MdL Rainer Stickelberger: „Obwohl beide Fälle gleich gelagert sind, hat die Landesregierung im Fall Werwigk-Hertneck seiner¬zeit eine Ausnahmeregelung für zwingend erforderlich gehalten, bei Goll nun plötzlich aber nicht“

SPD verlangt Aufklärung über Golls Partnerschaft in einer Heidelberger Anwaltskanzlei

Bei der Beurteilung der ruhenden Tätigkeit von Justizminister Goll in einer Heidelberger Anwaltskanzlei hat sich die Landesregierung nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion in Widersprüche verstrickt. In seiner Antwort auf einen SPD-Antrag behauptet das Justizministerium, eine Ausnahmegenehmigung nach Artikel 53 der Landesverfassung für diese ruhende Tätigkeit sei nicht erforderlich. Noch vor zwei Jahren dagegen hatte die Landesregierung bei gleicher Sachlage im Fall der damaligen Justizministerin Werwigk-Hertneck eine solche Ausnahmegenehmigung durch den Landtag für zwingend erforderlich erachtet.

Artikel 53 Absatz 2 der Landesverfassung lautet: „Die hauptamtlichen Mitglieder der Regierung dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben. Kein Mitglied der Regierung darf der Leitung oder dem Aufsichtsorgan eines auf wirtschaftliche Betätigung gerichteten Unternehmens angehören. Ausnahmen kann der Landtag zulassen.“

Nach Darstellung des Justizministeriums handelt es sich bei der Mitgliedschaft von Justizminister Goll in einer Heidelberger Anwaltskanzlei um eine „rein formale Mitgliedschaft“, da der Justizminister nicht mehr anwaltlich tätig sei, von der Geschäftsführung der Kanzlei ausgeschlossen sei und von seinem „formal noch bestehendem Recht, bei Beschlüssen der Partner mit zu stimmen“, keinen Gebrauch mache. Auch nehme Goll an Gesellschaftersitzungen der Kanzlei „regelmäßig nicht teil“. Aus diesem Grund, so das Justizministerium abschließend auf den SPD-Antrag, sei es nicht erforderlich, für die ruhende Tätigkeit in der Heidelberger Kanzlei beim Landtag eine Ausnahmegenehmigung einzuholen (Landtagsdrucksache 13/3962).

In der Landtagsdrucksache 13/1610 vom Januar 2003 dagegen hatte die Landesregierung im Fall der damaligen Justizministerin Werwigk-Hertneck dargelegt, dass für sie wegen ihrer ruhenden Tätigkeit in einer Kanzlei eine Ausnahmegenehmigung zwingend erforderlich sei. Wie Goll hatte seine Vorgängerin seinerzeit geltend gemacht, dass sie Aufgaben der Geschäftsführung nicht selbst wahrnehme, auch nicht durch ein mögliches Weisungsrecht. Obwohl die damalige Justizministerin nicht in das operative Geschäft der Kanzlei eingreife, so die Landesregierung damals, sei eine Ausnahmegenehmigung dennoch erforderlich, da sie ja Gesellschafterin bleibe.

Der Rechtsexperte der SPD-Landtagsfraktion, Rainer Stickelberger, verlangt nun von der Landesregierung Aufklärung darüber, warum hier mit zweierlei Maß gemessen wird: „Die unterschiedliche Behandlung der Fälle Goll und Werwigk-Hertneck ist in der Sache nicht nachvollziehbar. Wir verlangen deshalb Aufklärung von der Landesregierung im Ständigen Ausschuss des Landtags.“

Möglicherweise, so Stickelberger, rührt der Widerspruch auch daher, dass sich Goll den „Freispruch in eigener Sache“ selbst erteilt hat. Denn der Antrag der SPD-Fraktion zur Rechtmäßigkeit von Golls Partnerschaft in einer Heidelberger Kanzlei wurde nicht vom zuständigen Staatsministerium beantwortet – und von diesem auch nicht mitgezeichnet -, sondern lediglich von Golls eigenen Beamten. Die SPD will deshalb wissen, ob die Landesregierung insgesamt die Rechtsauffassung des Justizministers teilt, wonach er für seine nach wie vor bestehende Partnerschaft in einer Anwaltskanzlei keine Ausnahmegenehmigung des Landtags benötigt.

Auf wenig Verständnis stößt bei der SPD-Fraktion zudem, dass der Name des amtierenden Justizministers weiterhin auf dem Briefbogen seiner Heidelberger Anwaltskanzlei geführt wird, wenngleich mit dem Zusatz „Zulassung ruht“. Die SPD rät dem Justizminister aus Gründen der politischen Hygiene, seinen Namen vom Briefbogen streichen zu lassen und auch auf der Homepage der Anwaltskanzlei den Hinweis auf Goll zu entfernen.

Stickelberger: „Hier gilt es, gerade auf dem sensiblen Feld der Justizpolitik, auch schon den Anschein von Interessenkollisionen zu meiden.“

Der SPD-Rechtsexperte nannte dabei als Beispiel einen Richter, der der Partnerkanzlei des Justizministers ein negatives Urteil übermitteln müsse. Wenn im Briefbogen dieser Kanzlei der Name seines obersten Dienstherrn und Ministers geführt werde, der ihn womöglich demnächst befördern solle, werde dies womöglich nicht ganz ohne Auswirkungen bleiben.

Der SPD-Rechtsexperte forderte die Landesregierung abschließend auf, die widersprüchliche Handhabung von Ausnahmegenehmigungen bei ruhender Anwaltstätigkeit von Justizministern schleunigst aufzuklären. Dies sei auch im Interesse des Justizministers, dem daran gelegen sein müsse, in eigener Sache nicht in den Geruch parteiischen Handelns zu kommen.

Helmut Zorell

Pressesprecher