MdL Martin Rivoir: „Die Privatisierungs-Drohung sollte von der Landesregierung als Verunsicherungsthema Nr. 1 endlich von der Tagesordnung genommen werden“

Pläne der Landesregierung zur Privatisierung der Universitätskliniken stoßen bei den Beteiligten auf massiven Widerstand. Auf einer Veranstaltung der SPD-Fraktion jedenfalls waren sich Klinikleitungen und Personalvertretungen in der Ablehnung dieser Pläne in einer zuvor kaum zu erwartenden Entschiedenheit einig. Mit der – als ergebnisoffene Prüfoption im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vereinbarten – Privatisierung der Hochschulmedizin drohe die Marginalisierung der Allgemeinmedizin zugunsten wirtschaftlich attraktiver Disziplinen, so der Tenor der Begründungen. Unter privat-ökonomischen Vorzeichen leide zudem der Versorgungsauftrag für die Bevölkerung und die Ausbildungsleistung für Studenten sowie Ärzte gerate ins Hintertreffen.

Selbst die privatisierten hessischen Universitätskliniken, die gern als Beweis für geglückte Privatisierungen herangezogen werden, wurden von den Vertretern der Klinika entzaubert: Im Urteil der Klinikleitungen und im Gegensatz zu den baden-württembergischen Uni-Kliniken gelten sie als langjährig vernachlässigte Einrichtungen, bei denen das Land Hessen durch die Privatisierung nur gewinnen könne – im Gegensatz zu Baden-Württemberg, wo es sich um moderne und hoch leistungsfähige Kliniken handele.

Martin Rivoir, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zieht daraus das Fazit: „Für die Privatisierung gibt es keinerlei sachliche Begründung. Sie sollte von der Landesregierung als Verunsicherungsthema Nr. 1 endlich von der Tagesordnung genommen werden.“

Bei der Veranstaltung der SPD-Landtagsfraktion mit den Klinikleitungen und den Personalvertretungen ging es neben der möglichen Privatisierung der Uni-Kliniken auch um die „Essentials für eine Reformagenda 2007“, auf die sich im November 2006 die Dekane, die Leitenden Ärztlichen Direktoren und die Kaufmännischen Direktoren der baden-württembergischen Universitätskliniken verständigt hatten.
Rüdiger Strehl, Kaufmännischer Direktor des Tübinger Klinikums und einer der Autoren der Agenda, erläuterte diese Essentials im Einzelnen:

  • Die Kliniken sollen die Zuständigkeiten für das wissenschaftliche Personal und alle Bauangelegenheiten erhalten.

  • Die Investitionsfinanzierung soll auf Monistik umgestellt werden, d. h. die Finanzierung soll aus einem Guss erfolgen

  • Die Leitungsstrukturen sollen flexibel gewählt werden können, außerdem soll es weit reichende Experimentierklauseln geben

  • Extern vorgegebene Kostenfaktoren, wie Tarif- oder Steuererhöhungen oder auch Energiepreiserhöhungen, sollten ausgeglichen werden
  • In der Diskussion über diese Grundsätze gab es nach Auffassung beider Seiten „eine nahezu 80-prozentige Übereinstimmung“ – Abweichungen prinzipieller Art blieben bei den Themen Mitbestimmung und Sicherung der Rechte der Beschäftigten bestehen.

    Helmut Zorell, Pressesprecher