Wir leben in einer Zeit der Veränderungen. Verwaltungsreform, Justizreform, Gesundheitsreform, Arbeitsmarktreform – diese und viele andere Reformmaßnahmen sind aktuell auf den Weg gebracht, weitere stehen an. Wie Sie sicher auch festgestellt haben, gibt es nahezu keinen Lebensbereich, der nicht zur Disposition steht. Der Vollzug einer Reform läutet regelmäßig keine Ruhephase, sondern eine Reform dieser Reform ein, oder veranlasst manchen gar dazu, eine Gegenreformation auszurufen; siehe Rechtschreibreform.

Die Ursache dieser permanenten Unruhe wird oft alleine in unserer globalisierten Welt mit ihren besonderen Herausforderungen gesehen. Aber den Sinnspruch „Das einzig Beständige ist der Wandel“ gab es schon vor unserer Zeit. Und die Erkenntnis des "panta rhei" (Alles fließt), wonach das Sein als ewiges Werden zu verstehen ist, wird Heraklit zugeschrieben. Der lebte vor etwa 2.500 Jahren.

Möglich, dass der Lebensstrom heute noch reißender fließt als zu Heraklits Zeit. Wandel und Erneuerung sind jedenfalls immer schon lebensnotwendig gewesen und daher positiv. Schon immer gilt aber auch: Jede Veränderung ruft Ängste und Verunsicherung hervor. Die Politik muss beides ernst nehmen und gemeinsam mit den Menschen den Weg in die Zukunft gehen. In diesem besten Sinne verstehe ich die heutige Veranstaltung als Angebot zum Dialog und zur Zusammenarbeit an alle im Schulwesen Tätigen, vor allem aber natürlich an die Damen und Herren in den Schulsekretariaten. Ich danke der SPD-Landtagsfraktion für die Einbeziehung des Städtetages als Vertreter kommunaler Schulträger und damit jener, welche in der Regel die Arbeitgeber der Verwaltungskräfte öffentlicher Schulen sind.

Veränderung und Wandel als permanente Vorgänge. Dies ist für die Schulen seit jeher ein Fakt, denn in ihren Mauern kulminieren gesellschaftliche Entwicklungen. Ich nenne nur beispielhaft einige aktuelle Neuerungen:

• Die Bildungsplanreform mit ihren vielen Facetten,
• der Ausbau schulischer Ganztagesangebote mit seinen großen Herausforderungen,
• die komplexe Integration neuer, zukunftsweisender Medien in den Unterricht und in die Schulverwaltung,
• die über Jahre hinweg zu vollziehende Umstellung auf achtjährige Gymnasien,
• die alle Schulebenen durchdringende Verwaltungsstrukturreform.

Jeder dieser Themenkomplexe ist für sich allein ein Großprojekt. Damit nicht genug, sieht sich die schulische Pädagogik auch Grundsatzdiskussionen in den einzelnen Schularten – z.B. um die Einführung sechsjähriger Grundschulen – und über alle Schularten hinweg zur etwaigen Einführung von Gesamtschulen ausgesetzt. Existenzielle Besorgnis rufen mancherorts ferner Rufe nach Auflösung bzw. Zusammenlegung von Schulen hervor – eine Tendenz, die vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen in den kommenden Jahren zunehmen dürfte.

Mitten in diesem Spannungsfeld und damit an der Schaltstelle agieren die Schulsekretariate. Das geschieht in den allermeisten Fällen in einer ebenso stillen wie effektiven Weise. Mehr noch: Wenn es gilt, die „Seele einer Schule“ zu verorten, fallen vielen Befragten vor allem zwei Personengruppen ein: Die Schulhausmeister und eben die Schulsekretärinnen.

Nicht ganz ohne stolz stelle ich als Vertreter eines Kommunalen Landesverbandes fest: In beiden Fällen handelt es sich um kommunales Schulpersonal. Es sind die menschlichen, persönlichen Qualitäten der Sekretärinnen und Hausmeister, welche viele Schülerinnen und Schüler schätzen und oft über die Schulzeit hinaus in guter Erinnerung behalten. Dafür, aber natürlich auch für Ihr vielfältiges verwaltungsfachliches Engagement und Ihr segensreiches Wirken für „Ihre“ Schule sagt Ihnen der Städtetag heute einfach ganz herzlich „Danke“!

