Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

an diesem letzten Plenartag des Landtags von Baden-Württemberg in diesem Jahr setzen wir ein Thema auf die Tagesordnung, das von zentraler Bedeutung für die zukünftige Energieversorgung unseres Landes ist. Und genau deswegen ist der Landtag von Baden-Württemberg auch der richtige Ort, um über dieses Thema zu debattieren. Denn schon ein Blick in die Nachrichtenlage zeigt, dass sich bei der Frage eines möglichen Transnet-Verkaufs gerade allerhand tut.

Schon vor dieser Debatte hat uns da zumindest der Juniorpartner der Grün-schwarzen Koalition unwillkürlich Recht gegeben. Denn kaum hatten wir dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt, forderte die CDU ein, dass ein Geschäft mit den Anteilen der TransnetBW GmbH durch die Energie Baden-Württemberg AG nicht einfach so am Landtag vorbei stattfinden kann.

Diese Position der CDU-Fraktion, Kollege Hagel, halten wir für richtig und wir begrüßen sie auch ausdrücklich. Es geht uns nur noch nicht weit genug.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von der TransnetBW reden, dann reden wir von rund 3000 Kilometern Höchstspannungsnetz, dann reden wir vom Rückgrat der Energieübertragung im Südwesten.

Das ist schon heute unser wichtigster Eckpfeiler dafür, dass Strom von A nach B kommt. Und wir wissen alle, dass dieser Stromtransport mit der Energiewende, mit intelligenten, europaweiten Netzen, noch viel, viel wichtiger werden wird. Wesentlich kritischer kann Infrastruktur nicht sein!

Und damit kommen wir auch sofort zu einem Grundsatz, an dem man nicht einfach vorbeiregieren kann und auch nicht einfach vorbeiregieren darf: Nämlich der Grundsatz, dass kritische Infrastruktur in die öffentliche Hand gehört und in öffentlicher Hand bleiben muss!

Und um manchen gleich mal die Luft aus den Segeln zu nehmen. Wer verzweifelt genug gegoogelt hat, der wird in der Vergangenheit Verkäufe von öffentlichem Eigentum finden, hinter denen nicht nur die CDU stand, sondern auch mal die SPD. Aber genau deswegen sind wir doch schlauer geworden! Genau deswegen müssen wir doch, vor allem wegen der Erfahrungen in diesem Jahr, müssen wir doch gerade bei Fragen der Versorgungssicherheit mit Energie ganz besonders genau hinschauen. Und wer heute noch reflexhaft jede Privatisierung begrüßt, der ist in all diesen Jahren eben nicht schlauer geworden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Es ist richtig, dass der Landtag sich mit einem möglichen Verkauf von Transnet beschäftigen muss. Aus politischen Gründen und möglicherweise sogar aus Gründen der Landeshaushaltsordnung.

Für uns ist aber noch mehr klar: Wer immer auch nur auf die Idee kommt, ein so wichtiges, so zentrales Stück der Infrastruktur unseres Landes aus der Hand zu geben, der muss uns allen erst einmal nachweisen, dass das angeblich unbedingt sein muss. Wir wollen Fakten haben!

Und ohne diese Fakten geht schon mal überhaupt nichts. Und schieben Sie da nicht irgendwelche Kulissen mit dem operativen Geschäft der EnBW vor: Hier soll Landeseigentum verkauft werden. Und das in Milliardenhöhe! Wer bildet sich denn ein, das gehe ohne Parlament und Öffentlichkeit?

Wir wollen Rechenschaft darüber, wie hoch der Investitionsbedarf in die Stromautobahnen wäre. Ja, diese Investitionen sind dringend nötig und sie werden für eine Energiewende noch nötiger denn je. Aber wir wollen Rechenschaft darüber, warum diese Investitionen nicht auch durch eine Eigenkapitalerhöhung finanzierbar sind.

Wir wollen Rechenschaft, warum sich diese Investitionen für private Eigner auszahlen sollen, für das Land und die EnBW aber angeblich nicht. Und „Rechenschaft“ bedeutet nicht, dass sich hier jemand hinstellt und sagt: „Wir haben je bekanntlich gar kein Geld“. Wir brauchen keine plumpen Ausreden,  wir brauchen Zahlen. Und nur die wären ein Argument.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für uns von der SPD ist klar, dass eine so bedeutende Frage wie die Eigentumsverhältnisse der Transnet BW zwingend in den Landtag gehört. Und uns ist auch klar, dass jede Debatte über diese Eigentumsverhältnisse überhaupt nur infrage kommen kann, wenn alle Fakten klar und nachvollziehbar auf dem Tisch liegen.

Kritische Infrastruktur gehört in die öffentliche Hand, und wer das auch nur infrage stellen will, der muss beweisen, warum das angeblich nötig ist. Und für uns von der SPD ist auch klar, was auf gar keinen Fall infrage kommt.

Niemals darf man Anteile an dieser so elementar wichtigen Infrastruktur an privatwirtschaftliche Unternehmen verkaufen, die ihre eigene Agenda haben und durch die man sich letztlich auch erpressbar macht, insbesondere nicht an internationale Investmentgesellschaften oder Hedgefonds. Gerade die Interessen der Letztgenannten können gar nicht identisch sein mit den Interessen unseres Landes.

Und klar ist für uns auch, dass kein Verkauf von Anteilen an Unternehmen infrage kommt, an denen ein Nicht-EU-Staat beteiligt ist. Wir dürfen auch hier keine geostrategischen Abhängigkeiten entstehen lassen, die uns ebenfalls erpressbar machen.

Es gilt somit hier im Landtag eine klare Linie zu ziehen, wer als Erwerber eines solchen Anteils in Frage kommt und wer eben nicht. Und ebenfalls unter keinen Umständen zustimmen werden wir allen Plänen, bei denen Dritte Sperrminoritäten erhalten oder die Fähigkeit, Anteile weiter zu veräußern, ohne sie in diesem Fall wieder dem Land oder der EnBW anbieten zu müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir eine Namentliche Abstimmung fordern, dann möchte ich Ihnen dazu noch zwei Gedanken mitgeben:

„Gerade in Krisen- und Kriegszeiten ist es keine gute Idee, kritische Infrastruktur nicht mehr komplett in staatlicher Hand zu haben.“ Das sage nicht ich, das sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Und: „Da Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und kritische Infrastruktur darstellen, wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken“.

Das sagt nicht die SPD, das ist ein Auszug aus dem Grünen Programm zur Bundestagswahl. Wenn Sie ihre internen Leitungen noch nicht privatisiert haben, müsste das auch in Baden-Württemberg angekommen sein.

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.