veränderte Organklage könnte nur innerhalb von sechs Monaten nach Ablehnung des Untersuchungsausschusses durch die Landtagsmehrheit (14. Dezember 2006) beim Staatsgerichtshof eingereicht werden. Diese Frist ist inzwischen längst verstrichen.

Rechtliche Antwort von Prof. Kirchberg an den Staatsgerichtshof
In seiner Antwort an den Staatsgerichtshof weist Prof. Kirchberg die Bedenken wegen der angeblich fehlenden Antragsbefugnis zurück. Nach seiner Darstellung sind sowohl die 37 Abgeordneten antragsbefugt, die den Antrag an den Staatsgerichtshof unterschrieben haben, wie erst recht die Fraktion als Ganzes.

Prof. Kirchberg weist u.a. darauf hin, dass die Antragsbefugnis der Fraktion ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes entspricht, der in Fällen der vorliegenden Art die Antragsberechtigung sowohl der Fraktionen als auch der konkreten Einsetzungsminderheit bisher stets bejaht habe.

Die SPD-Fraktion als solche könne zudem nach Ablehnung des Einsetzungsantrags selbständig im Organstreitverfahren auftreten und eine Verletzung nicht nur ihrer parlamentarischen (Minderheiten-)Rechte, sondern – quasi in Prozessstandschaft – eine Verletzung der (Untersuchungs-)Rechte des Parlaments insgesamt gegenüber der Regierung geltend machen. Dies gelte unabhängig davon, ob sämtliche Mitglieder der Fraktion, die den Einsetzungsantrag unterschrieben haben (die sog. konkrete Einsetzungsminderheit), daneben als Antragsteller auftreten. Dies allein schon deshalb, so Prof. Kirchberg, weil der Organstreitantrag auch dann zulässig gewesen wäre, wenn die Fraktion allein als Antragstellerin aufgetreten wäre.

Helmut Zorell
Pressesprecher