Um von vornherein hier keine Missstimmung aufkommen zu lassen, sei an dieser Stelle ergänzend erwähnt: Es gibt natürlich auch viele engagierte und beliebte Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen, von den Rektorinnen und Rektoren ganz zu schweigen.

Wohin sich die Schulen und mit ihnen die Schulsekretariate in den kommenden Jahren bewegen werden, ist durch die aktuellen Entwicklungen vorgezeichnet. Die weitaus größere Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Schulpädagogik als Absicht und Folge der Bildungsplanreform fordert ein Korrelat in der Schulverwaltung.

Was die Beschaffung, Verwaltung und den Einsatz städtischen Eigentums an den Schulen betrifft, sind die Schulen schon seit jeher dank des Budgetierungsgebots in § 48 des Schulgesetzes anderen innerhalb der öffentlichen Verwaltung an Moderne voraus. Auch der schulische Gestaltungsspielraum ist hier bereits jetzt sehr weit reichend. Er erstreckt sich bis hin zur Gebäudeunterhaltung und eigenständigen Führung von Girokonten. Das bereits Mitte der 1990er Jahre eingeführte und seither weiter gediehene „Wirtschaftsmodell Schule“ der Stadt Mannheim war hierfür Beispiel gebend und richtungweisend.

Künftig werden Schulen noch stärker als eigenständige Bildungseinrichtungen wahrgenommen werden, die sich als solche in freundschaftlicher, aber dennoch bestimmter Konkurrenz zu anderen Schulen befinden. Die gewachsenen Freiheiten bei der pädagogischen Profilierung und der Ausbau außerunterrichtlicher schulischer Angebote eröffnen hierfür neuen inhaltlichen Spielraum. Äußerer Druck zur Profilierung entsteht durch die kontinuierlich wachsenden Erwartungen an den Schulbetrieb, massiv forciert durch inner- und interschulische Vergleiche à la PISA, und ein verstärktes Werben um den „Kunden Schüler“, weil dessen Gesamtzahl mittelfristig schrumpft.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Schulen müssen, können und sollen keine Wirtschaftsbetriebe werden, sich allerdings die Grundsätze wirtschaftlichen Handelns immer mehr zu eigen machen. Dafür muss zunächst ihr rechtlicher Handlungsspielraum auch auf der Ressourcenebene erweitert werden. Es ist beispielsweise ein Anachronismus, wenn die Schulen Unterrichtsinhalte und Unterrichtsschwerpunkte bis hin zum Schulprofil nun überwiegend selbst bestimmen können, andererseits aber eine 84 eng bedruckte Seiten umfassende Lernmittelverordnung nach wie vor dezidiert für jedes Fach jeder Klasse jeder Schulart festlegt, welche Schulbücher und sonstigen Lernmittel in welchem Umfang einzusetzen sind. Viele Städte sind zudem bereit, den wirtschaftlichen Handlungsspielraum der Schulen über die gegenwärtigen Budgetierungsregelungen hinaus zu erweitern, wenn sie im Gegenzug in die Festlegung der schulischen Bildungsschwerpunkte und die Schulevaluation einbezogen werden.

Beispielhaft nenne ich nun Handlungsfelder, bei denen es sich lohnt, die Aufgabenerledigung unter Einbeziehung der Schulen und damit auch der Schulsekretariate mit dem Ziel der Optimierung zu überprüfen:

• Bewirtschaftung des Schulhaushalts
• Einkaufs- und Auftragsmanagement inklusive Ausschreibungen, Angebotsvergleichen und Vergaben (Schulbuchbeschaffung und sonstige laufende Beschaffungsvorgänge, Gebäudeunterhaltung, Renovationen und Sanierungsmaßnahmen)
• Ressourcenverbrauchsmanagement (Lehrmittel, Lernmittel, Energie, Wasser, Abwasser, Abfall, Büromaterial u. a.)
• Geschäftsprozessoptimierung einschließlich der Automatisierung und Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen (z. B. bei Statistikpflichten)
• Gebäudemanagement, u.a. betreffend die außerschulische Verwendung von Schulräumen zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen
• Organisation schulischer Ganztagesangebote (außerunterrichtliche Betreuung, Mittagessen, Kooperationen mit Schulfördervereinen und externen Partnern)
• Vermittlung flankierender Unterstützungsleistungen für die Schülerinnen und Schüler (z.B. Schulsozialarbeit, Sprachfördermaßnahmen)
• Koordination von Fortbildungsmaßnahmen
• Kooperationen mit anderen Schulen im Verwaltungsbereich
• Kommunikation zwischen Schulen und Schulträger
• Öffentlichkeitsarbeit.

