MdL Ulrich Maurer: „Die Landesregierung hat jetzt erstmals eingeräumt, dass baden-württembergische Beamte Thüringer Behörden von Ermittlungen gegen FlowTex abgehalten haben“

Entgegen allen Dementis der Landesregierung zeigen sich für die SPD-Landtagsfraktion im FlowTex-Skandal nun doch mehr und mehr „schützende Hände“. Anlass dafür ist für den SPD-Abgeordneten Ulrich Maurer die jüngste Antwort der Landesregierung auf einen Antrag der SPD-Fraktion. Darin musste die Regierung entgegen ihrer bisherigen Darstellung jetzt erstmals einräumen, dass Beamte aus Baden-Württemberg – und zwar mit Erfolg – versucht haben, Behörden in Thüringen von Ermittlungen gegen FlowTex abzubringen. Bisher hatte die Landesregierung stets behauptet, für eine solche Einflussnahme gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Nun aber wurden die Zeugenaussagen thüringischer Beamter vor der Staatsanwaltschaft Mannheim am 22. November 2001 zitiert, die ein ganz anderes Bild vermitteln.

Beide Zeugen, Bedienstete der Steuerfahndung Erfurt, bestätigten bei ihrer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung mehr oder weniger unverblümt Versuche baden-württembergischer Beamter, die Ermittlungen gegen FlowTex durch thüringische Behörden zu bremsen.

So sagte einer der Zeugen nach Angaben der Landesregierung aus, dass in der Besrpechung am 10. Mai 1996 die Steuerfahndung in Erfurt eine Durchsuchung bei FlowTex weiterhin für notwendig gehalten habe, die Betriebsprüfung in Karlsruhe dagegen der Auffassung gewesen sei, dass es besser sei, „damit nur zu drohen“. Die Front aus Karlsruhe, so der Zeuge aus Thüringen weiter, sei geschlossen gegen Durchsuchungsmaßnahmen gewesen. Er habe auch schon in vorhergehenden Besprechungen den Eindruck gehabt, dass die Steuerfahndung in Karlsruhe sie für „übereifrig“ hielten. Und dann weiter (wörtliche Wiedergabe der Antwort der Landesregierung) Die Steuerfahndung in Karlsruhe habe geäußert, Schmider und Dr. Kleiser seien kommunale Größen. Es hingen auch der Baden-Airport und einige Politiker in dieser Sache. Man solle daher erst den Weg der Betriebsprüfung abwarten.

Zu der späteren Durchsuchungsaktion der Steuerfahndung Erfurt sagte derselbe Zeuge vor der Staatsanwaltschaft in Mannheim aus, dass sie ohne Mithilfe der badischen Kollegen durchgeführt worden sei, da man von der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach enttäuscht war.

Maurer: „Diese Zeugenaussagen stehen in klarem Widerspruch zu früheren Aussagen der Landesregierung über eine mögliche Einflußnahme aus Baden-Württemberg auf die thüringischen Behörden. Sie belegen, dass aus Baden-Württemberg die thüringischen Ermittlungen tatsächlich mit Erfolg unterbunden worden sind. Hier stellt sich ganz deutlich die Frage nach den ’schützenden Händen'“.

Die von der SPD-Fraktion in ihrem Antrag geforderte Befragung der Beamten, die seinerzeit an den Gesprächen mit thüringischen Behörden beteiligt waren, wurde von der Landesregierung – bisher jedenfalls – nicht vorgenommen. Zur Begründung verweist die Landesregierung darauf, dass alle diese Bediensteten erklärt hätten, dass sie „angesichts der teilweise gegen sie selbst bzw. weitere namentlich nicht benannte Finanzbeamte laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht bereit seien, die gewünschten Erklärungen abzugeben“. Möglicherweise seien sie jedoch nach einer anwaltlichen Beratung hierzu bereit. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe werde deshalb, so teilt die Landesregierung mit, – nach Ablauf einer angemessenen Frist“ erneut nachfragen.

Nach den Worten von Ulrich Maurer zeigt diese Darstellung, dass die Landesregierung ganz offenkundig versucht, im FlowTex-Skandal Zeit zu gewinnen. Dass die Beamten angeblich nicht bereit sind, dienstliche Erklärungen über die Gespräche mit Thüringer Behörden abzugeben, sei an sich schon sehr bezeichnend, so Maurer. Höchst merkwürdig sei aber, dass die Landesregierung offenkundig wohlwollend hinnimmt, dass Bedienstete die Aussage auch damit verweigerten, dass gegen Kollegen ermittelt werde.

Maurer: „Ein solches Aussageverweigerungsrecht ist nun in der Tat etwas ganz Neues und man muss sich die Frage stellen, warum das Finanzministerium so etwas hinnimmt.“

Die SPD-Fraktion werde auch dazu noch entsprechende Fragen an die Landesregierung richten und dabei auch verlangen, dass die Befragung der Beamten so rasch wie möglich nachgeholt wird. Maurer: „Die unverbindliche Mitteilung der Regierung, man werde nach einer ‘angemessenen Frist‘ bei den Beamten noch einmal nachfragen, ist völlig inakzeptabel. Die Landesregierung soll hier Druck machen, wenn sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, dass sie selber gar kein Interesse an einer solchen Befragung hat.“

gez. Helmut Zorell

Fraktionssprecher