In diese Richtung zielen auch Überlegungen des Rechnungshofes Baden-Württemberg zur Einführung sogenannter „Schulassistenzen“, welche sowohl von der CDU-Landtagsfraktion als auch vom Kultusministerium aufgegriffen worden sind. Schulassistenzen sollten, so der Rechnungshof in seiner Denkschrift 2003, „einen Aufgabenbereich zwischen Schulleitung und Schulsekretariat übernehmen, den Schulleiter und Schulsekretärin von ihrer Qualifikation her nicht abdecken.“

Gemeint ist damit fachlich fundiertes betriebswirtschaftliches Handeln in den vom Geschäftsvolumen her oft an mittelständische Unternehmen heranreichenden Schulen. Dies könnte sich in der Tat sowohl landesseitig als auch bei den kommunalen Schulträgern positiv auswirken. Der näher bei der Schulpädagogik als bei der „Schulbetriebswirtschaft“ anzusiedelnde Schulleiter ist nämlich alleine schon zeitlich oft nicht in der Lage, die Optimierungspotenziale im wirtschaftlichen Bereich auszuschöpfen.

Ob sein betriebswirtschaftliches schulisches Alter Ego unbedingt ein Schulassistent und damit eine Person zwischen Schulleitung und Schulsekretariat sein muss, ist eine ganz andere Frage. Ich halte deren Beantwortung bewusst offen, denn entscheidend ist alleine ein erfolgreiches Arbeiten für die Schulen und Schulträger, nicht aber, wer diese Arbeiten erledigt.

Weil die Überlegungen des Rechnungshofes nur auf eine Entlastung der Schulleitungen zielten, kamen sie städtischerseits in den Ruch, das Land wolle sich hier mit stadtfinanziertem Personal in Gestalt von Schulassistenten wieder einmal lediglich auf Kosten der Kommunen von ureigenen Landesaufgaben befreien. Dies und die Misere des Landeshaushalts hat die vorgesehene Erprobung von Schulassistenzen in landesweit zehn Projekten an großen Schulen, die gemeinsam von Land und Kommunen finanziert werden sollten, bis auf Weiteres zum Erliegen gebracht. Mittel sind für diese auf drei Jahre angelegten Projekte derzeit nicht im Landeshaushalt etatisiert.

Daher arbeiten wir zumindest mittelfristig personell mit dem Status quo weiter. Inhaltlich bedarf die Schulverwaltung aber gleichwohl der skizzierten Weiterentwicklung. Gerade hierin liegt vielleicht eine besondere Chance der Schulsekretariate. In jedem Falle ist deren aktive Einbeziehung in alle Entwicklungsprozesse der schulischen Verwaltungen unabdingbar.

Gerne wirkt der Städtetag deshalb wiederum mit, wenn es gilt, zielgenaue Fortbildung für Verwaltungskräfte an Schulen anzubieten. Eine entsprechende gemeinsame Initiative des Städtetages mit dem Volkshochschulverband Baden-Württemberg und der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungskräfte an Schulen in Baden-Württemberg e. V. hat im Jahre 1999 gefruchtet. Als Partnerorganisationen kommen ferner die vier Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien im Land in Betracht. Auch darüber hinaus sichere ich der Arbeitsgemeinschaft und allen anderen Vertreterinnen und Vertretern der Schulsekretariate die Kooperationsbereitschaft des Städtetages bei allen zukunftsweisenden Vorhaben zu.

Statement von Norbert Brugger, Referatsleiter beim Städtetag Baden-Württemberg, auf dem Tag der Schulsekretariate der SPD-Landtagsfraktion am 16.10.2004 in Stuttgart